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«Die Dynamik macht die Logistik interessant»

Philippe Honegger mag Entwicklungsarbeit, liebt Fragen und hält nicht allzu viel von reiner Theorie. Die Erkenntnisse aus seiner Weiterbildung zum Logistikleiter wendet er heute als Leiter einer Denner-Verteilzentrale an.

Seit über 20 Jahren arbeitet Philippe Honegger nun in der Logistik. Und zwar gerne. «In der Logistik gibt es schon mehr Licht- als Schattenseiten», meint er schmunzelnd. Er muss überlegen, um ein paar Schattenseiten aufzählen zu können. «Für mich sind das gewisse Gegebenheiten, die man nicht einfach ändern kann: Verkehrsaufkommen, Platzmangel, Zeitdruck.» Aber das gehöre eben dazu. Und wo Schatten ist, ist auch Licht. «Spass macht mir, neue Prozesse in einem lebendigen Umfeld zu kreieren. Denn diese Dynamik macht die Logistik interessant.»

Raum für Entwicklungen
Für genau diese Entwicklungsarbeit habe er Raum bei seinem jetzigen Arbeitgeber Denner. 2009 stieg er zunächst als Lagerleiter bei der Verteilzentrale Schmitten ein, bevor er im Oktober 2013 deren Leitung übernahm. Doch nicht nur die Übergabe beschäftigte ihn zu dieser Zeit. «Damals war ich gerade mitten im Prüfungsstress. » Eine taffe Periode für Philippe Honegger. «Ab dem Sommer 2013 habe ich mich gleichzeitig auf meine neue Aufgabe und Prüfungen vorbereitet. Der Druck war enorm hoch. Diese Doppelbelastung hat mich mehr ans Limit gebracht als erwartet», meint er nachdenklich. Die Familie habe in der Zeit etwas zurückstecken müssen. «Heute kann ich darüber lachen», meint er. «Aber damals hat mich das ganz und gar nicht zum Lachen gebracht», fügt er schmunzelnd hinzu.

«Wer in der Logistik Führungspositionen übernimmt, sollte die Aufgaben schon einmal selbst gemacht haben.»

An Dynamik fehlt es Philippe Honegger auch weiterhin nicht. «Nach dem Besitzerwechsel 2007 vollziehen wir immer noch einen Kulturwandel», erklärt er. «Ich schätze es, dass nun viel Wert auf einen kooperativen Führungsstil gelegt wird und die Mitarbeitenden einbezogen werden.» Er sei zu einer Zeit zu Denner gekommen, als alle Logistikstandorte evaluiert wurden. Mit seinem Chef und damaligen Leiter der Verteilzentrale habe er eine Standortanalyse durchgeführt und diverse Massnahmen umgesetzt, um Schmitten «fit für die Zukunft» zu machen. Mithilfe eines Palettendurchlaufregals wurden Kapazitätsengpässe behoben, das Pushback- Prinzip für grossvolumige Artikel, Pick-by-voice, ein neu aufgegleistes Flottenmanagement sowie Regalsanierung haben zur Optimierung der Verteilzentrale beigetragen.
Heute sei der Standort Schmitten nach wie vor etabliert. «Natürlich gilt es immer noch, verschiedene Herausforderungen zu bewältigen, aber der Standort hat auch noch Möglichkeiten und Potenziale, die es auszuschöpfen gilt.»

Wissen dank dem Sesamstrassen-Prinzip
Der Job als Leiter der Verteilzentrale war dann auch ausschlaggebend für die Weiterbildung. «Als klar war, dass diese Stelle ausgeschrieben wird, habe ich mich für die Weiterbildung zum Logistikleiter entschlossen.» Besonders geschätzt hat er im Lehrgang von GS1 Schweiz die Lerngruppe. «Zuvor war ich beim Lernen ein Einzelgänger, aber von der Lerngruppe habe ich sehr profitiert. Wir kamen alle aus verschiedenen Bereichen. So habe ich viele gute Inputs aus anderen Blickwinkeln erhalten.»

Die Vierergruppe habe sich alle zwei Wochen getroffen, doch die harte Arbeit habe sich gelohnt: drei von vier haben im ersten Versuch bestanden. Angesichts der überdurchschnittlich hohen Durchfallquote bei der Logistikleiterprüfung im Herbst 2013 ist das ein besonders guter Schnitt. «Nicht alle Lerngruppen waren so fleissig wie wir.» Philippe Honegger war einer derjenigen, die im ersten Versuch erfolgreich waren – Lerngruppe und Fragen sei Dank. «Wenn ich eine Weiterbildung mache, dann habe ich genau ein Ziel: Wissen», stellt er klar. «Und um das zu bekommen, stelle ich viele Fragen, bin kritisch und bringe vielleicht auch den einen oder anderen Dozenten kurz zum Nachdenken.» Nicht alle seiner Lehrgangskollegen hätten dies immer nachvollziehen können. «Die meisten waren deutlich jünger und hatten deshalb zu dem Zeitpunkt auch noch nicht so viel Erfahrung wie ich.» Manche jedoch hätten nie Fragen gestellt. Philippe Honeggers Gesicht nimmt einen Ausdruck von Verwunderung, fast schon Unverständnis an. «Ich sage immer: Es gibt nur ganz wenige dumme Fragen. Nur wenn man fragt, lernt man dazu.» Dieser Meinung sind also nicht nur die Texter des Titellieds der Sesamstrasse: «Wer nicht fragt, bleibt dumm.»

Für seine Arbeit habe ihm die Weiterbildung viel gebracht. «Jetzt habe ich gerade die Freigabe für die Umsetzung meiner Diplomarbeit bekommen.» Dort hat er einen Vorschlag für die Neuorganisation der Weinmessen von Denner ausgearbeitet. Für die Herbstmessen 2016 komme dieser zur Anwendung. «Die Weinmessen führt Denner seit der Übernahme von Pick & Pay 2005 durch. Jetzt war ein guter Zeitpunkt, die Prozesse zu analysieren.» Philippe Honegger schlägt in seiner Arbeit vor, mit Warenträgern zu arbeiten, die in der Verteilzentrale befüllt und so in die Filiale verschoben werden. «Von diesem Prozess profitieren sowohl wir in der Verteilzentrale als auch die Filialen. Die Filialen müssen die Waren nicht mehr platzieren und wir müssen nicht jede Weinmesse einzeln kommissionieren. Denn früher mussten wir alles, was von der Filiale retour kam, zurückbuchen und ins Lager stellen. Heute überprüfen wir, was fehlt, lösen das im Lager aus, füllen den Warenträger auf und schicken ihn in die Filiale zurück.» Insgesamt sollen so rund 30 Prozent Zeit eingespart werden.

«Es gibt nur wenige dumme Fragen. Nur wenn man fragt, lernt man dazu.»


Die Theorie ist nichts ohne Praxis
Zwar ist Philippe Honegger mittlerweile fest in der Logistik verwurzelt, gelernt hatte er zunächst aber etwas anderes: Er ist Maurer und arbeitete als solcher auch für die schweizerische Katastrophenhilfe im Ausland. Aber so ganz das Richtige war der Beruf nicht. «Der raue Umgangston auf der Baustelle hat mir nicht so gefallen.» Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: «In der Logistik ist er zwar manchmal auch etwas rau, aber das ist kein Vergleich zu den Baustellen.» Es folgte ein Jahr in Brasilien. Zurück in der Schweiz heuerte er als Kurierfahrer an. Philippe Honegger war in der Logistik angekommen.
«Nach einiger Zeit habe ich dort die operative Tourenplanung der Fahrer übernommen.» Es folgten noch zwei Stationen als Transportdisponent und als Leiter Lager und Spedition, bevor er 2009 zu Denner kam. «Ich habe eine Weile gebraucht, um zu verstehen, was mir gefällt. Als Maurer hatte ich das konkrete Ergebnis immer buchstäblich vor Augen. Was ich in der Logistik toll finde, ist diese Entwicklungsarbeit. Ich sehe nicht ein Ergebnis, sondern ich sehe, dass etwas anders oder besser geht.» Zurückschauend meint er: «Ich finde es extrem wichtig, dass die Leute, die in der Logistik Führungspositionen übernehmen, die Aufgaben schon einmal selbst gemacht haben. Theorie und Lehrbuch, das ist alles schön und gut, aber das dann auch wirklich bei der tagtäglichen Arbeit mit unterschiedlichen Menschen und Charakteren anzuwenden, das ist eine grosse Herausforderung.»

Die Zukunft ist kreativ
An der Diplomfeier hielt Philippe Honegger die Rede. Er wird mit folgendem Appell zitiert: «Hört nie auf, euch weiterzubilden. Es erweitert den Horizont. » Er selbst plant in diesem Sinne bereits die nächste Weiterbildung: Dieses Mal soll die Wissensreise in Richtung Betriebswirtschaftslehre gehen. Er möchte tiefere Einblicke in dieses Gebiet gewinnen, um sich für die Zukunft zu wappnen. «Ich kann mir durchaus vorstellen, in ein paar Jahren noch mehr berufliche Verantwortung zu übernehmen», meint er. Da er besonders Spass am Entwickeln hat, könne er sich auch eine beratende Funktion gut vorstellen. Er lächelt verschmitzt. «Die Logistik eines Betriebs analysieren, neue Lösungswege entwickeln, um dann das Optimum herauszuholen, das finde ich sehr spannend.»
Philippe Honegger stellt übrigens nicht nur selbst gerne Fragen; er beantwortet sie auch gerne. «Diese Woche war das Kader der Behindertenwerkstatt, die für uns Gebinde repariert, in der Verteilzentrale zu Besuch. Sie sind keine Logistiker und haben mir so viele spannende Fragen gestellt, das war super. » Wenn es darum geht, jemandem Logistik näherzubringen oder gar ihn dafür zu begeistern, habe er Freude. «Das würde mich auch noch reizen: Logistik zu unterrichten.»

Katharina Balande

Über die Verteilzentrale Schmitten
Die Verteilzentrale Schmitten im Kanton Freiburg ist neben Frauenfeld und Mägenwil die dritte Denner-Hartwaren-Verteilzentrale. «Wir beliefern die gesamte Westschweiz, Jura, Biel, Bern und das Berner Oberland», erklärt Philippe Honegger. «Pro Tag schlagen wir 2000 bis 2500 Paletten um.» Auf einer Lagerfläche von 27 500 m2 lagern hier maximal 18 000 Paletten. Je nach Saison sind zwischen 90 und 120 Mitarbeitende in der Verteilzentrale Schmitten beschäftigt. Sie ist vollständig zweisprachig organisiert.

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