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Auf zu neuen Ufern

GS1 Schweiz geht mit geschärfter Strategie in die Zukunft. Jörg Mathis löst Nicolas Florin als Geschäftsführer ab und lenkt neu die Geschicke der Organisation. GS1 network hat sich mit Präsident Robert Vogel und Jörg Mathis unterhalten. Gemeinsam blicken sie in die Zukunft.

GS1 network: Wir leben in einem Zeitalter des raschen Wandels. Das überfordert auch viele. Wie gehen Sie damit um?
Robert Vogel: Richtig, die Komplexität nimmt ständig zu. Wir alle müssen uns täglich auf Neues einstellen. Wandel ist unser ständiger Begleiter. Das wissen wir doch alle. Aber Veränderungen, die der Wandel mit sich bringt, werden oft als Probleme, Stolpersteine oder Hindernisse betrachtet. Wir müssen lernen zu akzeptieren, was ausserhalb unserer Kontrolle liegt. Das bedeutet aber nicht zu resignieren, sondern angemessen und flexibel auf den Wandel zu reagieren. Ich persönlich verfolge das stoische Prinzip. Ich richte mich ganz klar auf das aus, was für mich wichtig ist und was ich ändern kann. Aber was ich nicht verändern kann, lasse ich konsequent beiseite. Kurz: Ich begegne dem Wandel fokussiert und flexibel.

Jörg Mathis: Nichts bleibt so wie es ist. Wandel ist für mich ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens; was stillsteht, droht irgendwann abzusterben. Sich dem Wandel entgegenzustellen, bringt nichts. Tatsache ist, dass sich Neuerungen heute viel schneller durchsetzen. Das Smartphone gibt es jetzt seit zehn Jahren und es ist heute das wichtigste Internetgerät. Auch 3D-Drucker und autonomes Fahren werden radikale Veränderungen mit sich bringen. Ich will mich nicht dem Wandel entgegenstellen, im Gegenteil, ich bin überzeugt, dass der Wandel und die damit verbundenen Veränderungen und Neuerungen unser Leben erleichtern werden. Der einzige Anspruch, den ich an Neuerungen stelle, ist eine intuitive Bedienung. Sich dem Wesentlichen zu stellen und die Herausforderungen anzunehmen, das ist mein Fokus.

Wandel war im vergangenen Jahr auch das Stichwort für GS1 Schweiz. Im Verband gab es viele Veränderungen. Wie haben Sie 2017 als Präsident erlebt? Was war positiv, wo hat’s gehapert?
Robert Vogel: Mit der Genehmigung der revidierten Strategie hat der Vorstand zu Beginn des vergangenen Jahres die Weichen für die nächsten fünf Jahre gestellt. Das war ein sehr positiver Einstieg. Zu den bisherigen Branchen Konsumgüter und Gesundheitswesen kommen neu Transport und Logistik sowie die technischen Industrien hinzu. In den nächsten Jahren wollen wir uns noch stärker an den Bedürfnissen der Marktteilnehmer in unseren Hauptbranchen ausrichten. Die Nähe zu unseren Mitgliedern spielt dabei eine wichtige Rolle. Um die Wahrnehmung in den Branchen und in der Öffentlichkeit zu schärfen, setzen wir auf definierte Kernelemente. Sie sind ein wichtiger Bestandteil für ein erfolgreiches Zusammenarbeiten auf der Basis einer gemeinsamen Sprache. Um die revidierte Strategie erfolgreich umzusetzen zu können, muss sich GS1 Schweiz auch intern neu aufstellen. Das bisherige abteilungsorientierte Denken muss durch eine projektbezogene, noch stärker abteilungsübergreifende Zusammenarbeit ersetzt werden Dies umzusetzen ist eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe für die Geschäftsleitung und eine grosse Herausforderung für die Mitarbeitenden. Nur geschlossen und gemeinsam können wir unsere Strategie am Markt umsetzen.

Und was war Ihr persönlicher Höhepunkt im Jahr 2017 als Präsident von GS1 Schweiz?
Robert Vogel: Es hat mehrere Höhepunkte gegeben. Die bedeutendste Erkenntnis war, dass GS1 Schweiz aus einem hervorragenden Team besteht. Nach dem Weggang zweier Geschäftsleitungsmitglieder habe ich meine Präsenz auf der Geschäftsstelle intensiviert und konnte mir einen Eindruck verschaffen über die Kompetenzen und Aufgaben jedes Mitarbeitenden. Ein weiterer Höhepunkt war natürlich die Vorstandssitzung im September 2017, an der Jörg Mathis als neuer Geschäftsleiter gewählt wurde. In Absprache mit dem Vorstand sind wir nun gefordert, die weiteren Schritte in Erfüllung der Strategie zu definieren und auf fachlichem Niveau sowie sachorientiert weiterzuentwickeln. Die Ausgangslage ist gut. Ich bin überzeugt, dass wir im Sinne der Strategie für alle klare Handlungsrichtlinien und Orientierungspunkte festlegen können.

Wie würden Sie die Strategie 2021 charakterisieren? Eher ein «Weiter so» oder ein «Auf zu neuen Ufern»?
Robert Vogel: Ich betrachte die Strategie als eine Weiterentwicklung auf dem Weg zu neuen Ufern. Mit der technischen Industrie als neuer Branche betreten wir ganz klar Neuland und die bessere Orientierung an den Bedürfnissen unserer Mitglieder verstehe ich als eine Weiterentwicklung respektive Intensivierung. Somit würde ich sagen: Weiter mit voller Kraft «auf zu neuen Ufern»!

Jörg Mathis: «Weiter so» heisst für mich Business as usual. Das ist kein Erfolgsrezept, im Gegensatz zu «auf zu neuen Ufern». Wir wollen uns bewegen und nicht weiter dem Fluss entlanglaufen. In Einklang mit der globalen wie auch der nationalen Strategie wollen wir unsere Organisation weiterentwickeln und zu einem führenden und kompetenten Dienstleistungspartner für die Wirtschaft machen. Mit der gemeinsamen, auf den globalen GS1 Standards basierenden Sprache verbinden wir die Wirtschaft und ermöglichen erfolgreiche firmen- und grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Welches sind die Kernelemente der Strategie 2021?
Robert Vogel: Die Kernelemente lauten «Verbinden, Wissen, Standardisieren, Bilden und Beraten». Wichtig dabei ist, dass die Elemente als eine Einheit betrachtet werden. Der gemeinsame Nenner und das Verbindungsglied unserer Kernelemente ist die Zusammenarbeit. Das ist für mich ganz entscheidend. Nur so können wir gemeinsam Werte schaffen, wozu der Einzelne nicht in der Lage ist. Mir ist durchaus bewusst, dass der Ruf nach Zusammenarbeit nicht der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung entspricht, in der sich eine starke Individualisierung und Technisierung zeigt. Ich bin aber überzeugt – und erste Tendenzen sind bereits sichtbar –, dass der Mensch in Zukunft wieder einen viel gewichtigeren Stellenwert einnehmen wird als all die Technologien und Organisationsformen, die wir jetzt diskutieren, überdenken und planen. Für mich steht der Mensch im Mittelpunkt.

Jörg Mathis: Wie bereits erwähnt gilt dies auch für die internen Strukturen von GS1 Schweiz. Die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit muss verstärkt und unser Wissen noch vertiefter auf die Zielbranchen ausgerichtet werden. Zudem müssen unsere Prozesse noch stärker auf unsere Mitglieder zugeschnitten werden. Denn nur so können wir unsere Angebotspalette gezielt und erfolgreich weiterentwickeln.

Wie haben Sie sichergestellt, dass die Strategie die Bedürfnisse der Mitglieder reflektiert?
Robert Vogel: Aufgrund der Tatsache, dass der Vorstand durch die jährliche Mitgliederversammlung gewählt respektive bestätigt wird, ist sichergestellt, dass unsere Strategie auch die Bedürfnisse der Branchen reflektiert. In den kommenden Jahren werden wir den Vorstand mit kompetenten Vertretern aus den vier Branchen erweitern. Zusätzlich sind wir im Gespräch mit Persönlichkeiten, die den Vorstand unabhängig mit Spezialkenntnissen verstärken werden. Der Vorstand hat an mehreren Sitzungen eingehend das Thema Strategie und Strategieentwicklung behandelt. Gemeinsam haben wir die Vision und Mission definiert, die vier strategischen Branchen bestimmt, die übrigens auch dem Branchenfokus von GS1 global entsprechen, und die Kernelemente auf Basis der Zusammenarbeit mit klarem Fokus auf den Kundennutzen formuliert. Ein fünfköpfiger Vorstandsausschuss hat die Detailstrategie ausgearbeitet. Die Leitplanken sind gesetzt, nun obliegt die Umsetzung der Strategie der Geschäftsstelle unter Leitung von Jörg Mathis. Sie wird dabei von einem Vorstandsausschuss begleitet.

Welches Signal, welche Botschaft senden Sie mit Ihrer Strategie an den Markt? Was können die Mitglieder in den nächsten Jahren erwarten?
Robert Vogel: Aus der Strategie lässt sich eine zentrale Botschaft ableiten. Und die heisst Zusammenarbeit. Auf dieser Grundlage wollen wir mit unseren Mitgliedern deren Marktbedürfnisse evaluieren, basierend darauf unsere Dienstleistungen und Produkte anpassen und aktualisieren und anschliessend unseren Mitgliedern zur Verfügung stellen. Die Arbeit der Geschäftsstelle soll so noch praxisnäher, ganzheitlicher und zukunftsorientierter geprägt werden. Mit dem permanent ergänzten Portfolio wollen wir Mehrwert für alle Nutzer generieren.

Jörg Mathis: Wichtig ist, die Strategie im Unternehmen zu leben. Sie darf auf gar keinen Fall als sporadisches Projekt verstanden werden. Für mich ist die Umsetzung der Strategie ein wiederkehrender Prozess, der eine regelmässige Überprüfung der Teilziele beinhaltet. Auch kann die Umsetzung nur erfolgreich sein, wenn jeder Mitarbeiter die Strategie mitträgt und die Abwicklung professionell und Schritt für Schritt erfolgt. Nur wenn unsere Strategie auf einem starken Fundament steht, können wir unser Versprechen gegenüber der Wirtschaft einlösen, und das werden wir. Das passiert aber nicht von heute auf morgen. Das braucht Zeit und die geben wir uns.

Herr Mathis, am 3. April 2018 treten Sie bei GS1 Schweiz die Stelle als CEO an. Was sind die ersten To-dos auf Ihrer Liste?
Jörg Mathis: Ich möchte das Team kennenlernen. Ich möchte etwas über den Menschen erfahren, seine Arbeit und Motivation verstehen. Das ergibt dann ein Gesamtbild der Organisation. Parallel dazu muss ich mich vertieft und intensiv mit der ganzen GS1 Thematik auseinandersetzen und sie mit der Strategie in Einklang bringen. Das ist für mich ein wichtiges Anliegen. Auch die Sitzungen der internationalen GS1 Gemeinschaft werde ich besuchen, um die Schweiz in globalen Themen zu vertreten und den Austausch zu pflegen.

Für mich ist ganz klar, dass die Umsetzung der Strategie gewisse Konsequenzen mit sich bringt. Wir müssen vielleicht die Organisationsstruktur überdenken. Was können wir verbessern, welche internen Prozesse können wir im Sinne der Kundenorientierung optimieren? Gemeinsam mit den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle möchte ich die Strategie verfeinern, damit wir die Ziele umsetzen können. Das verlangt wechselseitiges Zuhören und Mitdenken aller Beteiligten. Nur so schaffen wir ein gemeinsames Strategieverständnis. Eine gemeinsam entwickelte und verabschiedete Strategie erhöht die Chance, dass alle dahinterstehen und sie zum Erfolg führt. Das ist für mich wichtig.

Herr Mathis, sie legen Wert auf mehr Effizienz. Was heisst das konkret?
Jörg Mathis: Ich komme ja ursprünglich aus einem amerikanischen Konzern. Da sind Effizienz, Wachstum und Strategieerreichung zentrale Themen. Für mich geht Effizienz einher mit Konzentration und Fokussierung auf das Wesentliche. Ich bin ein Befürworter des Pareto-Prinzips. Das heisst, dass ich 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwands erreichen möchte. Das geht nicht immer, das gebe ich zu. Aber ohne Systematik gibt es keine Effizienz und schon gar keine Optimierung.

Wo sehen Sie für GS1 Schweiz im Moment die grössten Herausforderungen?
Robert Vogel: Die grosse Herausforderung wird jetzt sein, die notwendigen Strukturen zu schaffen und aufzubauen. Dazu gehört auch eine klare Ablauforganisation, um dem Strategieanspruch praxisnah, ganzheitlich und zukunftsorientiert gerecht zu werden. Anlässlich der letztjährigen Generalversammlung haben wir mit dem Ausblick auf eine angepasste Strategie auch Erwartungen geweckt. Die müssen und werden wir nun erfüllen.

Jörg Mathis: Auch unsere Organisation ist einem raschen Wandel unterworfen. So ist die Digitalisierung auch für uns eine Herausforderung. Sie birgt sowohl Chancen als auch Gefahren. Im Moment migrieren wir unsere gesamte Systemlandschaft mit dem Ziel, unsere Standards im neuen System zu hinterlegen und selbst zu nutzen. Das tiefgreifende Projekt ist zurzeit die grösste Herausforderung. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Und mit der Umsetzung und Etablierung der Strategie geht es dann auf zu neuen Ufern.

Das Gespräch führte Joachim Heldt.

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