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Importbarrieren abbauen, Kaufkraft erhalten

Importbarrieren abbauen, Kaufkraft erhaltenDie Schweiz ist in vielen Bereichen immer noch eine Hochpreisinsel. Für Fleisch bezahlen Schweizer Konsumenten bis zu 100 Prozent mehr als in der EU. Die Ursachen dafür sind staatlich gewollt: Gesetze, Sondernormen und -vorschriften verhindern, dass der Markt spielt. Die Interessengemeinschaft Detailhandel Schweiz (IG DHS) kämpft auf der politischen Ebene gegen Importbarrieren und für die Erhaltung der Kaufkraft in der Schweiz.

(pg) Mit der im Dezember 2008 vom Parlament beschlossenen Zulassung von Parallelimporten patentgeschützter Güter hat die IG Detailhandel ein wichtiges Etappenziel erreicht: Der Abschied von einer künstlichen Importbeschränkung leistet einen wichtigen Beitrag für günstigere Importpreise – davon profitieren der Handel und die Konsumentinnen und Konsumenten gleichermassen.

Im Jahr 2009 rückt ein politisches Geschäft von besonders langfristiger Relevanz in den Fokus der Aktivitäten der IG Detailhandel: die Übernahme des Cassis-de- Dijon-Prinzips im Rahmen der Teilrevision des Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG).

Cassis-de-Dijon-Prinzip
Zahlreiche technische Vorschriften führen dazu, dass Produkte aus der EU bzw. dem EWR für die Zulassung in der Schweiz speziell produziert, verpackt, geprüft oder beschriftet werden müssen. Dies verteuert die importierten Produkte und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Handels und der Industrie. Hier soll mit der Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips der Hebel angesetzt werden: Produkte, die in EU-Staaten legal vertrieben werden, sollen grundsätzlich auch in der Schweiz ohne zusätzliche Kontrollen zugelassen sein. Die IG DHS begrüsst die einseitige Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips durch die Schweiz. Sie ist WTO-konform und sie erlaubt eine rasche Umsetzung ohne Verhandlungen. Zudem kann die Schweiz selbstständig legitime Ausnahmen definieren. Letztere hat der Bundesrat auf ein vernünftiges Mass reduziert. 

Trotz der grundsätzlich richtigen Stossrichtung der vorliegenden Botschaft sieht die IG DHS den Vollzug des Gesetzes als nur unbefriedigend geregelt. Statt eine einfache, aber griffige Regelung zu präsentieren, sieht die Revisionsvorlage ein aufwendiges Bewilligungsverfahren vor. Es ist zu befürchten, dass angesichts der komplexen Schweizer Vollzugsstrukturen die Umsetzung schwierig sein wird. Allein schon die in der Vorlage beantragte Zahl neuer Stellen verweist auf zusätzliche Bürokratie und stimmt skeptisch. Kommt dazu, dass gerade im Bereich des Lebensmittelrechts der Vollzug schon heute geprägt ist von Doppelspurigkeiten und unklaren Zuständigkeiten. Hier hat der Bundesrat die Hausaufgaben nicht gemacht. Statt die Vollzugsstrukturen zu straffen, bleiben diese heterogen (Kantone, verschiedene Bundesämter). Es besteht die Gefahr, dass der Grundgedanke des Cassis-de-Dijon-Prinzips, nämlich die Abschaffung von nichttarifären Handelshemmnissen, ausgehöhlt wird. Die IG DHS ist bestrebt, für die inländischen Hersteller die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen und damit eine Diskriminierung gegenüber ausländischen Produzenten zu verhindern. Dies liesse sich mit einer liberaleren Umsetzung gewährleisten.

EU-Agrarabkommen
Die Einführung des Cassis-de-Dijon- Prinzips ist neben der Zulassung von Parallelimporten ein wichtiges Instrument zum Abbau von preistreibenden Schweizer Sonderregelungen. Das Preissenkungspotenzial lässt sich jedoch nur voll ausschöpfen, wenn auch die Liberalisierungsschritte im Bereich der Agrarpolitik mit der EU konsequent weitergeführt werden. Die schweizerische Landwirtschaft und mit ihr die ganze Wertschöpfungskette im Lebensmittelbereich ist immer noch stark abgeschottet. Dies hat der gesamten Branche über all die Jahre hinweg mehr Nachteile als Vorteile verschafft. Nicht zuletzt wirkt sich die Abkapselung auch auf das Portemonnaie der Konsumentinnen und Konsumenten aus: Sie bezahlen wegen hoher Zölle teilweise fast doppelt so viel für Lebensmittel wie ihre europäischen Nachbarn.

Aus diesem Grund engagiert sich die IG DHS für das Agrar-, Lebensmittelund Gesundheitsabkommen mit der EU, mit dem in den nächsten Jahren wichtige Weichen für den Agrar- und Lebensmittelsektor, ja für die ganze Schweiz gestellt werden. Zusammen mit anderen Partnern aus der Lebensmittelbranche und mit den Konsumentenorganisationen wurde die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz IGAS gegründet. Diese Plattform der Befürworter des Agrarabkommens mit der EU wird den politischen Prozess bis hin zum Abschluss des Abkommens und darüber hinaus aktiv begleiten und mitgestalten.

Wenn wir den Agrar- und Lebensmittelmarkt öffnen, erhalten wir die Kaufkraft. Der Bundesrat schätzt, dass ein Agrarabkommen mit der EU das BIP dauerhaft um mindestens 0,5 Prozent oder jährlich mehr als 2 Mrd. Franken zu erhöhen vermag. Vor dem Hintergrund der düsteren Konjunkturaussichten ist das gerade für jene wichtig, die mit kleinen und mittleren Budgets haushalten müssen. Die Lebensmittel machen zwar nur noch acht bis zehn Prozent im Haushaltsbudget aus. Das ist aber bei kleinen Einkommen immer noch ein beträchtlicher Posten.

Philippe Gaydoul Präsident IG Detailhandel Schweiz

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