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GS1 auf der Überholspur

GS1 auf der ÜberholspurPatientensicherheit, Transparenz der Lieferkette, Rückverfolgbarkeit und Effi zienz im Gesundheitswesen stehen derzeit an der Spitze der Aktivitäten von Gesundheitsbehörden und Industrie in der ganzen Welt. Anstelle von globalen Standards kommen noch Insellösungen zum Einsatz. GS1 macht aber an Boden gut.

uk/jd) Die durch proprietäre, inkompatible Lösungen sowie unterschiedliche Vorschriften der Behörden verursachten Kosten haben deutlich gemacht, dass der Kostenspirale durch den Einsatz offener und globaler Standards entgegengewirkt werden kann.

 

Problembewusstsein schaffen
Initiativen zur Verbesserung der Patientensicherheit existieren auf der ganzen Welt. Die einzelnen Aktivitäten reichen von der Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen über die Verringerung von Medikationsfehlern bis hin zur Verbesserung der Rückverfolgung von medizinischen und pharmazeutischen Produkten. Medikationsfehler stellen weltweit ein Problem im Gesundheitswesen dar. Mehr als 30 Prozent aller unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen könnten vermieden werden und sind die Folge von Medikationsfehlern. Zu diesem Schluss kommt die Expertenstudie (1) des Europarates aus dem Jahr 2007. Das spanische Gesundheitsministerium hält in seiner Untersuchung (2) fest, dass es bei 9,3 Prozent der Spitalaufenthalte zu einer unerwünschten Arzneimittelnebenwirkung kommt. Dabei werden die Medikationsfehler mit 37,4 Prozent beziffert. Und das Veterans Medical Center in Topeka, USA, führt in seinem Bericht (3) auf, dass die Einführung von Barcodes die Medikationsfehler über einen Zeitraum von neun Jahren um 86 Prozent reduzierte.

Pharmazeutischer Turmbau zu Babel
Auch die dramatische Zunahme der Medikamentenfälschung beschäftigt die Gesundheitsbehörden. So ist es für die Patienten, das Apotheken- und Krankenhauspersonal fast unmöglich, Fälschungen mit blossem Auge zu erkennen. Die Produkte werden durch komplexe Lieferketten verteilt, und die fehlende Transparenz der Supply Chain erleichtert es, gefälschte Medikamente auf den Markt zu bringen.

Mit einer einheitlichen und eindeutigen Kennzeichnung für jede Medikamentenpackung werden sowohl Rückverfolgbarkeits- als auch Authentifizierungssysteme ermöglicht. So wird das Eindringen in die Lieferkette des Gesundheitswesens für Fälscher sehr viel schwieriger oder zumindest unwirtschaftlicher.

Die Branche wird auch mit den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Länder hinsichtlich der Kennzeichnung der Produkte und der zu übermittelnden Daten konfrontiert. Dadurch wird das ohnehin schon komplexe Produktions-, Verpackungs- und Distributionssystem noch zusätzlich erschwert.

Die beteiligten Partner im Gesundheitswesen können heute nur unter erschwerten Bedingungen und nur mittels manueller Prozesse die Daten in den unterschiedlichsten Systemen nachführen. Auch hier kann der Einsatz eines standardisierten Identifikations- und Kommunikationssystems die länderspezifische Kennzeichnung vereinfachen und zu Kostenersparnissen führen. Damit wäre die Transparenz der Lieferkette von der Produktion bis zum Patienten gegeben, was zur Patientensicherheit wesentlich beitragen würde.

Die vier Säulen
Offene, technologisch unabhängige Standards erlauben die Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen und Techniken. Dazu ist die Anwendung und die Einhaltung einer gemeinsamen Sprache notwendig. Die GS1 Standards sind nicht nur offen und technologieunabhängig, sondern auch global, was in grenzüberschreitenden Lieferketten unverzichtbar ist. Das GS1 System beinhaltet eine Reihe von einheitlichen Identifikationsschlüsseln, die Produkte und Dienstleistungen eindeutig identifizieren und so den Zugang zu den in Computern gespeicherten Informationen liefern. Das GS1 System basiert auf folgenden Prinzipien:

Offene Standards
Das Ziel ist, ein offenes, praxisorientiertes und integriertes System von technischen Standards zur Identifikation und zum Datentransfer zu ermöglichen, das ein effektives Supply Chain Management in jedem Unternehmen und in jeder Branche weltweit ermöglicht.

Eindeutigkeit
Das System basiert auf Regeln, die eine weltweit überschneidungsfreie und eindeutige Identifikation von unterschiedlichen Daten über Produkte, Transporteinheiten, Behältern, Objekten, Standorten usw. ermöglicht.

Transparenz
Die GS1 Standards sind auf alle Versorgungsketten anwendbar, unabhängig davon, wer die Informationen empfängt oder (weiter)verarbeitet. Sie führen zu einer Vereinheitlichung der Prozesse und damit zu Einsparungen im Interesse aller beteiligten Parteien.

Nichtsignifikanz
Die weltweite Eindeutigkeit der GS1 Identifikationsnummern kann nur dann garantiert werden, wenn die Nummern als Ganzes verarbeitet werden. Bestimmte Merkmale eines Artikels sind nicht in der Nummer selbst zu verschlüsseln, sondern werden anhand der Identifikationsnummer des Objekts aus einer Datenbank oder anderen Quellen abgerufen.

Systemkomponenten
Im Mittelpunkt des GS1 Systems steht die Global Trade Item Number (GTIN). Sie wird durch den Hersteller nach den GTIN-Vergaberegeln zugeordnet. Die Identifikationsnummer setzt sich aus einer GS1 Basisnummer (GCP, Global Company Prefi x), die von der zuständigen GS1 Organisation an ein Unternehmen vergeben wird, einer von dem Unternehmen erteilten Artikelnummer und einer automatisch generierten Prüfziffer zusammen. Aufgrund der komplexen Bedürfnisse der Gesundheitsindustrie hat GS1 spezielle GTIN-Vergaberegeln für das Gesundheitswesen defi niert und veröffentlicht. Diese Vergaberegeln finden Sie unter www.gs1.org.

Nebst der GTIN beinhaltet das GS1 System eine Reihe weiterer Identifikationsschlüssel. Die Global Location Number (GLN) dient zur eindeutigen Identifizierung von Unternehmen und Unternehmensbereichen. Mit dem Serial Shipping Container Code (SSCC) werden Transporteinheiten gekennzeichnet, und mit dem Global Returnable Asset Identifi er (GRAI) lassen  sich Mehrwegtransportbehälter identifizieren. Die Umsetzung der GS1 Identifikationsschlüssel erfolgt in eigens dafür zugelassenen Datenträgern. Dazu gehören die Familie der eindimensionalen Strichcodes wie die EAN/UPCSymbologien, der GS1-128-Strichcode und der zweidimensionale, äusserst kompakte Data Matrix. Letzterer eignet sich besonders für die Kennzeichnung von sehr kleinen Einheiten im Gesundheitswesen und kann zusätzlich zur Produktidentifikation weitere Informationen wie Losnummer, Verfalldatum und Seriennummer beinhalten.

Über zertifizierte Datenpools erfolgt der sichere Austausch der korrekten Stammdaten. Die einzelnen Datenpools sind über das Global Data Synchronisation Network (GDSN) von GS1 zusammengeschlossen. Für den Austausch der elektronischen Nachrichten kommt der GS1-eCom-Standard zum Tragen, der für einen effizienten Austausch der vereinbarten Stammdaten zwischen den beteiligten Geschäftspartnern sorgt.

Mit den GS1 Standards steht ein branchen- und firmenübergreifendes Instrumentarium zur Verfügung, mit dem entlang der gesamten Wertschöpfungskette die Prozesse im Gesundheitswesen optimiert werden können. Das System garantiert die volle Transparenz der Lieferkette und ermöglicht die Interoperabilität der einzelnen Systeme – auch über die Landesgrenzen hinweg.

Internationale Arbeitsgruppe
Konfrontiert mit unterschiedlichen länderspezifischen Anforderungen zur Produktidentifikation und den wachsenden Anforderungen der Branche an die Rückverfolgbarkeit gründeten Vertreter der Gesundheitsbranche vor fünf Jahren die globale GS1 Healthcare-Initiative.

Die Arbeitsgruppe GS1 Healthcare ist ein Branchengremium, das sich aus führenden Pharmaunternehmen, Herstellern von Medizinprodukten, Krankenhäusern, Einkaufsgruppen und Grosshändlern zusammensetzt. Mit von der Partie sind auch Regierungsbehörden und Verbände, einschliesslich der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA), der Public Health Agency Kanada und des Europäischen Dachverbandes der Medizinprodukteindustrie (Eucomed). Das Expertengremium setzt sich für die Weiterentwicklung der GS1 Standards und ihre Einführung in der Branche auf globaler Ebene ein.

Auch führende Krankenhäuser, Einkaufsorganisationen, Unternehmen des Gross- und Einzelhandels sowie Logistikunternehmen unterstützen die GS1 Healthcare-Initiative und ebnen so den Weg für eine globale Implementierung. Nach dem Vorbild der Arbeitsgruppe GS1 Healthcare haben sich nationale Spiegelgremien gebildet, die sich aktiv im jeweiligen Land für die Verbreitung und Umsetzung der GS1 Standards im Gesundheitswesen einsetzen. Wenn Sie die GS1 Healthcare-Initiative aktiv unterstützen wollen, dann nehmen Sie bitte mit Ihrer nationalen GS1 Organisation Kontakt auf.

Ulrike Kreysa
Jan Denecker

Quellenangaben

(1) «Creation of a better medication safety culture in Europe: Building up safe medication practices» – Expert Group on Safe Medication Practices, Council of Europe, 2007

(2) Estudio Nacional sobre los efectos adversos ligados a la hospitalización (ENEAS 2005). Informe. Febrero 2006. Ministerio de Sanidad y Con sumo. Madrid 2006

(3) «Strategies to Reduce Medication Errors – How the FDA is working to improve medication safety and what you can do to help», Michelle Meadows, FDA Consumer magazine May-June 2003

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