gs1-neton-header-09.jpg

Baulogistik als Wettbewerbsfaktor

Baulogistik als WettbewerbsfaktorDie Baulogistik rückt zunehmend in das Interesse der Bauwirtschaft. Hohe Einsparungs- und Optimierungspotenziale entlang der Wertschöpfungskette sind die treibenden Kräfte dahinter. Baulogistik wird zur Chance für Logistikdienstleister und andere Partner der Bauwirtschaft.

(rs,ns) Die Logistik hat in den letzten Jahrzehnten in vielen Industriezweigen zunehmend an Bedeutung gewonnen.

Insbesondere bei der stationären Industrie wurden Logistikkonzepte umgesetzt, die auf den Bestellungen aufsetzen und durch die Optimierung der Materialflüsse in der Produktion eine massgebende Schlüsselrolle für den Unternehmenserfolg darstellen. Dies gilt unter den spezifischen Bedingungen der Projektorganisation auch für das Bauwesen. Schliesslich lautet ein alter Spruch, der das zentrale Problem des Materialflusses in der Fertigung der Bauindustrie verdeutlicht: «Bauen heisst Transportieren».

Zur rechten Zeit am rechten Ort?
Betrachtet man die ägyptischen Pyramiden, ist – auch ohne wissenschaftlichen Hintergrund – offensichtlich, dass für die Errichtung solch monumentaler Bauwerke organisatorische und logistische Meisterleistungen not-wendig waren. Neben der Bearbeitung und präzisen Verlegung der riesigen Steinblöcke sind in diesem Zusammenhang vor allem deren Gewinnung und der Transport durch riesige Arbeitsheere zu erwähnen. Heute stehen für solche Transportauf-gaben statt menschlicher Arbeitskraft unterschiedliche und sehr leistungsfähige Geräte zur Verfügung. Logistik im Bauwesen umfasst allerdings mehr als nur den reinen Transport. Zur Bedeutung der Baulogistik für die Erfüllung der Bauaufgabe äusserte sich Arndt Frauenrath, ehemaliger Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, anlässlich der Messe Bau 2005 wie folgt: «Es ist offensichtlich, dass gerade im Baugewerbe professionelle Logistik – auf der Baustelle und in der Baustellenversorgung – einen wichtigen Beitrag zur Kostensenkung leisten kann.» Typische Probleme, die in der Praxis auf Baustellen immer wieder auftreten und unnötige Kosten verursachen, sind beispielsweise:

  • fehlende oder verspätete Lieferungen,
  • keine zeitnahe Entladung der Lieferfahrzeuge,
  • ein uneffektives Lagermanagement,
  • der Einbau falscher oder beschädigter Materialien,
  • Baustellen ohne Trennung der Abfälle.

Die Baulogistik befasst sich mit der Planung, Ausführung und Steuerung von Material-, Personal-und Informationsflüssen unter dem Gesichtspunkt einer optimierten baubetrieblichen Leistungserstellung hinsichtlich Terminen, Kosten und Qualitäten unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie ökologischen Aspekten. Ziel ist die optimale Ver- und Entsorgung von Baustellen zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität und Quantität, am richtigen Ort.

Starke Disziplinen
In Anlehnung an die Logistik der stationären Industrie lässt sich die Baulogistik gemäss den Phasen des Materialflusses in drei Bereiche unter-scheiden:

  • Versorgungs-oder Beschaffungslogistik,
  • Baustellen-oder Produktionslogistik,
  • Entsorgungslogistik.

Dabei sichert die Versorgungslogistik die Versorgung der Baustelle, die Baustellenlogistik den Transfer auf der Baustelle und die Entsorgungslogistik die Beseitigung angefallener Bauabfälle sowie die Rückführung von Geräten und nicht benötigtem Material von der Baustelle. Die Übergänge zwischen diesen Bereichen stellen die Baustellengrenze und die Anlieferungs-oder Beladeflächen dar. Übergeordnet dazu leistet die Informationslogistik einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der drei genannten Phasen und trägt damit zur Qualitätssteigerung und zur Kosteneffizienz bei.

Versorgungslogistik
Die Aufgabe der Versorgungs-oder Beschaffungslogistik ist die termin-gerechte und kostenoptimale Versorgung der Baustelle mit den benötigten Logistikobjekten. Logistikobjekte können sein:

  • Personal,
  • Bau-und Betriebsstoffe,
  • Geräte und Werkzeuge,
  • Bauhilfsstoffe,
  • Schalung und Rüstung,
  • Informationen.

Der logistische Aufwand steigt dabei in der Phase des Ausbaus deutlich, da die Anzahl der Gewerke und damit auch die Anzahl der zu beschaffenden Materialien in dieser Phase im Vergleich zum Rohbau zunehmen. Insgesamt existiert im Bauwesen ein breites Spektrum an zu transportierenden Gütern. Bevor mit der eigentlichen Baumassnahme begonnen werden kann, ist die Baustelle einzurichten. Hierfür sind Schalungen, Rüstung, Container und Baugeräte auf die Bau-stelle zu transportieren. Für Grossgeräte werden häufig Sondergenehmigungen benötigt. Während der eigentlichen Bauabwicklung dominieren Bau-und Bauhilfsstoffe. Stückgüter in unterschiedlichsten Dimensionen werden auf den Baustellen benötigt, aber auch mehr oder weniger grosse Mengen an Schüttgütern, wie zum Beispiel Frischbeton, Erdbaustoffe oder Asphalt.

Kurze und flexible Transportwege
Auf den ersten Blick scheint hier ein Transport via Bahn interessant. Öko-logische Vorteile, die beim Vergleich vom Verkehr über die Schiene zum Strassengüterverkehr immer wieder genannt werden, sind:

  • geringerer Flächenbedarf der Bahn im Vergleich zur Strasse,
  • geringere Schadstoffemissionen und geringerer Energieverbrauch,
  • reduzierter Lärm.

Dennoch kann sich der schienengebundene Transport in der Baulogistik nicht durchsetzen. Gründe hierfür sind vor allem die mangelnde Flexibilität der Bahn bei der Sicherstellung der Terminketten mit zwangsläufiger Kollision bei dem auf Baustellen geltenden obersten Primat von Just-in-Time-Lieferungen. Zudem verfügen sowohl die wenigsten Baustellen als auch die wenigsten Zulieferer über einen direkten Gleisanschluss. Die Folge sind Um-schlag-und Zwischenlagerprozesse, die den Transport per Bahn in grossem Masse unwirtschaftlich machen. Manchmal sprechen auch vermeintliche Kleinigkeiten gegen den Bahntransport. So führt der Bremsabrieb auf offenen Eisenbahnwagen dazu, dass zum Beispiel sichtbar bleibende Fassadenfertigteile aufwendig mit Planen geschützt werden müssen, da- mit sich keine Rostflecken bilden, welche bei der Abnahme bemängelt würden. In der Praxis finden im Bauwesen schienengebundene Transporte damit nur beim Transport von bestimmten Baustoffen vom Erzeuger zum Gross-handel oder zu vorverarbeitenden Betrieben statt (z.B. Betonstahl oder Bau-stahl). Ansonsten nur in Ausnahme- fällen, beispielsweise wenn

  • grosse Mengen über weite Strecken transportiert werden und nach Möglichkeit entweder kein oder nur ein Umladeprozess stattfindet (z.B. der Transport der Tübbings zum City-Tunnel-Leipzig) oder
  • andere Randbedingungen eine solche Lösung erfordern (z.B. der drohende Verkehrsinfarkt und die Sicherstellung der Andienung bei der Berliner Grossbaustelle «Potsdamer Platz» Ende der 90er-Jahre).

In der Regel wird im Bauwesen, ins-besondere auch vor dem Hintergrund der meist relativ kurzen Transportentfernungen, aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen der Transport per Lkw bevorzugt. Auch ökologisch zeigt sich dieser in der Gesamtbilanz positiv, da mit dem Lkw die kürzesten Transportwege gewählt werden können. Beim Transport über die Schiene erhöhen sich die Gesamttransportentfernungen, bedingt durch die zwangsläufige Nutzung von Um-schlagstellen, die von der Deutschen Bahn in immer geringerer Zahl vor-gehalten werden.

Just-in-Time
Beim Antransport von Materialien und Baustoffen ist nach Möglichkeit eine Anlieferung ohne Baustellenlagerung anzustreben, da der Zwischentransport vom Baustellenlager zur Einbaustelle mit zusätzlichen Kosten verbunden ist und auch mit Lager-und Transportschäden zu rechnen ist. Ins-besondere im innerstädtischen Bereich mangelt es zudem oft an Lagerflächen, sodass die Versorgung der Baustelle nur Just-in-Time realisiert werden kann und die Lieferungen erst zum Zeitpunkt des Bedarfs erfolgen. Exemplarisch für derartige Just-in-Time-Lieferungen ist die Lieferung von Fertigteilen, Fassadenelementen oder Transportbeton zu nennen. Für die Lieferfahrzeuge sollten in der näheren Umgebung der Baustelle Warte- flächen als Pufferzonen eingerichtet werden. Erst nach Freigabe durch die Baustellenleitung sollte dann die Zu-fahrt auf die Baustelle erfolgen. Nur so ist eine störungsfreie Belegung der Anlieferungsflächen (Entladebereiche) gewährleistet.

Der Einsatz von Transportbeton folgt ohnehin dem Just-in-Time-Grundsatz. Mit dem Mischen von Wasser, Zement und den Zuschlagsstoffen im Betonwerk ist die Zeitspanne 1 festgelegt, die für Transport und Verarbeitung zur Verfügung steht. Existieren in dieser Logistikkette Zeitverzögerungen, können diese dazu führen, dass der Beton nicht mehr verarbeitet werden kann und als Restbeton entsorgt werden muss. Warteschlangen der Transport-fahrzeuge, die zu einer verspäteten Abnahme des Betons führen würden, sind unbedingt zu vermeiden. Diese Forderungen sind durch Transport-betonwerke für die gleichzeitige Belieferung von mehreren Baustellen unter dem Einfluss des Strassenverkehrs zu erfüllen. Die Disponenten werden hier-bei durch EDV-Programme unterstützt, die Fahrzeit-und Routenoptimierung mit abdecken. Für einen reibungslosen Ablauf bei der Anlieferung und dem anschliessenden Einbau ist die gesamte Transportkette detailliert zu planen. Einflussfaktoren stellen dar:

  • hinsichtlich der Betonanlieferung: der geplante Betonierbeginn, die einzubauende Betonmenge und das gesamte Strassennetz zwischen dem Transportbetonwerk und der Baustelle;
  • für den Baustellentransport die Entscheidung, ob mit Betonpumpe oder den. Beschäftigte der Baustelle erhalten dann nach vorheriger Anmeldung personalisierte und mit Lichtbild versehene Baustellenausweise, die oft zeitgleich als Schlüsselkarte dienen. Lieferungen sind vorher anzumelden, damit sie entsprechend eingetaktet werden können. Die Versorgungslogistik endet mit dem Eintreffen der Logistikobjekte auf der Baustelle. Unmittelbar daran schliesst sich die Baustellenlogistik an. Kran transportiert wird (wichtigste Entscheidungskriterien sind: Verfügbarkeit und Tragfähigkeit des Krans, Aufstellung, Andienung, Erreichbarkeit und Dimensionen der zu betonierenden Bauteile);
  • personelle Kapazitäten für Einbau, Verdichtung und Nachbehandlung des Betons.

Absperrpfosten, Schilder und Ausweise
Mit der Versorgungslogistik eng verbunden ist die Zugangskontrolle. Nur bei einem Baustellengelände mit Zugangseinrichtungen werden Personen-und Materialströme transparent und lassen sich effektiv kontrollieren und steuern. Dies ist umso bedeutsamer, je grösser die Baustelle ist, da mit steigender Grösse der Baumassnahme auch die Personen-und Materialströme ansteigen. Zudem lassen sich auf diese Weise illegale Beschäftigungen eindämmen sowie Diebstähle und Vandalismusschäden reduzieren. Die Sicherung eines Baustellenbereiches erfolgt durch eine umführende Absperrung. Die Eingänge sollten mit Tor-und Schrankenanlagen sowie Türen oder Drehkreuzen gesichert wer-Der Übergang zwischen diesen Bereichen findet am Baustellentor oder auf den Anlieferungsflächen statt.

Intelligent planen
Die Baustellen-oder Produktionslogistik umfasst alle logistischen Aufgaben auf dem Baustellengelände. Hierzu gehören sämtliche Transferbewegungen im Zusammenhang mit Transport, Umschlag und Lagerung. Der Baustellentransport erfolgt mit unterschiedlichen Geräten: z.B. Krane, Betonpumpen, Gabelstapler oder Aufzüge. Welches Transportgerät verwendet wird, hängt nicht nur von der spezifischen Situation auf der Baustelle ab, sondern auch davon, welches Transportgut in welchen Mengen zu transportieren ist. Die richtige Wahl beeinflusst massgeblich die Kosten. So ist zum Beispiel der Betontransport mit Krankübel für das Betonieren von Stützen meistens die optimale Wahl, während die grösseren Betonmengen beim Betonieren von Decken meistens wirtschaftlicher mit einer Betonpumpe transportiert werden. Der Vertikaltransport erfolgt über Krane oder Bauaufzüge. Der Turmdrehkran hat sich für viele Transport-aufgaben auf der Baustelle als optimal herausgestellt, da gleichzeitig der Vertikal-als auch der Horizontaltransport realisierbar sind. Da die Krankapazität im Hochhausbau räumlich stark begrenzt ist, spielt dort der Transport mit Aufzügen eine wichtige Rolle. Die Bedeutung von Aufzügen nimmt im Ausbau stark zu, da der Materialtransport in die einzelnen Geschosse mit Kran nur noch über aussen am Gebäude angebrachte Absetzbühnen möglich ist.

Zeitnischen geben den Takt an
Vor dem Hintergrund der besonderen Randbedingungen des Hochhausbaus stellen Vertikaltransporte regelmässig zeitkritische Engpässe dar. Gelöst wird dies mit der Vergabe von Zeitfenstern, sowohl für die Lieferung als auch für die daran anschliessende Kran-und Aufzugsnutzung. In einem Lieferplan werden nach vorangegangener Anmeldung viertelstündlich genau geplante Ladezeiten mit dem notwendigen Platzbedarf für die Anlieferung und dem erforderlichen Transportmittel für die einzelnen Unternehmen eingetaktet. Somit wird sichergestellt, dass die vorhandenen Transportkapazitäten kontinuierlich über den gesamten Tag ausgenutzt werden. Unter Umständen bedeutet das sogar, dass einzelne Nachunternehmer nur in vorgeschriebenen Zeiten ihre Leistung ausführen können. Dies wird mit dem Nachunternehmer bereits bei Vergabe der Leistung vereinbart. Ist das Zeitfenster verpasst, hat das Unternehmen die Chance zur Anlieferung verwirkt und muss seine Lieferung erneut anmelden. Dieses System ist im Sinne eines kybernetischen Regelkreises selbstregulierend und sichert eine hohe Effektivität Eine weitere Schwierigkeit, insbesondere im Bereich des Hochhausbaus, stellen, wegen der maximalen Ausnutzung der Grundstücksfläche, in der Regel die mangelnden Lagerflächen am Boden dar. Lagerflächen müssen deshalb im Rahmen der Baustelleneinrichtungsplanung exakt geplant und zugeteilt werden. Auf selbstkletternden Arbeitsplattformen bietet sich die Möglichkeit, begrenzt Schalung, kleinere Baugeräte und kleinere Mengen von Bau-und Bauhilfsstoffen zu lagern. Als Kombination aus Schalungs-und Arbeitsplattform bieten sie ein optimiertes Konzept und ermöglichen sicheres und witterungsgeschütztes Arbeiten.

Lagerdauer kurz halten
Ganz allgemein dienen Lagerflächen dem Ausgleich von unregelmässiger Anlieferung und von schwankendem, leistungsabhängigem Verbrauch von Baustoffen und Materialien. Hier kann unterschieden werden in Lagerflächen für eine kurzfristige Zwischenlagerung (z.B. die Zwischenlagerung von zeitweise nicht benötigter Schalung oder von Fertigteilen) und Lagerflächen für eine langfristige Zwischenlagerung  (z.B. Erdmassen). Vor dem Hintergrund einer unnötigen Kapitalbindung ist von der Bauleitung darauf zu achten, dass Materialien und Bauteile nur kurz auf der Baustelle gelagert werden und im Sinne einer Just-in-Time-Lieferung sofort verlegt oder eingebaut werden. So sollen zum Beispiel Gitterträgerplatten direkt vom Transportfahrzeug auf die vorbereitete Rüstung verlegt werden. Mauersteine sollen vom Transportfahrzeug mit dem Kran direkt so auf den Decken abgesetzt werden, dass sie ohne weitere Zwischentransporte vermauert werden können. Der Baustoffhandel ist mit eigenen Fahrzeugen oder mit vertraglich gebundenen Speditionen so flexibel, auch relativ kleine Baustoffmengen täglich anzuliefern. Die Kosten hierfür werden bei der Bestellung mit eingepreist, da die Lieferung in der Regel «frei Baustelle» vereinbart wird.

Entsorgungslogistik
Aufgabe der Entsorgungslogistik ist die Verwertung und Beseitigung von auf der Baustelle angefallenen Bau¬abfällen. Dies betrifft:

  • Bodenaushub: unkontaminierte und kontaminierte Böden,
  • Bauschutt: Gemisch aus mineralischen Stoffen, wie z.B. Beton, Mörtel, Mauersteine,
  • Strassenaufbruch: z.B. hydraulisch oder bituminös gebundene Trag-schichten,
  • Baustellenabfälle:Gemisch aus nichtmineralischen und mineralischen Abfällen,
  • Sonderabfälle: Abfälle mit besonderer Gefährdung.

Daneben umfasst die Entsorgungslogistik auch die Rückführung der Baustelleneinrichtung, insbesondere von Schalung und Rüstung, und der Baugeräte. All diese Logistikaufgaben werden unter der Entsorgungslogistik zusammengefasst. In den einzelnen Bauphasen spielen die Entsorgungsaufgaben eine sehr unterschiedliche Rolle. Beim Hochbau ist die Anfangsphase wegen des Baugrubenaushubs häufig kritisch, da zum Beispiel bei einer Aushubmenge von 300 Kubikmetern pro Stunde rund 30 Lkws pro Stunde abzufertigen sind. Dies führt besonders in innerstädtischen Bereichen zu einem kaum hinnehmbaren zusätzlichen Verkehrsaufkommen. Nicht selten sind dann mit den zuständigen Verkehrsbehörden spezielle Verkehrsleitsysteme, teilweise mit Lichtsignalsteuerungen, abzustimmen. Die Entsorgung von Bauabfällen ist ein oftmals unterschätzter Kostenfaktor. Die Entsorgung aller Reststoffe als Mischabfall führt zu einer kostenaufwendigen nachträglichen Sortierung, sodass die Sammlung von Bauab fällen auf der Baustelle in verschiede-nen Sammelbehältern erfolgen sollte. Anhand der zu erwartenden Gesamt-menge, der zu trennenden Abfallfraktion und der einzelnen Anfallzeiten können die Art, die Grösse und die Einsatzzeit der Sammelbehälter gewählt werden. Beim Aufstellen von Sammelbehältern sollen folgende Grundsätze beachtet werden:

  • möglichst zentraler Standort für alle Sammelbehälter unter Beachtung von Zufahrtswegen und Rangierflächen,
  • Standort möglichst in der Nähe der Baumassnahme oder der Bearbeitungsschwerpunkte sowie im Schwenkbereich der Krane,
  • eindeutige, leicht erkennbare Kennzeichnung der Sammelbehälter je nach Fraktion.

Zusätzlich sollten auf den Geschoss-decken des Bauwerkes noch kleinere, für den Krantransport zugelassene Sammelbehälter vorgehalten werden, damit dort entstehende Abfälle direkt vor Ort gesammelt und anschliessend mit dem Kran zu den zentralen Sammelbehältern transportiert werden können. Voraussetzung für die Festlegung auf ein umfassendes Entsorgungskonzept bleibt letztlich die Kenntnis über die Kosten; angefangen bei den Entsorgungsgebühren über die Kosten von Behälter-und Transportsystemen bis hin zu den Kosten für Transport und Umschlag auf der Baustelle.

Zusammenfassung und Ausblick
Jede Baustelle erfordert eine projektbezogene Arbeitsvorbereitung, die sicherstellt, dass das Bauwerktermin-gerecht, kostengünstig und mit der vereinbarten Qualität, aber auch unter Berücksichtigung von Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie ökologischen Anforderungen, erstellt werden kann. Die Baustellenlogistik stellt ein zentrales Element dieser Arbeitsvorbereitung dar. Insbesondere bei Grossbaustellen und beim Bauen unter beengten Verhältnissen (z.B. Hochhaus- bau, Altbausanierung, Strassenbau unter laufendem Verkehr) ist eine um-fassende Planung der Baustellenlogistik zwingend erforderlich. Potenzial zur Optimierung und Verbesserung von Prozessen der Leistungserstellung auf der Baustelle wird in der RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) gesehen. In der stationären Industrie, der Warenwirtschaft oder bei Personenzugangskontrollen schon zum Teil seit einigen Jahren genutzt, erschliessen sich zunehmend, insbesondere im Bereich der Informationslogistik, auch Einsatzpotenziale für die Bauindustrie.

Intelligente Bauteile
Im Gegensatz zum (im Bauwesen aufgrund der widrigen Randbedingungen nur teilweise verbreiteten) Barcode gestattet die RFID-Technologie das berührungslose Schreiben und Auslesen von Informationen ohne entsprechenden Sichtkontakt und somit eine kontaktlose Identifikation von Objekten. Darüber hinaus lassen sich – im Vergleich zum Barcode als statischem Informationsträger – Daten auf dem Speicher des RFID-Transponders aktualisieren und mit weiteren Informationen fortlaufend ergänzen. RFID bietet damit vollkommen neue Möglichkeiten in der Erfassung, Steuerung, Dokumentation und Kontrolle von Material-, Personal-und Informations-strömen. Exemplarisch sollen hier die Identifikation, die Zuordnung und die Rückverfolgung eingesetzter Bau-und Bauhilfsstoffe genannt sein. Mittel-und langfristig werden sich neben dem Logistikbereich eventuell weitere Anwendungsbereiche öffnen, die möglicherweise ein viel grösseres Potenzial aufweisen. Mithilfe der RFID-Technologie lassen sich Informationen über das Bauwerk dauerhaft und lückenlos über den gesamten Lebenszyklus dokumentieren. Auf die Forschungen zum Thema «Wissensintensive Dienstleistungen im Gebäudemanagement (WiDiG)» 2 und «RFID-Technologie im Bauwesen» 3 an der TU Dresden wird verwiesen. Im Rahmen der zuletzt genannten Forschungs-ARGE wird im Teilprojekt «IntelliBau» an «intelligenten» Bauteilen geforscht. Ziel ist eine dezentrale Datenhaltung im Bauteil selbst, um wichtige Informationen der einzelnen Lebenszyklusphasen ohne Unterbrechung vor Ort abrufen zu können. Im ersten geförderten Vorhaben 4 wurden Randbedingungen für den Einsatz der RFID-Technologie herausgearbeitet und Anforderungen an Hard-und Software festgelegt. Im derzeit laufen-den Folgeprojekt «IntelliBau2» werden die gewonnenen Erkenntnisse an verschiedenen Demonstratoren (Pilotprojekten) in der Vorfertigung und der Baustellenfertigung evaluiert.

Modellierung und Simulation
Zunehmend wird auch versucht, die Logistikplanung durch diskret-ereigisorientierte Simulationen (DES) zu unterstützen. Die grössten Schwierigkeiten existieren in der Baustellenmodellierung, die neben den spezifischen Randbedingungen der Baustelle auch dynamisch alle Bauzustände abdecken muss. Gerade hier unterscheiden sich Simulationen für stationäre Produktionen von den Simulationen für Baustellen. Bei der Baustellensimulation wird der eigentliche Produktionsprozess simuliert, während in der stationären Industrie die Simulation meistens dazu verwendet wird, die Leistungsparameter einer Produktionsanlage zu bestimmen.

Für eine effektive Modellierung sind parametrisierte Bausteine notwendig, die zum Beispiel die verschiedenen Hebezeuge abbilden können. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich auch bei der Festlegung der Zeitaufwandswerte für Personal und Geräte, die teilweise in sehr feinen Stufen benötigt werden, um die Prozesse abzubilden. Inwiefern solche Simulationen zukünftig etabliert werden können, bleibt abzuwarten, da der Erfolg massgeblich vom Aufwand und dem Potenzial zur Risikominimierung abhängt.

Prof. Dr.-Ing. Rainer Schach
Dipl.-Ing. Nadine Schubert

Mehr in dieser Kategorie: « Erste Risse im Beton
Nach oben