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«Die grösste Konkurrenz ist die Ignoranz.»

Christian Hay, Präsident von IHE SuisseIntegrating the Healthcare Enterprise (IHE) will die Kommunikation zwischen den verschiedenen IT-Systemen im Gesundheitswesen verbessern und dadurch die Akzeptanz des elektronischen Patientendossiers beschleunigen. GS1 network im Gespräch mit Christian Hay, Präsident von IHE Suisse.

GS1 network: Welches war der Anlass zur Gründung von IHE Suisse? Und warum gerade im März 2010?
Christian Hay: Die Gründung von IHE Suisse fand anlässlich der InfoSociety-Days in Bern statt. Sie ist auch eine Folge der eHealth-Strategie des Bundes und der Kantone. Einen wichtigen Impuls gab dabei eine Veranstaltung in Frühjahr 2009 in Luzern bei der Suva. Dass nun die Gründung im März 2010 erfolgte, hat vor allem mit der Synergie-Wirkung der InfoSocietyDays zu tun. Wir konnten dort einen Workshop zum Thema IHE anbieten.

Wer ist an IHE Suisse beteiligt?
IHE ist eine Plattform, an der sich sowohl Softwareanbieter als auch -anwender beteiligen. Ausserdem sind die Standardisierungsorganisationen und die Universitäten willkommen.

Welches sind die ersten konkreten Aktivitäten von IHE Suisse in den Jahren 2010 und 2011?
IHE Suisse gehört zu IHE International und zu IHE Europa. Die ersten Schritte des Schweizer Verbandes waren organisatorischer Art. Das heisst: Der neue Vorstand musste als Erstes einen vollständigen Aufgabenkatalog erstellen und die einzelnen Tätigkeiten priorisieren. Das ist nach zwei Monaten noch nicht abgeschlossen. Ausserdem haben sich die Schweizer am jährlichen IHE-Treffen («connect-athon») in Bordeaux als Schiedsrichter beteiligt, was für unseren Vorstand insofern eine grosse Hilfe war, als eine solche Veranstaltung bei uns auch stattfinden soll.

Ein Referent hat an der Gründungsversammlung gesagt: Nicht alle Länder und Regionen setzen auf IHE; Inkompatibilität ist wahrscheinlich. Ist das nicht eine schlechte Startvoraussetzung, wenn es mehrere konkurrierende Systeme gibt?
Eigentlich stehen alle «Nicht-IHE-Lösungen» in Konkurrenz zu IHE. Aber es gibt keine andere Organisation oder anderen international anerkannten Verfahren, die die gleiche Problematik angehen. Wie für GS1 gilt auch für IHE: die grösste Konkurrenz ist die Ignoranz.

Worin liegt die Hauptstärke, der Hauptvorteil von IHE gegenüber anderen Systemen?
Wie gesagt, es gibt keine organisierte Alternative zu IHE. Man kann aber Interoperabilität über viele andere Wege herstellen. Nur profitiert man dann nicht von der kumulierten Erfahrung der IHE-Anwender. IHE ist eine offene Lösung, die allen Beteiligten offen steht. Es besteht kein Zwang zu einer Mitgliedschaft, es macht aber Sinn, dass die Fachleute Schulungen besuchen und Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen, die eben nur IHE anbietet. Die Mitgliedschaft hat vor allem einen grossen Vorteil: Man ist näher bei der «Helvetisierung» der IHE-Profile und -Anwendungen. Ausserdem hat man ein Mitspracherecht in diesem Prozess. Ein weiterer Vorteil liegt in der internationalen Vernetzung. Bekanntlich hat die EU einige Projekte aufgegleist, damit nicht jeder Staat isolierte eHealth-Lösungen schafft. IHE ist voll in diesen Projekten integriert, genauso wie in Nordamerika.

Wie ist IHE Suisse mit GS1 verbunden?
Es gibt zurzeit keine formelle Verbindung zwischen IHE Suisse und GS1 Schweiz. In anderen Ländern bestehen andere Lösungen. So haben zum Beispiel in Österreich einige Standard-Organisationen eine Kollaborationsvereinbarung unterzeichnet: IHE Austria und GS1 Austria gehören zu den Unterzeichnern. IHE ist aber keine Standardisierungsorganisation. IHE arbeitet im Wesentlichen mit Prozessen, die sich auf bestehende, bewährte Standards stützen.

IHE ist ein technologischer Ansatz zur Verbesserung der Effizienz und Steigerung der Sicherheit im Schweizer Gesundheitswesen. Ist das angesichts von insgesamt 26 Gesundheitssystemen überhaupt möglich? Liegt die Lösung nicht vielmehr im politischen Bereich?
IHE ist tatsächlich ein technologischer Ansatz, damit klinische Daten zwischen Partnern (z.B. Spital und Arzt) oder zwischen Gruppierungen (z.B. Kantonen) ausgetauscht werden können. IHE ist als eines der Instrumente zur Umsetzung der eHealth-Strategie in unserem Land bezeichnet worden. Das war bereits ein politischer Entscheid. Selbstverständlich werden weitere politische Impulse nötig werden, denn eine eHealth-Strategie lässt sich nur progressiv realisieren. 

Die Fragen stellte Bernhard Stricker.

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