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Abwechslungsreich, attraktiv und nachhaltig

Abwechslungsreich, attraktiv und nachhaltig In den letzten Jahrzehnten hat die Logistikbranche tief greifende Veränderungen durchgemacht. Auch das Berufsbild hat sich verändert. Kann man heute in der Logistik Karriere machen? Wir haben dazu einige Karrieremacher befragt.

(jh) Was ist eigentlich Logistik? Ihre Geschichte beginnt schon mit dem Sesshaftwerden der Menschen. So mussten mit dem Aufkommen der ersten Handelsbeziehungen zwischen einzelnen Stämmen umfangreiche Transportprobleme gelöst werden. Als Organisation des Nachschubs entwickelte sich die Logistik später im Militärwesen weiter.

Mehr als Sie denken
Heute besteht die Aufgabe der Logistik darin, Wertschöpfungsketten in globale Netzwerke zu integrieren. Die Kistenschieberei wurde durch komplexe Systemsteuerungen abgelöst. Einfache Lagerhäuser entwickelten sich zu hochmodernen,menschenleeren Hochregallagern und die Warenzusammenstellung erfolgt durch Kommissionierautomaten. Selbst das Hin-und Herfahren der Spediteure hat sich zu einer intelligenten Bewirtschaftung ganzer Versorgungsketten gewandelt.

Die hohe Kunst der Logistik besteht heute darin, alle betriebsinternen und unternehmensübergreifenden Güter-, Material-und Informationsflüsse so zu planen, zu koordinieren und zu steuern, dass wir täglich unser frisches Brot beim Bäcker kaufen können, die Internetbestellung ausgeliefert wird und das neue Auto zum vereinbarten Liefertermin bei unserem Händler abholbereit ist. In der modernen Logistik steht der Kundenwunsch an erster Stelle.

Egal ob wir im Supermarkt Lebensmittel einkaufen oder im Internet ein Buch bestellen: Jeder von uns löst durch seine Kaufentscheidungen logistische Prozesse aus, denn die Produkte müssen hergestellt, verpackt, transportiert, gelagert, ausgeliefert und verkauft werden. Dazu braucht es eine ausgefeilte Logistik. Überall auf der Welt, ob in China oder in Bümpliz, planen und steuern Experten logistische Prozesse, damit die richtige Ware in der richtigen Menge, in der richtigen Qualitat, beim richtigen Kunden, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und zu den richtigen Kosten zur Verfugung steht.

Im Dienst der Logistik
Heute sind unzahlige Zulieferer rund um den Globus an der Leistungserstellung beteiligt, und ohne Informationsund Kommunikationstechnologie ist eine moderne Logistik gar nicht mehr denkbar – IT und Logistik sind heute nicht mehr voneinander zu trennen. Der wesentliche Teil des IT-Einsatzes besteht heute darin, alle moglichen

Daten über moderne Kommunikationsnetze zu übertragen und so allen Beteiligten Echtzeitinformationen zur Verfügung zu stellen. IT-Systeme gewährleisten eine vorausschauende Planung und Steuerung des Materialflusses, sie erlauben das Berechnen und Optimieren von logistischen Abläufen. Das Image der Logistik hat sich in den letzten Jahren gewaltig geändert. Die Branche wird zum Trendsetter und setzt neue Standards im Bereich von Kooperationen. Und schliesslich will die Branche weg vom Image, nur CO2 zu produzieren, hin zu einer nachhaltigen und grünen Logistik. Mit dem Wandel der Branche haben sich auch die Berufsbilder in der Logistik geändert. In der Branche stehen zahlreiche Karrieretüren offen, ausgewiesene Fachkräfte sind gesucht. Auf den folgenden Seiten haben wir für Sie Expertenmeinungen zum Thema«Karriere in der Logistik» zusammengetragen.

Joachim Heldt


Martin Sutter, Manager Human Resources, Agility Schweiz

«Logistik ist nur im Team zu bewältigen.»

Martin Sutter, Manager Human Resources, Agility SchweizGS1 network: Wie definieren Sie den Begriff «Karriere»?
Martin Sutter: Nun, in meiner ganz persönlichen Definition bedeutet der Begriff vor allem «Weiterentwicklung». Es gibt drei Bereiche, in denen sich das abspielt. Erstens: im persönlichen Bereich. Damit meine ich eine positive Entwicklung punkto Charakter und Prägung. Zweitens auf fachlicher Ebene, also bezüglich der Kompetenzen und Qualifikationen, die einen befähigen, sein Tätigkeitsgebiet stets auszubauen und spannend zu gestalten. Und drittens gilt dies selbstverständlich in Bezug auf Status und sozialen Aufstieg – diese Faktoren spielen immer mit, mal stärker, mal schwächer.

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen von Frau und Mann in der Logistik?
Es sind tatsächlich vorwiegend Männer, die sich für einen Logistikberuf entscheiden. Daher gibt es immer noch ein starkes Ungleichgewicht in der Branche. Dies hat wohl mit der immer noch weit verbreiteten Vorstellung zu tun, dass es in unserem Metier darum gehe, in rauen Umgebungen schwere Kisten herumzuschieben. Natürlich gehört der physische Transport von Containern und dergleichen auch zur Logistik, aber es ist bloss ein Teil davon. Ebenso wichtig sind die hochkomplexen, IT-gesteuerten Prozessabläufe, bei denen praktisch keine manuellen Arbeiten mehr verrichtet werden. Es sind auch nicht immer grosse und schwere Teile, die von A nach B müssen: In der Pharmabranche zum Beispiel gibt es Lieferketten für hochsensible Pipetten, Messgeräte und dergleichen – da passt keines der üblichen Klischees. Die Chancen sind aber für beide Geschlechter absolut intakt. Es gibt keinerlei faktische Gründe für diesen Überhang an Männern. Wir von Agility leben den Gleichstellungsgedanken und tun jedenfalls unser Möglichstes, um die gängigen Vorurteile zu korrigieren und das Berufsbild auch für Frauen attraktiv zu machen.

Welche Qualifikationen erwarten Sie von Führungskräften in der Logistik?
Jede Qualifikation besteht aus einem Teil Fach-und einem Teil Sozialkompetenz. Natürlich braucht es bei uns logistikspezifisches Fachwissen und Erfahrung, Know-how und Know-why zu Themen wie Lagerbewirtschaftung, Materialwirtschaft, Supply Chain Management, Prozessmanagement, Stärke in Planung und Umsetzung und vieles mehr. Aber: Neben dem Logistik-wissen benötigen wir – vielleicht noch mehr als in anderen Branchen – sehr schnell auch Führungskompetenz im Sinn von rechtlichen, organisatorischen und sozialen Aspekten. Die Logistik ist nur im Team zu bewältigen und dieses Team muss auch unter grossem Druck funktionieren. Mit zunehmender Führungsverantwortung gewinnt die Anforderung an die Breite gegenüber der Detailtiefe der Fachkompetenz. Gleichzeitig muss man aber Leute mit echter Logistikkompetenz um sich scharen, damit man die richtigen Entscheidungen treffen kann.

Welchen Stellenwert hat das Berufsbild «Supply Chain Manager» heute und morgen?
Das ist je nach Branche sehr unterschiedlich, jeder verwendet den Begriff etwas anders. In anderen Wirtschaftssektoren sind Supply Chain Manager für den Einkauf zuständig. Bei uns, in der Speditions-und Logistikbranche selbst, bezieht sich die Tätigkeit auf die Organisation der Versorgungskette eines Unternehmens. Generell lässt sich sagen, dass der steigende Globalisierungsgrad und die zusehends grössere Fragmentierung des Handels das Supply Chain Management sehr viel komplexer gemacht haben. Eigentlich ist es nur noch durch gut qualifizierte Leute, echte Spezialisten, beherrschbar. Fakt ist, dass immer mehr Unternehmen ihre Logistik outsourcen, weil sie sich auf das Kerngeschäft konzentrieren wollen. Die Spezialisten sollen dafür sorgen, dass die Lieferkette effizient und zukunftsgerichtet ausgelegt wird. Das heisst aber, dass sich Supply Chain Management zusehends in Richtung strategische Planung eines Unternehmens bewegt. Mit andern Worten: Die Logistik wird gebietsübergreifend und gewinnt so immer mehr an Bedeutung. Und: Die Bindung zwischen dem Logistik-Dienstleister und seinem Kunden wird immer enger, weil sie immer stärker auf die strategische Ebene zu liegen kommt. Der Stellenwert des Berufsbilds wird in Zukunft bestimmt an Bedeutung gewinnen.

Nennen Sie bitte drei Tipps, die ein Bewerber beherzigen sollte.
Eigentlich findet man die entscheidenden Tipps im Internet. Und zwar für alle Stellen, nicht bloss jene für die Logistikbranche. Doch leider werden die Ratschläge viel zu wenig beachtet. Eigentlich ist es ziemlich simpel. Stellenbewerbungen sollten vollständig, sauber und personenbezogen sein. In die Unterlagen gehören die genaue Anschrift, der Lebenslauf und Arbeitszeugnisse – wobei das letzte nicht älter als sechs Monate sein sollte – sowie allfällige Diplome und Zertifikate. Wer ein Foto mitschicken will, soll ein professionelles Bild auswählen. Die eingereichten Unterlagen sind Einwegware und sollten deshalb für jede Bewerbung neu und vor allem individuell auf die ausgeschriebene Stelle angepasst erstellt werden. Wir schätzen es, wenn Bewerber Bezug nehmen auf eine Person im Unternehmen, die wir zuordnen können und die einen Bezug zu Agility herstellt.


Hans Bossard, Leiter Geschäftsbereich Bildung und Mitglied der Geschäftsleitung, GS1 Schweiz

«Manager gibt es viele – aber Supply Chain Manager sind rar.»

Hans Bossard, Leiter Geschäftsbereich Bildung und Mitglied der Geschäftsleitung, GS1 SchweizGS1 network: Wie definieren Sie den Begriff «Karriere»?
Hans Bossard: Die Karriere umschreibt den beruflichen Werdegang über die verschiedenen Stationen in Bezug auf vergangene und aktuelle Funktionen und Verantwortungsbereiche. Aus der Beschreibung ist somit ersichtlich, welche Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung die Person auf ihrem bisherigen beruflichen Werdegang innehatte. Der Begriff Karriere ist wertfrei. Erst die aufgeführten Funktionen mit den verbundenen Führungsspannen und deren Komplexität lassen eine objektive Bewertung zu.

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen von Frau und Mann in der Logistik?
Die Logistik ist ein immer wichtiger werdender Wirtschaftszweig in der Schweiz, in Europa, aber auch weltweit.
Sowohl Frau wie Mann haben die Chance, sich im Berufsfeld Logistik/ Supply Chain Management weiterzuentwickeln. Allerdings nur über stufengerechte und praxisorientierte Weiterbildungsmassnahmen. Der Druck auf Nachwuchskräfte, sich laufend weiterzubilden, steigt. Dies nicht nur um eine nächste Sprosse zu erklimmen, sondern auch um den aktuellen Job zu sichern. Und da gilt es vor allem die Logistikerinnen zu motivieren, damit sie mit den Männern gleichziehen und ihre Chancen gleichberechtigt wahren können.

Welche Qualifikationen erwarten Sie von Führungskräften in der Logistik?
Führungskräfte müssen vertiefte Fachkompetenz in der Bearbeitung komplexer und vernetzter Problemstellungen der inner-und überbetrieblichen Logistik aufweisen und die Möglichkeit, diese in der Praxis anwenden zu können. Sie müssen Logistiklösungen für Betriebe, Verwaltungen und andere wirtschaftliche Einheiten als Verantwortlicher für Waren-, Informations-und Wertefluss entwickeln, einführen und umsetzen können. Eine breite Methoden-, Selbst-und Sozialkompetenz gehört ebenso dazu wie die Fähigkeit, Managementaufgaben wahrzunehmen.

Welchen Stellenwert hat das Berufsbild «Supply Chain Manager» heute und morgen?
Der Supply Chain Manager wird in Zukunft noch vermehrt an Bedeutung gewinnen, denn er vernetzt Abteilungen und Unternehmen, gestaltet Unternehmensnetzwerke, führt Methoden und Werkzeuge zu einem neuen Ganzen zusammen und erzielt so für das Unternehmen echte Wettbewerbsvorteile. Supply Chain Manager ist ein Beruf mit hervorragenden Zukunftsperspektiven. Manager gibt es viele – aber Supply Chain Manager sind rar.

Nennen Sie bitte drei Tipps, die ein Bewerber beherzigen sollte.
Generell muss ein Bewerber überzeugend begründen können, warum ihn die Position interessiert und welche Motivation und welche Fähigkeiten er für den Job mitbringt. Das setzt voraus, dass sich der Bewerber eingehend mit der Stellenbeschreibung und dem Arbeitgeber auseinandersetzt und sich auf das Bewerbungsgespräch vorbereitet. Üben Sie, indem Sie im Vorfeld mit Freunden oder Bekannten ein Vorstellungsgespräch inszenieren. Bereiten Sie drei oder vier sachbezogene Fragen vor.


Hanspeter Fox, Mitglied der Geschaftsleitung und Verwaltungsrat, Paul Leimgruber AG, Pratteln

«Der Stellenwert des Supply Chain Managers wird in Zukunft noch steigen.»

Hanspeter Fox, Mitglied der Geschaftsleitung und Verwaltungsrat, Paul Leimgruber AG, PrattelnGS1 network: Wie definieren Sie den Begriff «Karriere»?
Hanspeter Fox: Karriere bezeichnet die berufliche Laufbahn. Sie führt im besten Fall zur Selbstverwirklichung. Wir arbeiten nicht nur ein Leben lang, sondern übernehmen Verantwortung, lernen und entwickeln uns nach unseren Vorstellungen weiter. Karriere bedeutet, einen Plan in Bezug auf seine berufliche Entwicklung zu haben. Wir erarbeiten uns Möglichkeiten und nehmen uns gegebene Chancen wahr. Dort, wo unsere mittelfristigen Berufsziele erreicht werden und unser individueller Karriereplan insgesamt aufgeht, lässt sich von Erfolg sprechen. Ein Zeichen einer erfolgreichen Karriere kann finanzielle Freiheit und Unabhängigkeit sein. Entscheidend für die Realisierung einer Karriere in diesem Sinn sind nicht nur der persönliche Wille und die Leistungsbereitschaft, sondern auch die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen.

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen von Frau und Mann in der Logistik?
Die Erfolgschancen für Frau und Mann sind in der Logistik bei vergleichbarer Ausbildung und Berufserfahrung grundsätzlich gleich hoch. Allerdings gibt es in unserem Betrieb wie auch in anderen Logistiksparten Arbeitsgebiete, die eher Männer interessieren und anziehen. Hierunter zählen viele Aufgabenbereiche im Lager, im Containerdepot oder in der Werkstatt sowie auch das Transportieren von Gütern im Lkw. Wir haben nur wenige Frauen, die als Lkw-Chauffeusen arbeiten. Ihre Leistungen und somit ihre Erfolgschancen sind aber ebenso hoch wie die der männlichen Chauffeure. Im Bürobereich haben wir überall erfolgreiche Frauen, in den Abteilungen Personal und Finanzen wie auch im operativen Bereich. Die Aufstiegs-und Entwicklungschancen innerhalb unseres Betriebs hängen ebenso wenig vom Geschlecht ab wie die Eintrittschancen in unseren Betrieb.

Welche Qualifikationen erwarten Sie von Führungskräften in der Logistik?
In unserem Unternehmen erwarten wir fachliche Kompetenz, Leistungsbereitschaft, Führungsfähigkeiten und Verantwortungsbewusstsein. Die nötige fachliche Kompetenz variiert je nach Aufgabengebiet. Wichtig ist jedoch stets, dass die Führungsperson auf ein gutes Beziehungsnetz im Interesse unseres Betriebs zurückgreifen kann. Von einer Führungsperson erwarten wir Ausdauer und Disziplin im Verfolgen und Erreichen eines vereinbarten Ziels. In diesem Punkt wie auch allgemein hat die Führungsperson eine Vorbildfunktion gegenüber den Mitarbeitenden. Sie soll glaubwürdig mit gutem Beispiel vorangehen. Zu den Führungsqualitäten zählen wir die Fähigkeit, Mitarbeitende richtig einschätzen und einsetzen sowie ein motiviertes Team bilden zu können. Die Führungsperson soll die Leistungen der Mitarbeitenden anerkennen, Unterstützung leisten und eine klare Kommunikation verfolgen. Sie muss vereinbarte Leistungen beim Mitarbeitenden einfordern können, aber sich ihm gegenüber ebenso fair, menschlich und sozial verantwortungsbewusst verhalten.

Welchen Stellenwert hat das Berufsbild «Supply Chain Manager» heute und morgen?
Die Logistik ist für Industrie-und Handelsunternehmen von entscheidender Bedeutung. Insofern hat der Supply Chain Manager, der die gesamte Beschaffungs-und Distributionslogistik organisiert, eine hohen Stellenwert im Unternehmen. Er verantwortet einen grossen Kostenblock und trägt zu reibungslosen Betriebsabläufen in der Logistik, aber auch in angrenzenden innerbetrieblichen Bereichen wie Produktion, Einkauf oder Marketing bei. Zur erfolgreichen Bewältigung dieser Aufgabe benötigt er ein umfassendes Wissen, das weiter reicht als die Logistik im engeren Sinn. Er sollte auch ein grosses Verständnis für Informationstechnik mitbringen, die zur Planung und Steuerung der Lieferketten immer wichtiger wird. Der SCM ist heute aufgrund seiner Bedeutung in vielen Unternehmen Mitglied der Geschäftsleitung. Dieser Stellenwert dürfte zukünftig noch steigen.

Nennen Sie bitte drei Tipps, die ein Bewerber beherzigen sollte.
Erstens: Der Bewerber sollte sich im Vorfeld der Bewerbung gute Fähigkeiten aneignen und Zeit in seine Aus- und Weiterbildung investieren. Mindestens ebenso bedeutend sind aber zweitens die Berufserfahrung sowie ein gutes, branchenrelevantes Beziehungsnetzwerk. Das Netzwerk verhilft dem Bewerber nicht nur zu höheren Erfolgschancen bei der Bewerbung, sondern führt oft direkt zu einer Anstellung. Und dritttens ist es bei der Bewerbung wichtig, die oben genannten Punkte belegen und glaubhaft in der schriftlichen Bewerbung sowie im Vorstellungsgespräch auftreten zu können.


Yves-André Jeandupeux, Leiter Personal, Mitglied der Konzernleitung, Die Schweizerische Post

«Das fachliche Know-how nützt wenig, wenn die Nähe zur Basis fehlt.»

Yves-André Jeandupeux, Leiter Personal, Mitglied der Konzernleitung, Die Schweizerische PostGS1 network: Wie definieren Sie den Begriff «Karriere»?
Yves-André Jeandupeux: Karriere bedeutet für mich, eine Position innezuhaben, in der ich meine Fähigkeiten und mein Wissen einsetzen und Verantwortung übernehmen kann. Dazu gehört auch, gefordert und offen für Veränderungen zu sein. Eine Karriere um der Karriere willen halte ich für wenig sinngebend: Es braucht also auch Spass und Befriedigung bei dem, was man tut.

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen von Frau und Mann in der Logistik?
Ich bin überzeugt, dass in der Logistik Männer und Frauen dieselben Erfolgschancen haben. Bei PostLogistics, dem Logistikbereich der Schweizerischen Post, sind mehrere Frauen in Kaderpositionen tätig, und das nicht nur in Querschnittsfunktionen wie Kommunikation oder HR, sondern auch für Logistikprojekte oder in der Produktion. Aber wie bei vielen anderen Unternehmen sind auch bei uns die Frauen im Kader klar untervertreten. Deshalb laufen bei uns verschiedene Massnahmen, um die Post als interessante Arbeitgeberin – gerade auch für Frauen auf Kaderstufe – zu positionieren. Letztes Jahr lief eine Initiative, die sich gezielt an berufliche Wiedereinsteigerinnen mit Hochschulabschluss richtete. Ausserdem verfügt die Post über Krippenplätze und ist bestrebt, Arbeitszeitmodelle anzubieten, die es erlauben, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Wir bieten regelmässig Seminare speziell für Frauen an, um ihnen Bedenken gegenüber einer Führungsposition zu nehmen.

Welche Qualifikationen erwarten Sie von Führungskräften in der Logistik?
Nebst Selbst-, Sozial-und Führungskompetenzen haben wir bei Post-Logistics funktionsspezifische Fach- und Methodenkompetenzen für Führungskräfte definiert. Weisen sie im einen oder andern Bereich ein Manko auf, werden gezielte Qualifizierungsmassnahmen umgesetzt. Beispielsweise unterstützen wir Mitarbeitende darin, Wissen über den Logistikmarkt Schweiz zu erwerben bzw. zu vertiefen. Qualifikation ist aber nicht alles. Die Erfahrung zeigt, dass das fachliche Know-how wenig nützt, wenn die Nähe zur Basis fehlt. Deshalb legen wir Wert darauf, dass Manager regelmässig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Paketzentren und in den Lagern besuchen und sich mit ihnen austauschen.

Welchen Stellenwert hat das Berufsbild «Supply Chain Manager» heute und morgen?
Für die Post ist, und das ist bei unseren Mitbewerbern kaum anders, die Funktion des Supply Chain Managers wichtig. Noch wichtiger scheint mir, dass die Philosophie des Supply Chain Management von allen – und nicht nur vom Supply Chain Manager selbst – gelebt wird. Schon bei der Konzipierung und im Design der Logistikservices müssen wir die gesamte Wertschöpfungskette im Auge behalten. Unsere Produktmanager sind sich bewusst, dass die Post oft nur für einen Teil der gesamten Wertschöpfungskette verantwortlich zeichnet. Unsere Services müssen sich nahtlos in die gesamte Wertschöpfungskette der Kunden eingliedern lassen. Gerade mit E-Logistics bietet PostLogistics viele Services an, die Datenflüsse ohne Medienbrüche über die ganze Logistikkette ermöglichen. Auch der Verkauf verschafft sich bei der Betreuung und Beratung unserer Kunden eine Übersicht über deren gesamte Logistikprozesse und kann dann eine umfassende Lösung offerieren. Es reicht nicht, wenn nur der Supply Chain Manager seine Arbeit tut. Auch der Verkäufer lebt bei Kundengesprächen die Philosophie des Supply Chain Managements. Wir hätten einen schweren Stand, wenn dies nicht so wäre. Der Stellenwert des Supply Chain Managers bzw. der Philosophie des Supply Chain Managements wird in Zukunft noch zunehmen. Die Logistik wird in vielen Unternehmen noch etwas stiefmütterlich behandelt, entsprechend sind Einsparpotenziale vorhanden. Je besser die verschiedenen Komponenten einer Supply Chain ineinandergreifen und je besser alle Elemente in die Logistikkette eingebunden werden, desto mehr Einsparpotenzial ist möglich.

Nennen Sie bitte drei Tipps, die ein Bewerber beherzigen sollte.
Erstens: Im Bewerbungsbrief schreiben, warum er oder sie gerade für diese Firma arbeiten will. Zweitens: Das Dossier soll sich visuell und inhaltlich von den anderen abheben, darf also ruhig unkonventionell daherkommen. Und der dritte Tipp geht an die Frauen: Zeigt im Bewerbungsgespräch mehr Selbstvertrauen und Überzeugung! Männer verkaufen sich oft besser als Frauen, sind es aber nicht immer.


Kurt Grünenfelder, Senior Partner, Leiter Logjob AG, Wil

«Nicht stillstehen, Begeisterung zeigen und authentisch bleiben.»

Kurt Grünenfelder, Senior Partner, Leiter Logjob AG, WilGS1 network: Wie definieren Sie den Begriff «Karriere»?
Kurt Grünenfelder: Der Begriff Karriere wird nach wie vor häufig nur als möglichst schnelle Abfolge von hierarchischen «Aufwärtsbewegungen» innerhalb einer oder zwischen verschiedenen Organisationen verstanden. Nach diesem alten Denkmuster können nicht alle «Karriere» machen, sondern nur ein kleiner Anteil, also diejenigen auf Stufe mittleres bis oberstes Kader. Dieses alte Karriereverständnis ist aber mittlerweile überholt und viele Unternehmen fördern auch «fachliche» Karrieren, das heisst eine Verbreiterung in fachlicher oder Projektverantwortung. Karriere in modernem Sinn beinhaltet einen beruflichen Werdegang mit kontinuierlicher Erhöhung von Verantwortung und Kompetenz. Dies setzt voraus, sich laufend weiterzuentwickeln und zu lernen. Letztendlich sprechen wir dann von einer «guten Karriere», wenn es gelingt, die eigenen Fähigkeiten und Interessen im Laufe des beruflichen Lebens so auf die gestellten Anforderungen auszurichten, dass es zu einer optimalen Leistungsentfaltung kommt – also weder zur Unter-noch zur Überforderung. In unserer Beratertätigkeit ist es eines unserer wichtigsten Ziele, Stellensuchenden beim nächsten «Karrieresprung» die Wichtigkeit des Findens dieser optimalen Balance aufzuzeigen.

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen von Frau und Mann in der Logistik?
Generell stellen wir fest, dass die Unternehmen Frauen und Männer gleichwertig behandeln. Aber gerade in der operativen Logistik gibt es noch immer Aufgaben, in denen der geforderte körperliche Einsatz weibliche Bewerberinnen benachteiligt oder abschreckt – zum Beispiel bei Berufen wie Lageristin oder Lkw-Fahrerin. Dies hält viele interessierte Frauen leider davon ab, bei der Berufswahl in die Logistik einzusteigen. Bei operativen Führungspositionen (z.B. beim «Lagerleiter») zeigen manche Firmen bei weiblichen Bewerberinnen Vorbehalte. Oft wird die Durchsetzungsfähigkeit oder Akzeptanz infrage gestellt – vor allem dann, wenn Männerteams aus anderen Kulturkreisen geleitet werden sollen. Bei Supply-Chain-Funktionen in den Bereichen Beschaffung, internationale Spedition, Betriebswirtschaft, Marketing oder Administration sind passende Bewerberinnen aber sehr gerne gesehen – auch bis auf Stufe Top-Kader. Leider sind Frauen hier aber noch immer in deutlicher Minderzahl. Dies wohl als Folge des nach wie vor bestehenden – unseres Erachtens jedoch falschen – Vorurteils, Logistik sei eher typisch männlich.

Welche Qualifikationen erwarten Sie von Führungskräften in der Logistik?
Vor allem vier Dinge:

  • Führungs-und Sozialkompetenz: Dies beinhaltet die Coaching-und Begeisterungsfähigkeit, für seine Mitarbeiter ein optimales Umfeld zu schaffen, welches ihnen Freiraum für Kreativität und persönliches Engagement gibt, um gemeinsam
  • Sprachkompetenz: Aufgrund der zunehmenden Globalisierung sind je nach Branche und Funktion neben den Deutschkenntnissen gute Französisch-und/oder Englischkenntnisse immer zwingender notwendig.
  • Vernetzung: Die Führungskraft kann und muss fachlich nicht alles wissen. Deshalb wird es immer wichtiger zu wissen, wer was kann und weiss und mit wem sich eine Zusammenarbeit lohnt. Dies bedeutet, «Netzwerke zu pflegen» und nachhaltige, faire Partnerschaften und Kooperationen zu schaffen und zu unterhalten.
  • Aus-und Weiterbildung: Die vor bald zwanzig Jahren von Schweizer Bildungsanbietern begonnenen Bestrebungen, Logistiker auf allen Stufen besser auszubilden, tragen Früchte. Als Personalsucher stellen wir heute positiv fest, dass bei offenen Vakanzen vermehrt gut qualifizierte Schweizer Interessenten verfügbar sind. Sie schaffen damit ein Gegengewicht zu den Bewerbern aus dem nahen Ausland, wo die logistische Aus-und Weiterbildung schon seit vielen Jahrzehnten verankert ist.

Welchen Stellenwert hat das Berufsbild «Supply Chain Manager» heute und morgen?
In den Unternehmen braucht es noch mehr vernetztes und prozessübergreifendes Denken und Handeln. Ohne die Zusammenhänge in den einzelnen zifischen Prozess des SCM zu kennen, könnte heute die Auftragsabwicklung ab Lieferant/Hersteller bis hin zum Endverbraucher nicht mehr nach den Grundsätzen der Logistik («6R») bewältigt werden. In der Zukunft wird dieser Prozess weiterhin an Komplexität zunehmen. Auslöser sind dabei weiterhin die Megatrends wie Globalisierung, Technologisierung und Green Logistics. Der neue Lehrgang «dipl. Supply Chain Manager» von GS1 Schweiz geht ganz klar in diese Richtung.

Nennen Sie bitte drei Tipps, die ein Bewerber beherzigen sollte.
Stehen Sie nicht still. Zielgerichtete Weiterbildung parallel zum Werdegang – aber nicht Weiterbildung nur zur Erlangung von Diplomen. Gute Weiterbildung muss immer auch gleichzeitig in der Praxis angewendet und vertieft werden. Signalisieren Sie in der Bewerbung, dass Sie an Weiterbildung interessiert sind. Zeigen Sie ehrliche Begeisterung! Kein Unternehmen sucht desinteressierte Mitarbeiter. Machen Sie Ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber mit Ihrem Interesse und Ihrer Begeisterung klar, weshalb genau Sie hier noch fehlen. Bleiben Sie authentisch. Gesunder Ehrgeiz, gute Selbsteinschätzung, Offenheit im Bewerbungsgespräch ohne «Show» und falsche Angaben: So haben Sie die besten Chancen, Ihren Traumjob zu erhalten.

Die Fragen stellte Joachim Heldt.

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