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Das Leben ist Logistik

Das Leben ist Logistik Stephan Keller – nach einem Start in eine völlig andere Richtung hat er nochmals ganz unten begonnen und das Logistikhandwerk von der Pike auf erlernt. Sein Fleiss, aber auch der Zufall waren ihm treue Gefährten auf dem Weg nach oben.

(uh) Dass er eines Tages als Betriebsleiter zum Kader einer Transport-und Logistikfiliale gehören und als Dozent vor angehenden Logistikfachleuten stehen würde, hätte sich Stephan Keller damals wohl nicht träumen lassen.

Damals, das war vor fast 30 Jahren, als sich der Wirtesohn nach einer mittelmässigen Volksschulkarriere zur grossen Freude seiner Familie entschloss, den Beruf des Kochs zu erlernen. Aber, so sagt er heute, Koch lerne man entweder aus Berufung oder als Beruf. Bei ihm war es Beruf, und das, so spürte er bald, würde niemals reichen für die grosse «Karriere».

Er hat sie dennoch gemacht, auch wenn er das Wort Karriere nicht mag, auch wenn vieles eher auf den Lauf der Dinge, auf seine Persönlichkeit und weniger auf eine minutiöse Planung zurückzuführen ist. Begonnen hat er jedenfalls ganz unten auf der Logistikleiter. Nach dem frühen Tod seines Vaters kochte und wirtete er trotz aller Vorbehalte gegenüber seinem erlernten Berufvorerst noch im familieneigenen Restaurant. Seine Mutter wollte den Betrieb weiterführen; ihre beiden Söhne sicherten ihr ihre Unterstützungzu. Rückblickend habe die Führung eines Restaurants bereits viel mit Logistik zu tun gehabt - wie so vieles im Leben,wie fast alles gar, sagt Keller. Irgendwann wurde die Mutter müde, die Söhne mochten nicht in die Bresche springen, und das Restaurant wurde verkauft. Stephan Keller stand vor dem Nichts. Aber: «Arbeitslos werden, das kam für mich überhaupt nicht in Frage», sagt er, und er war sich nicht zu schade, als Gabelstaplerfahrer bei der Decorado AG im aargauischen Buchs anzuheuern, einem Betrieb, der Bodenbeläge en gros vertrieb - die erste Sprosse der Leiter war erklommen,wie sich später herausstellen sollte. 

Der Funke ist gesprungen
Zwar machte er noch einen Abstecher in den kleinen Chemiebetrieb eines Freundes der Familie, doch schon bald überzeugte ihn seine ehemalige Chefin, zurückzukommen in die Decorado AG, diesmal nicht mehr als Staplerfahrer, sondern als Verantwortlicher für den Wareneingang. Das Unternehmen war Mitglied der damaligen Schweizerischen Gesellschaft für Logistik SGL; Stephan Keller wurde von seiner Personalchefin in ein Seminar geschickt, das logistisches Basiswissen vermittelte. «Dort bin ich zum ersten Mal bewusst mit Logistik in Berührung gekommen», erzählt er, «und ich habe sofort Feuer gefangen.» Stephan Keller ging auf in seiner neuen Aufgabe, freute sich, dass er jetzt Prozesse mitgestalten konnte; diese Freude ist ihm bis heute erhalten geblieben. Dinge zu bewegen, und das meint er nicht nur im engsten Sinne des Wortes, das ist es, was ihn stets aufs Neue fesselt. Dennoch stellte er bald fest, dass dies allein auf die Dauer nicht ausreichen würde, denn er hatte nichts vorzulegen, was ihn als Logistiker auswies. «Jetzt musst du etwas tun», sagte er sich und kontaktierte die SGL. Dort empfahl man ihm die Ausbildung zum Logistikleiter. Stephan Keller, alles andere als ein Zauderer, schluckte einmal leer und packte den Stier bei den Hörnern. Eine äusserst spannende und interessante Zeit sei dies gewesen, sowohl was das vermittelte Fachwissen als auch die Bekanntschaften betreffe. Das Netzwerk der Teilnehmer aus seinem Lehrgang, den er 2001 abschloss, besteht noch heute.

Immer weiterbilden
Im selben Jahr wurde Stephan Keller Betriebsleiter des mittlerweile ausgelagerten Logistikbereichs der Decorado AG, der in Bodenbelag-Logistik Buchs (BLB AG) umbenannt worden war. In jene Zeit fiel auch die Anfrage der SGL, ob er sich als Prüfungsexperte an den eidgenössischen Berufsprüfungen zum Logistikfachmann EF bzw. zur Logistikfachfrau EF zur Verfügung stellen würde. «Das bedeutete für mich eine weitere Wissensvertiefung und zwang mich, meine Kenntnisse stets auf dem neusten Stand zu halten, eröffnete mir aber auch die Möglichkeit, ein weiteres Beziehungsnetz zu knüpfen.»

2002 dann wurde die Firma verkauft, Keller wechselte auf die Beraterseite, fühlte sich in dieser Position aber nicht wohl, sodass sich ein erneuter Wechsel aufdrängte. Und wieder kam die BLB AG ins Spiel, einmal mehr wurde er zurückberufen in den Betrieb seiner logistischen Anfänge. Diesmal sollte er Geschäftsführer werden und 30 Mitarbeitende führen – eine grosse Herausforderung, aber auch eine grosse Chance, die er sich nicht entgehen lassen wollte. Stephan Keller nutzte sie unter anderem, um ein Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft für Logistikkader zu absolvieren. Das habe noch gefehlt, um sein Profil abzurunden, sagt er.

Doch das Glück war nicht von langer Dauer: Der neue Besitzer stiess die BLB AG wieder ab, der von Stephan Keller erfolgreich aufgebaute Transportbereich wurde zum Teil von der Planzer Transport AG übernommen. «Mich brauchte es nicht mehr.» Planzer sah das jedoch anders und stellte ihn als Betriebsleiter der Filiale Härkingen ein. Das war 2007. «Karrieremässig war das eigentlich ein Rückschritt, doch wissensmässig bin ich hier einen riesigen Schritt vorwärtsgekommen, denn ein grosses Unternehmen bietet viel mehr Möglichkeiten.» Wie alle Planzer-Filialen wird auch jene in Härkingen als Profit-Center betrieben. Sie versteht sich als Komplettdienstleisterin für Transporte und Lagerlogistik; alle Aufträge stehen auf Mandatsbasis. Seit im Jahr 2008 der Neubau in Betrieb genommen wurde, lagern hier auf insgesamt 32 000 Palettenplätzen unter anderem Autoersatzteile und Sanitärprodukte.

Der Mensch im Mittelpunkt
Kein Tag sei wie der andere, schwärmt Stephan Keller, erneut fallen die Worte «bewegen» und «gestalten». Er meint damit die Anpassung der Prozesse an die Bedürfnisse der Mandanten, welche in enger Zusammenarbeit mit Kunden und Mitarbeitenden erfolgt. Oder die Optimierung von Lager und Warenfluss, wo selbst kleinste Schritte zu einem besseren Resultat führen können. Er meint auch den Kontakt mit den 250 Mitarbeitenden der Filiale: «Wer in der Logistik arbeitet, muss Menschen gern haben; alles steht und fällt mit dem Menschen, egal wie ausgereift die Technik ist, die wir einsetzen.»

Seit einem Jahr hat diese menschliche Komponente in seinem Berufsleben noch mehr Gewicht: Als Dozent im Fach Distributionslogistik steht er vor den Kursteilnehmern des GS1 Lehrgangs Logistikfachmann/-frau mit eidgenössischem Fachausweis. Mit Begeisterung erzählt er vom Herzblut der Kursteilnehmer, davon, wie zielstrebig die junge Generation ihre Karriere angehe und wie gut es sei, als älteres Semester von ihr herausgefordert zu werden. Und wie geht es mit ihm selber weiter, wo will Stephan Keller in zehn Jahren stehen? Dazu macht er sich nicht allzu viele Gedanken, sondern konzentriert sich auf seine heutige Aufgabe. Man solle sich zwar eine Richtung geben im Leben, glaubt er, aber man muss immer offen bleiben und nie zu stolz sein, um von anderen zu lernen, denn es gebe immer solche, die es noch besser können. Dank dieser Haltung, so ist er sicher, geht irgendwann eine nächste Türe auf. «Eigentlich möchte ich in der Logistik bleiben, denn die Logistik ist meine Leidenschaft.»

Ursula Homberger

 

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