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RFID kommt in Mode

Eingewobener Antennenfaden mit gekapseltem RFID-ChipLückenlose Kontrolle und Transparenz entlang der textilen Lieferkette bleibt ein Wunsch vieler Unternehmen. Der klassische Barcode stösst hier an seine Grenzen. Einzelhandel und Modemarken suchen nach neuen Möglichkeiten, ihrer Kundschaft besseren Service zu bieten. Ein fest eingenähtes, textiles RFID-Label kommt hier gerade richtig.

(jh) Die Textilbranche ist in Bewegung: zunehmender Wettbewerb, immer mehr Fälschungen, hohe Energiepreise, steigende Ansprüche an Qualität und Flexibilität, kürzer werdende Produktions- und Belieferungszyklen. Um konkurrenzfähig und für die Kundschaft anziehend zu bleiben, werden die Verkaufsgeschäfte teilweise im Zwei-Wochen- Rhythmus mit neuen Waren bestückt. Hinzu kommt, dass die Kundinnen und Kunden individualisierte Produktangebote, rasche Kollektionswechsel sowie einen erstklassigen Kundenservice fordern. Und sie wollen sicher sein, dass die gekauften Produkte echt sind. Um langfristige Kundentreue zu erreichen, wird es zudem für Modemarken immer wichtiger, den Kundinnen und Kunden anstatt blosse Ware ein Einkaufserlebnis zu bieten.


Vielfältige und komplexe Wertschöpfungskette
Der Weg von der Konfektion bis ins Verkaufsregal und zur Kasse ist lang und der Steuerungsaufwand der textilen Supply Chain gross. Verlässliche Informationen über den Produktions- und Lieferstatus, die angelieferte Menge, Bestandzahlen und Ausschussraten sind für die Branche und ihre beteiligten Partner wichtig. Auch für die Warenpräsentation und einen erfolgreichen Verkauf am POS ist die Steuerung der Waren- und Informationsflüsse eine Herausforderung und das Bereitstellen der Daten eine notwendige Voraussetzung.

Nicht allen Beteiligten ist die Wichtigkeit verlässlicher Zahlen bewusst, geschweige denn die Tragweite einer fehlerhaft zusammengestellten Sendung. Erschwerend kommt hinzu, dass Inhaltsangaben und Termine meist noch handschriftlich angebracht werden und die nachträgliche Erfassung der Daten zeitaufwendig und mit Fehlern behaftet ist. Rückfragen werden durch kulturelle Unterschiede oder sprachliche Probleme zusätzlich erschwert.


Ohne Standards geht nichts
Damit die Branche die Probleme oder wenigstens einen Teil davon in den Griff kriegt, werden seit Jahren, mehr oder weniger erfolgreich, unterschiedliche Barcodesysteme eingesetzt. Aber nur eine schnelle und vernetzte Kommunikation auf der Basis etablierter und weltweit gültiger Standards kann den vielfältigen Herausforderungen der Branche langfristig begegnen. Hier helfen die GS1 Standards, die textile Supply Chain und die Warenverfügbarkeit zu optimieren, Produktfälschungen zu vermeiden und die Ware vor Diebstahl zu sichern.

Die standardisierten Identifikationssysteme wurden weiterentwickelt und entsprechen heute mehr und mehr den Bedürfnissen der Textilbranche. Das neuste Beispiel ist die RFID-Technik. Sie kann für mehr Transparenz und Effizienz in der textilen Wertschöpfungskette sorgen, neue Möglichkeiten der Vermarktung und Kundenkommunikation im Ladengeschäft eröffnen und Modemarken wie auch den Einzelhandel im Kampf gegen Diebstahl, Fälschungen und Grauimporte unterstützen.


Die textile RFID-Lösung
Eine erfolgversprechende RFID-Lösung kommt aus der Schweiz. Die Firma TexTrace in Frick hat ein Herstellungsverfahren für textile RFID-Labels entwickelt. In enger Zusammenarbeit mit der Jakob Müller AG, die seit bald 125 Jahren innovative Technologien für die Band- und Schmaltextilienindustrie entwickelt und umsetzt, sind Komponenten und Maschinen entstanden, mit denen gewobene RFID-Labels für die Fashionbranche hergestellt werden.

Beim Etikettenweben wird ein textiler Antennenfaden mit eingewoben. In einem zweiten Prozess wird auf das Webetikett ein gekapselter RFID-Chip aufgebracht. Beide Komponenten sind Eigenentwicklungen und patentierte RFID-Lösungen der TexTrace AG. Das Endprodukt sieht aus wie ein normales Markenlabel und fühlt sich auch so an, eröffnet aber dank der RFID-Funktionalität verschiedenste zusätzliche Nutzenpotenziale.

«Die Kombination von RFID mit dem fest ins Kleidungsstück eingenähten Markenlabel ermöglicht die eindeutige Produktidentifikation auf Artikelebene über alle Prozesse in der Wertschöpfungskette, ist ein wirkungsvoller Schutz gegen Fälschungen und gleich zeitig eine zuverlässige elektronische Artikelsicherung für das Ladengeschäft », erklärt Sybille Korrodi, Leiterin Marketing bei TexTrace. Zudem eröffneten sich zahlreiche Marketingmöglichkeiten, beispielsweise durch die Anzeige von Produktinformationen auf Bildschirmen.

Der eingewobene Antennenfaden verfügt über optimale Frequenzeigenschaften, um die weltweit verwendeten UHF-Signale zu empfangen. Gleichzeitig ist dieser Hochleistungsfaden flexibel und resistent gegenüber textilen Aufbereitungsprozessen und Waschvorgängen. Die eigens von TexTrace entwickelte RF-Montagelinie «verheiratet» das gewobene Label mit dem RFID-Chip: Es verbindet das RF-Chipmodul mit dem Label und führt eine Qualitätsprüfung durch.

Das Beschreiben des RFID-Chips mit den gewünschten Daten kann entweder direkt auf der Maschine erfolgen oder zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Einnähen des Markenlabels in der Konfektion. Mit der integrierten Druckeinheit können die Informationen zusätzlich in Klarschrift aufgedruckt werden. So ist es möglich, bereits zum Zeitpunkt der Markenlabel- Herstellung Daten zur späteren Verwendung auf dem Chip zu speichern und zu visualisieren.

Anschliessend werden die Etiketten auf einer Schneid- und Faltmaschine für die Konfektion vorbereitet. RFID-Labels, die den Qualitätscheck nicht bestanden haben, werden aussortiert. Später wird das textile RFID-Label beim Konfektionär in das Kleidungsstück eingenäht. Das Smart-Label entspricht dem EPCglobal Gen2-Standard für Datenspeicherstrukturen und RFID-Übertragungsprotokolle.


Klein und fein
Durch die ultraflache und kleine Bauweise ist das RF-Chipmodul bestens geeignet, um auf textile Labels aufgebracht werden zu können. Der verwendete RFID-Chip selbst ist kleiner als ein Stecknadelkopf. Dank der vollständigen Kapselung wird der Chip gegen Feuchtigkeit und Chemikalien geschützt, und selbst die beim Bügeln entstehenden Temperaturen können dem Chip nichts antun. Die durch den Faden gebildete Antenne ist verhältnismässig klein, sodass auch Labels von lediglich 20 mm Breite auf mehrere Meter Entfernung gelesen werden können. Wichtig ist auch die Tatsache, dass Chipmodul und Antennenfaden für den Träger des Kleidungsstücks nicht spürbar sind. «Weder ein ekliges Kratzen noch ein Pieksen schränken den Tragekomfort ein», erklärt Sybille Korrodi.


Grosses Nutzenpotenzial
Mit der textilen RFID-Lösung können der Lebenszyklus und Bewegungsdaten zu jedem Kleidungsstück gespeichert und wieder ausgelesen werden. So lassen sich die Prozesse von der Produktion bis zum Geschäft transparenter gestalten und Abverkäufe sowie das Retourenhandling werden optimiert. Der Nachschub wird dank genaueren Daten und schnellerem Datenaustausch mit dem Lieferanten optimiert. Dank der Kennzeichnung sämtlicher Kleidungsstücke erfolgt eine Inventur in kürzester Zeit, und Kunden können über Funktionalitäten, Material oder Herkunft der Kleidungsstücke informiert werden. Ein entscheidender Vorteil für die gesamte Textilbranche ist zudem, dass die fest eingenähte Lösung den Markeninhaber vor Markenpiraterie und Grauimporten schützt.

Die Schweizer Innovation wurde an der Texprocess 2011 in Frankfurt dem Publikum vorgestellt. Das Interesse war gross, so Korrodi. Aber nicht nur die Fashionbranche scheint ein starkes Interesse an der textilen RFID-Lösung zu haben, sondern auch die Medizin und sogar die Luftfahrtindustrie sind auf TexTrace aufmerksam geworden. «Unser Fokus liegt zurzeit auf der Anwendung im Fashionbereich », sagt Korrodi. Nach Feldversuchen mit den textilen RFID-Labels und den Maschinen steht der Markteinführung Anfang 2012 nichts mehr im Weg.

Joachim Heldt

 


Weitere Informationen
TexTrace AG
Schulstrasse 4
CH-5070 Frick

Tel. +41 (0)62 865 51 30
Fax +41 (0)62 865 51 34

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www.textrace.ch

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