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Messen, erfassen, auswerten

Wie gross ist der Anteil der in der Schweiz immatrikulierten Lieferwagen, die im Güterverkehr eingesetzt werden? Auf diese Frage kann heute niemand eine Antwort liefern. Auch die Güterverkehrsstatistik schweigt. Die Daten dazu fehlen!

(gm) Viele andere Fragen können mit den Daten aus der Schweizerischen Güterverkehrsstatistik, welche über hundert Indikatoren umfasst, beantwortet werden. So wissen wir, dass 2012 in der Schweiz 362 000 Sachentransportfahrzeuge im Verkehr standen, das Jahr zuvor 27,7 Milliarden Tonnenkilometer geleistet wurden, davon 63 Prozent allein auf der Strasse, und dass 2010 die LSVA 369 Millionen Franken in die Kassen spülte.

 

Und die Kompatibilität?

Die statistischen Datengrundlagen im Güterverkehr sind im Vergleich zum Personenverkehr weniger aussagekräftig und erlauben keine differenzierten Analysen. Mit den bestehenden Erhebungsinstrumenten lassen sich kaum Daten erzeugen, welche die Vielfalt der Prozessketten in der Logistik stimmig beschreiben. So lassen sich die zunehmenden internationalen Verflechtungen und Abhängigkeiten in Transportketten mit den bestehenden Daten nicht erkennen. Auch der Güterstrukturwandel hin zu leichteren, voluminöseren Gütern mit höheren Ansprüchen an die Qualität der Transportdienstleistungen kann mit den heute gemessenen Grössen nicht erfasst werden. Weiter fehlen statistische Kenngrössen für das Güterverkehrsaufkommen einzelner Branchen in einer Art, die das Transportvolumen mit der Branchenentwicklung verknüpfen liesse. Eine grundlegende Erneuerung der Güterverkehrsstatistiken stellt daher eine zentrale Voraussetzung für verkehrspolitische Entscheidungsprozesse und Prognosen dar. Dabei sollen gleichermassen die Anforderungen für die Güterverkehrsmodellierung und die internationale Kompatibilität berücksichtigt werden.

Bedürfnis nach Güterverkehrsdaten

Die Forschungsstudie «Konzept zur effizienten Erfassung und Analyse der Güterverkehrsdaten» (siehe dazu die Hintergrundinformationen) hatte zum Ziel, die Stärken und Schwächen der Schweizerischen Güterverkehrsstatistik zu identifizieren, Stossrichtungen und Verbesserungsmassnahmen unter Berücksichtigung von Best-Practice- Erfahrungen zu erarbeiten und zu beurteilen sowie Umsetzungsstrategien vorzuschlagen. Aus den Verbesserungen der amtlichen Güterverkehrsstatistik kann auch die Logistikmarktstudie Schweiz unmittelbar profitieren. Im Rahmen der Studie wurde im Jahr 2010 eine Onlinebefragung zu Nutzung, Eignung und Wünschen bezüglich Güterverkehrsdaten in der Schweiz durchgeführt. An der Befragung nahmen 159 Personen aus Politik, Wirtschaft, Verbänden sowie Beratungsund Planungsunternehmen teil. Die Ergebnisse wurden im Rahmen von etwa zehn Expertengesprächen vertieft analysiert.
Die Auswertung der Umfrage ergab einen Bedarf nach einer stärkeren Ausrichtung der Güterverkehrsstatistik auf Logistik, Agglomerationen, Nachhaltigkeit und Umwelt sowie auf die Anforderungen aus der Güterverkehrsmodellierung. Die vollständige Studie wird demnächst in elektronischer Form auf www.mobilityplatform.ch zur Verfügung stehen. Abbildung 1 zeigt die Bedeutung der Statistikmerkmale nach Akteursgruppen. Dargestellt sind nur die Fälle mit hoher Zustimmung. Leere Felder bedeuten ein mittelmässiges oder nicht vorhandenes Interesse.

Gut, aber auch verbesserungsfähig

Die Schweizerische Güterverkehrsstatistik zeigt ihre Stärken in der hohen Aussagekraft verkehrsträgerbezogener Kennwerte und der Verfügbarkeit von langjährigen Zeitreihen und geniesst auch im europäischen Vergleich Vorbildcharakter. Als Schwäche werden das Fehlen von originären Versender- Empfänger-Beziehungen und Lücken bezüglich logistikrelevanter Indikatoren aufgeführt. Um in Zukunft noch aussagekräftigere und vergleichbare Daten zu erheben, werden in der Studie insgesamt 24 Verbesserungsmassnahmen aufgegriffen. Zehn Massnahmen werden vertieft behandelt. Abbildung 2 zeigt deren Bewertung im Überblick.
Bei den Massnahmen werden methodisch drei Typen unterschieden:

  • Massnahmen, welche bestehende Daten neu aufbereiten oder auswerten: zum Beispiel zusätzliche Auswertungen der automatischen Strassenverkehrszählungen zur Ermittlung von Kennzahlen zur Auslastung der Infrastruktur
  • Massnahmen, welche die Ergänzung, Erweiterung und / oder Integration von bestehenden Statistiken / Datenbanken vorsehen: zum Beispiel die Zusammenstellung einer konsistenten Anschlussgleisstatistik
  • Massnahmen, welche neue Erhebungen vorsehen: zum Beispiel die Erhebung von Kenngrössen zur Logistik

Von den 24 betrachteten Massnahmen werden 14 zur Umsetzung empfohlen; darunter fallen neun Massnahmen, die im Rahmen der Studie vertieft wurden. Da die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen des Bundesamtes für Statistik und der Transportund Logistikbranche jedoch beschränkt sind, ist die gleichzeitige Weiterentwicklung und Umsetzung von mehreren Massnahmen, inklusive der Entwicklung von neuen Erhebungen, kaum vorstellbar.
Im Rahmen des Projekts wurden vier Umsetzungsstrategien identifiziert, welche sich vorwiegend in den Prioritäten und der zeitlichen Staffelung der Umsetzung der Massnahmen unterscheiden. Eine davon beinhaltet die Schliessung der thematischen Lücke «Logistik» (siehe Abbildung 3). Die Massnahme B3 – Lieferwagenerhebung – ist seit diesem Jahr in der Umsetzungsphase. Dank dieser Erhebung wird es im Jahr 2014 möglich sein, die eingangs gestellte Frage nach dem Anteil der im Güterverkehr eingesetzten Lieferwagen zu beantworten.

Gianni Moreni
Rapp Trans AG, Zürich

 

Hintergrundinformation
Dieser Artikel fasst die Ergebnisse des Forschungsberichts «Konzept zur effizienten Erfassung und Analyse der Güterverkehrsdaten» zusammen. Die Studie wurde auf Antrag der Vereinigung der Schweizerischen Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten (SVI) als Teilprojekt A im Forschungspaket «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz» des ASTRA/UVEK integriert. Die Studie wurde zwischen 2009 und 2013 durch die Arbeitsgemeinschaft Rapp Trans AG (Lead) – Lehrstuhl für Logistikmanagement HSG – ProgTrans AG durchgeführt. Vertreter aus der Verwaltung sowie aus der Transport- und Logistikbranche waren in der Begleitkommission vertreten. Die vollständige Studie wird demnächst auf www.mobilityplatform.ch in elektronischer Form zur Verfügung stehen.

Rapp Trans
Innerhalb der Rapp Gruppe bildet Rapp Trans das interdisziplinäre Kompetenzzentrum für Mobilität, Verkehr und Transport. Mit Fachwissen und Erfahrung in den Bereichen Ingenieurwesen, Ökonomie, Geografie und Raumplanung, Informatik und Telekommunikation arbeitet das Unternehmen an den optimalen Lösungen für den Individualverkehr, den öffentlichen Verkehr, den Personen- und den Gütertransport der Zukunft. Mit über 70 Mitarbeitenden in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den Niederlanden zählt Rapp Trans auch international zu den führenden unabhängigen Beratungsfirmen auf diesem Gebiet und befasst sich mit allen Fragestellungen des Verkehrswesens. Weitere Informationen: www.rapp-trans.ch

 


 

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