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Prognostizierte Versandströme? Big Data macht es möglich!

Stefan RegliStefan Regli, Leiter E-Commerce bei der Schweizerischen Post und Mitglied der Geschäftsleitung von PostLogistics, über das Online-Weihnachtsgeschäft, Paketmengen- Rekorde bei der Schweizerischen Post und Big-Data-Experimente in den USA.

GS1 network: Wenn Stichworte wie Online-Versandhandel und E- Commerce im Big-Data-Zeitalter fallen, ist reflexartig von Dynamik und Wachstum die Rede. Hat dieser Reflex in der Schweiz immer noch seine Berechtigung?
Stefan Regli: Generell hat sich das Wachstum im Distanzhandel in der Schweiz etwas verlangsamt. Dynamischen 9,7 Prozent aus dem Jahr 2013 stehen 3,4 Prozent im ersten Halbjahr 2014 gegenüber. Aber was ist eigentlich Wachstum? Dieses Plus bezieht sich auf den Umsatz. Das bringt uns als Schweizerische Post zunächst nicht sehr viel, weil wir natürlich vor allem vom Volumen leben. Dazu gehören die Anzahl Pakete, das Volumen im Onlinepayment von PostFinance sowie die Briefmenge im Direct Marketing.

Aber auch dieses abgeflachte E- Commerce-Umsatzplus hat einen Einfluss auf Ihre Paketmenge?
In den ersten drei Quartalen 2014 konnten wir ein Paketwachstum von rund zwei Prozent generieren. Damit sind wir zufrieden, denn bei über 114 Millionen Paketen jährlich ist das eine stattliche Mehrmenge an Sendungen. Und der Distanzhandel trägt seinen Teil dazu bei.

Wohin wird denn die Reise zum Ende des Jahres gehen?
Wir gehen maximal von einem zweiprozentigen Wachstum aus. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt eine vage Prognose, denn im Online-Weihnachtsgeschäft kann noch sehr viel passieren.

Das heisst, 2014 wird abermals ein Rekordjahr bei der Paketmenge?
Das ist unser Ansporn. Im vergangenen Jahr haben wir ja bereits ein neues Höchstvolumen erreicht, und ich bin der Überzeugung, dass wir das in diesem Jahr nochmals toppen werden.

Gratulation! Aber mal losgelöst vom Online-Weihnachtsgeschäft: Erkennen Sie generelle Tendenzen im Online-Versandhandel?
Neben der allgemeinen Erkenntnis, dass die zweite Jahreshälfte immer stärker ist als die erste, erkennen wir, dass Branchen, die inzwischen gut etabliert sind, weniger grosse Wachstumssprünge verzeichnen als in den letzten Jahren, zum Beispiel Textilien oder Bücher. Andere Branchen wachsen aber nach wie vor stark, etwa Heimelektronik oder Sportartikel. Dadurch ist das Wachstum des Onlinehandels immer noch solide. Interessant ist auch, dass der Konsument sehr stark auf Wetterschwankungen reagiert. Der Juli war beispielsweise ein sehr guter Monat, weil das Wetter schlecht war. Auch Wochenenden mit schlechtem Wetter, für uns beide als Privatpersonen nicht unbedingt angenehm, sind für den Onlinehandel sowie für mich geschäftlich sehr gut.


«Big Data ist ein Treiber für die Entwicklung neuer Dienstleistungen»: Stefan Regli, Leiter E-Commerce bei der Schweizerischen Post und Mitglied der Geschäftsleitung von PostLogistics.


Ein wichtiger Trend im E-Commerce ist Big Data. Sehen Sie das auch so?
Absolut. Das Datenvolumen, das uns erreicht, ist enorm. Die Datenverarbeitung und auch die effiziente Nutzung dieser unglaublich grossen Datenmengen werden immer wichtiger. Die Daten können für vieles genutzt werden, was für Onlinehändler und -kunden wichtig ist.

Können Sie Beispiele nennen?
Beispielsweise für die Belieferung an einem bevorzugten Tag zu einem bestimmten Zeitpunkt am präferierten Ort, etwa zu Hause oder an einem My Post 24-Automaten. Dafür müssen wir aber die Präferenzen der Kunden kennen. Die Daten im Hintergrund geben uns die notwendigen Informationen preis, um diese Prozesse zu steuern. In den USA gibt es interessante Experimente. Amazon berechnet aufgrund von Prognosewerten entsprechende Versandströme. Beispielsweise werden bei Bestellungen zeitgleich Wahrscheinlichkeitsrechnungen durchgeführt. Und auf dieser Basis wird bereits vorkommissioniert. Faktoren, die hier hineinspielen, sind die vom Kunden bisher getätigten Bestellungen und die Produkte, die er sich bisher angesehen hat, Wetterprognosen, Tweets oder Facebook-Posts, die Verweildauer mit dem Cursor auf einem Bild und so weiter und so fort. Diese Datenereignisse werden anschliessend per Algorithmus ausgewertet.

Arbeiten Sie derzeit an einem konkreten Big-Data-Projekt?
Natürlich überlegen wir uns, wie wir die Datenmengen für die Prozessoptimierung nutzen können. Wir versuchen diese Daten sinnvoll und logisch auszuwerten, um daraus logistische Services oder auch Marketingangebote ableiten zu können. Für uns ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten. Das Ziel ist, mit zusätzlichen Leistungen unseren Kunden Komfort zu bieten. Big Data ist hier ein Treiber für die Entwicklung neuer Dienstleistungen.
Davon profitieren die Geschäftskunden, die ihre Angebote auf die Bedürfnisse der Kunden zuschneiden können, wie auch die Empfänger, die die Angebote im E-Shop bestellen und von einer Logistik profitieren, die immer massgeschneiderter wird. Hier stehen wir am Anfang einer Entwicklung. Aber bei aller Euphorie über Big Data: Es gilt, den Datenschutz zu respektieren.

Die Fragen stellte Tim-Oliver Frische.

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