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Reifenaufbereitung: synchron und effizient

Der Reifenerneuerungsprozess im neuen Lifecycle-Werk von Continental erfordert ein enges Zusammenwirken von Produktion und Logistik. Zur Steuerung der Abläufe setzt der Automobilzulieferer auf eine direkte Kopplung zwischen Warehouse- (SAP EWM) und Fertigungsmanagement-System (SAP ME).

Verringerung von CO2-Emissionen und der sorgsame Umgang mit Ressourcen sind zentrale Themen unserer Zeit. Dieser Herausforderung stellt sich Continental mit einem bislang einmaligen Ansatz aus Heiss- und Kalterneuerung für Lkw-Reifen, bei dem weniger Energie verbraucht wird als bei der Fertigung von Neureifen. Kunden können somit von günstigeren Preisen profitieren. Operative Grundlage für das Geschäft ist das neue Lifecycle-Werk von Continental am Standort Hannover Stöcken.

Integrierte Lösung für Lager und Fertigung gesucht
Da der Reifenerneuerungsprozess ein enges Zusammenwirken von Produktion und Logistik erfordert, entschied sich das Unternehmen, eine integrierte Softwarelösung für die Steuerung von Lager- und Fertigungsprozessen einzusetzen. Die Ausschreibung basierte auf einem durch Continental entwickelten Lastenheft. Gesucht wurde ein Partner, der eine Lösung aus einer Hand anbieten kann und die Erfordernisse der Fertigung und des Warehousing bereits im Standardpaket abdeckt. Ausserdem war ein Projektansatz gefordert, über den eine Integration der Anwendung in die konzernweite SAP-gestützte Enterprise-Resource-Planning-Landschaft (ERP) von Continental erreicht werden sollte.
Das SAP-Projekthaus IGZ aus Falkenberg hat überzeugt: Die vorgestellte Softwarelösung basiert auf SAP Manufacturing Execution (ME) für die diskrete Fertigung sowie SAP Extended Warehouse Management (EWM) zur Abdeckung logistischer Funktionalitäten wie Lagerhaltung und Transport. Als Manufacturing Execution System (MES) ergänzt SAP ME die Funktionalität der ERP-Software. «Damit ist über die Produktionsplanung hinaus eine integrierte Produktionssteuerung und -abwicklung für den Shop-Floor verfügbar», sagt IGZ-Geschäftsführer Johann Zrenner. Mit SAP EWM steht ergänzend eine funktionelle Plattform für die Produktionslogistik zur Verfügung, um eine enge Integration zwischen Logistik und Produktion zu realisieren.

Dynamische Produktionssteuerung per Datenfunk
Heute werden die angelieferten Reifenkarkassen bereits vorab automatisiert an das Produktionsmanagement-Modul avisiert; der Bestand ist unmittelbar über das Production Operator Dashboard in der Manufacturing Software als Arbeitsvorrat ersichtlich. «Mit dem Aufkleben des neu generierten Barcodes im Wareneingang erhalten die Reifen eine neue Identität», erklärt Lingling Luo, Head of Finance and Controlling des Continental-Werks in Stöcken.
Die Karkassen werden zuerst visuell in Augenschein genommen und durchlaufen dann den «Shearographen», wo sie in einem Drucktest auf Beschädigungen überprüft werden. Die Ergebnisse werden in der MES-Lösung erfasst und dokumentiert. In der Folge werden die Karkassen sortenrein auf Gestelle gelegt und über den Radiofrequenz-Einlagerdialog (RF) an das Zwischenlager übergeben. Der Übergang ins Pufferlager bildet die Schnittstelle zwischen ME und EWM.
Die weiteren Produktionsschritte sowie das Triggern von Nachschub aus dem Produktions- beziehungsweise Zwischenlager direkt an die anfordernden Produktionsarbeitsplätze werden wiederum aus dem Produktionsmanagement-System heraus gesteuert. Daraufhin werden in der Lagerverwaltungssoftware automatisch die zugehörigen Auslagerungen und der Transport zum Produktionsarbeitsplatz mittels SAP-EWM-Datenfunk-Transaktion durchgeführt.

Von der Abraustation bis zur Vulkanisierung
Die so bereitgestellten Karkassen durchlaufen in einem ersten Schritt die Abraustation, wo die Lauf- und Seitenstreifen des Reifens abgeschliffen werden. In diesen Prozess hat Continental ein Verfahren integriert, bei dem das Abriebmaterial aufgefangen und in einer Recyclinganlage wiederaufbereitet wird. Alle Produktionsmaschinen werden von der Manufacturing Execution Software über eine standardisierte Schnittstelle mit Daten versorgt. Auf das «Rauen» folgt die Reparatur. Die für die Wiederaufbereitung geeigneten Karkassen werden im Anschluss entweder der Kalt- oder der Heissrunderneuerung zugeführt.
Bei der Kaltrunderneuerung wird ein bereits profilierter und vorvulkanisierter Laufstreifen aufgebracht. Der so vorbereitete Reifen wird dann in einen Heizschlauch verpackt und einem Druckbehälter übergeben. Nach der Fertigstellung ist der runderneuerte Reifen bereit für die Endprüfung am Prüfarbeitsplatz. Im Zuge der Heissrunderneuerung wird das neue Material für Lauf- und Seitenstreifen direkt vom Extruder auf die abgeraute Karkasse aufgebracht. Die gewünschte Mischung wird dabei automatisch über die Software erfasst und gegen hinterlegte Rezepturen validiert. Die somit erreichte Prozessverriegelung ist in der Reifenwiederaufbereitung unerlässlich.
Anschliessend wird die so belegte Karkasse oder «Green Tire» in der Ofenanlage oder «Curring»-Presse mit dem gewünschten Laufflächenprofil unter Druck neu abgeheizt und vulkanisiert. Dabei werden auch die Seitenwände erneuert, sodass die Reifen in den aktuell 18 Pressen neu gebacken wer- den. Das Ergebnis wird visuell kontrolliert und durchläuft dann eine Druckprüfung.

Projektabschluss in wenigen Monaten
Die Einlagerung der runderneuerten Reifen in das Fertiglager wird ebenfalls über das Produktionsmanagement- System angestossen. Über einen Sortierdialog erfolgen die Übernahme in das Warehouse-Modul sowie die Übergabe an das Fertiglager. Aktuell werden in Stöcken ungefähr 300 Reifen pro Tag wiederaufbereitet. Bei voller Auslastung soll die neue Fertigungsstätte eine Produktionskapazität von etwa 700 Reifen pro Tag aufweisen. Dann werden für die Runderneuerung 20 Produktionsarbeitsplätze und 28 Pressen zur Verfügung stehen.
Die Werkerstationen werden ebenfalls über das MES-Modul verwaltet und gesteuert. «Das Zeitfenster für die Fertigstellung des Werks war knapp bemessen. Auch die Implementierung von SAP ME/EWM war ein sportliches Projekt», schildert Lingling Luo. Sie zeigt sich sehr zufrieden mit dem erreichten Ergebnis: Von der ersten Spezifikation bis zur Aufnahme des Produktivbetriebs nach dem Go-Live der ersten Projektphase «Produktionsab lauf» sind lediglich sechs Monate vergangen. Die Phase zwei «Maschinenanbindung» konnte im März 2014 erfolgreich abgeschlossen werden. Continental plant, auch zukünftig auf das Know-how des Software- und Beratungshauses zu setzen. Es wird über die Umsetzung weiterer SAP-ME/EWM- Projekte in den in Mexiko und Malaysia angesiedelten Reifenaufbereitungswerken von Continental nachgedacht.

Andreas Spiegel
Projektierer für SAP Manufacturing bei der IGZ GmbH, www.igz.com

Migration SAP WM auf SAP EWM/TM Template im Logistikcenter Neuendorf
In der Reifendistribution hat Continental im Zuge eines internationalen Modernisierungsprojekts die individuelle, auf Continental zugeschnittene SAP-WM-Lösung «WAMOS» gegen SAP EWM als strategische Plattform ersetzt. Des Weiteren wird für das Frachtkostenmanagement das SAP Transportation Management (TM) eingesetzt. Heute wird unter anderem das Logistikcenter im solothurnischen Neuendorf bereits erfolgreich mit SAP EWM betrieben. «Durch das weltweite SAP EWM Template sind wir für Business-Anforderungen bestens aufgestellt», berichtet Bernhard Siegmund, CC Logistics Global bei der Continental AG

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