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Medizin in Bild und Ton

Telemedizin wird die persönliche Arzt-Patienten-Kommunikation niemals ersetzen können. Es gibt aber eine Reihe von Anwendungsfällen, in denen Videoconferencing und eine hochwertige virtuelle Kommunikation den Praxis- oder Spitalalltag erleichtern und zudem Zeit und Kosten sparen.

Geht es um die Gesundheit, so präferieren die meisten Menschen den persönlichen Kontakt zu ihrem Arzt. Doch erst kürzlich schlug der Verein Hausärzte Zürich Alarm: Viele Allgemeinmediziner sind so überlastet, dass sie Patienten ablehnen müssen. Auf dem Land wiederum mangelt es an Ärzten, weil es immer weniger Mediziner dorthin zieht und darum gestandene Praxen keine Nachfolger finden. Auch in den Spitälern klagen die Assistenzund Oberärzte über zu viele Überstunden und akuten Handlungsbedarf bei der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Fachärzte und Spezialisten sind rar. Gleichzeitig reisst die Diskussion über die steten Kostenschübe im Gesundheitswesen nicht ab.  

Zukunft Telemedizin
Technologien wie die Telemedizin sollen Abhilfe schaffen. Doch der Onlineoder Videosprechstunde haftet nach wie vor etwas Futuristisches an. Selbst die Experten sind sich uneinig. Einige halten die zunehmende Virtualisierung im Arzt-Patienten-Dialog für problematisch; es brauche für eine ordentliche Diagnose ein Gespräch und eine Untersuchung, was per Video oder Webcam nicht möglich sei, wird moniert. Andere sehen in der Nutzung neuester Technologien die Zukunft der Medizin widergespiegelt und schätzen die Telemedizin als komfortable Ergänzung der traditionellen Sprechstunde.

Entflammt ist die Debatte erneut bei der Lancierung des Online-Start-ups deindoktor.ch, das Patienten telemedizinisch berät. Für dessen Initianten bietet die Sprechstunde per Webcam mehr Vorteile als eine telefonische, deren Akzeptanz mittlerweile eigentlich unbestritten ist. Videolösungen kommen somit zwar langsam, aber unaufhaltsam im Gesundheitswesen an.

Hohe Anforderungen und Vielfalt beim Einsatz
Natürlich ist den Bedenken Rechnung zu tragen, dass die Messlatte an die Leistungsfähigkeit einer technischen Plattform ebenso hoch angesetzt werden sollte wie an die medizinische Kompetenz der Ärzte. Da im Zentrum der Dialog und die medizinische Diagnostik stehen, müssen sich die Ärzte und medizinischen Helfer darauf verlassen können, dass die Videokonferenzplattform hochwertig und zugleich einfach bedienbar ist. Und zwar so bedienerfreundlich, dass sie ohne speziellen technischen Support problemlos in die Praxis und die medizinische Behandlung integriert werden kann. Ebenso muss der virtuelle Praxisbesuch über Standardgeräte wie Tablets, Smartphones und PCs sowie eine Standard-Internetverbindung möglich sein. Doch Lösungen aus dem privaten Umfeld, wie beispielsweise Skype, erreichen nicht die geforderte Qualität respektive den in diesem sensiblen Umfeld erforderlichen Sicherheitsstandard.

Die Anwendungsszenarien für ein professionelles HD-Videokonferenzsystem sind dafür ausserordentlich vielfältig: Spitäler, Forschungszentren und Arztpraxen können miteinander und mit ihren Patienten in High-Definition- Qualität visuell verbunden werden. Dabei spielt es im Prinzip keine Rolle, ob es um Routineuntersuchungen, Überwachung, Informationsaustausch oder Beratung geht. Auch die Ausund Weiterbildung von medizinischem Fachpersonal kann durch Videoconfe rencing bereichert werden, indem beispielsweise gefragte Fachleute, deren Terminkalender eine reale Dozentur nicht zulässt, virtuell ihre Expertise weitergeben.

Im Einsatz sind Videokonferenzen auch bereits als virtuelle Sprechstunden für chronisch kranke, ans Haus gebundene oder in ländlichen Gegenden wohnende Patienten, wo der Zugang zu Spezialisten schwierig ist und weitere Entfernungen überbrückt werden müssten. Gerade bei der Behandlung langwieriger und chronischer Krankheiten kann eine hochwertige Videokommunikation den Gang in die Praxis ersetzen, denn Arzt und Patient kennen sich in dem Fall in der Regel bereits länger und allfällige Fehldiagnosen sind praktisch ausgeschlossen.

Doch Videoconferencing kann auch lebensrettend sein: In ländlichen Gegenden, in denen nicht zwingend alle Krankenhäuser und Kliniken Neurologen beschäftigen, kann ein Patient innerhalb von wenigen Minuten für eine unter Umständen lebensentscheidende Diagnose mit einem Spezialisten verbunden werden. Und generell kann in Notfällen eine schnelle und koordinierte Versorgung über Leben und Tod entscheiden; Notfallkonsultationen per Videokonferenz zwischen mehreren Ärzten ermöglichen eine Diagnose in Echtzeit, wenn Spezialwissen so rasch als möglich geteilt oder Zweit- und Drittmeinungen eingeholt werden müssen. Videoconferencing lässt sich ebenso einsetzen, wenn Intensivpatienten rund um die Uhr überwacht werden müssen.

Generell hilft diese Art der Kommunikation dabei, klinische Abläufe zu verbessern und Fernberatungen zu ermöglichen. Medizinische Experten sind in der Lage, in kürzester Frist von jedem Standort aus eine Verbindung herzustellen. Sie können auf diesem Weg einen Patienten beobachten und mit ihm interagieren, die Vitalwerte überprüfen oder Labordaten checken, als ob sie sich direkt an seinem Bett befänden.

Plattformunabhangige Kommunikation
Es müssen somit nicht immer schwerwiegende Gründe vorliegen, damit Videokonferenzen zum Einsatz kommen. Denkbar ist nämlich auch, dass diese Form der Kommunikation für Patienten Anwendung findet, die so mit ihren Angehörigen bei längeren Spitalaufenthalten in Kontakt bleiben können. Die Videokonsole wird möglicherweise in Zukunft am Spitalbett so gebräuchlich sein, wie es heutzutage das Telefon oder der Fernseher sind. Denn anders als in der Vergangenheit erfordern Videoconferencing-Systeme nicht mehr horrende Investitionen in teure Geräte, dedizierte Netzwerke und deren Unterhalt.

Visuelle HD-Lösungen der neuesten Generation eliminieren die Zugangs-, Leistungs- und Kostenprobleme herkömmlicher Systeme und bieten gleichwohl hohe Ausfallsicherheit sowie – im heiklen daten- und patientenschutzrechtlichen Healthcare-Umfeld sehr wichtig – verschlüsselte Kommunikation. Besonders attraktiv sind Lösungen, bei denen sich die Auflösung automatisch an jedes Endgerät in Abhängigkeit von der vorhandenen Rechenleistung und der Netzwerkbandbreite anpasst; so kann auch das Smartphone als voll funktionsfähiger Endpunkt für Videokonferenzen genutzt werden.

Höchste Qualitat und Kostentransparenz
Das Universitätsspital Basel hat ein solches System im Einsatz, und zwar sowohl für die Aus- und Weiterbildung als auch für den täglichen Wissensaustausch in interdisziplinären Fachgremien, zum Beispiel den Tumorboards. «Bei der Krebstherapie wird in nahezu täglicher interdisziplinärer Zusammenarbeit das optimale Behandlungskonzept entwickelt», verdeutlicht Marc Strasser, CIO im Universitätsspital Basel. «Für die Qualität der Diagnose ist eine hochwertige Videokonferenzlösung absolut erfolgsentscheidend.» Darüber hinaus können die Ärzte am Universitätsspital Basel auch Operationen in bester Ton- und Bildqualität vom Büro aus überwachen. Und das Spital involviert von Fall zu Fall externe Spezialisten in die Behandlungskommunikation. Das Universitätsspital betreibt die Lösung nicht selbst, sondern bezieht sie von einem Dienstleister. Dieser hat die Lösung auf den Standardrechnern der Spitalmitarbeitenden installiert und betreibt sie seither operativ. Die jeweiligen Konferenzteilnehmer können sich via Smartphone, PC oder Raumsystem einloggen. «Für diese Leistungen bezahlen wir eine Monatspauschale», erläutert Strasser. «So haben wir volle Transparenz und Planungssicherheit, denn es fallen keine Zusatzkosten an, auch nicht für externe Konferenzgäste.»

Im ersten Dreivierteljahr des Einsatzes fanden bereits mehr als 1500 Meetings mit Videoübertragung statt. Das Universitätsspital Basel nutzt für den Betrieb der Videolösung das eigene Rechenzentrum. Alen Mijatovic, Head of Portfolio Management bei T-Systems Schweiz, ergänzt: «Mittlerweile ist auch ein Bezug aus der Cloud möglich – Videoconferencing as a Service sozusagen. Verrechnet werden dann lediglich die registrierten Nutzer, unabhängig von Nutzungsdauer und Häufigkeit. Diese Dienstleistung wird die Hemmschwelle beim Einsatz von Videokonferenzen zu telemedizinischen Zwecken vermutlich noch einmal senken.»
 
Thomas Kummer
Head of Health & Public, T-Systems Schweiz

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