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Tracking-Codes sollen illegalen Zigarettenhandel schwächen

Die Auszeichnung des Versandkartons (Mastercase) erfolgt mit GS1-128 und den dazu vorgesehenen Datenbezeichnern. Bei der Umverpackung in den Versandkarton werden die einzelnen Barcodes der Stange gescannt und im System mit dem Barcode des Versandkartons verknüpft.Der Handel mit Zigaretten ist so lukrativ, dass über zehn Prozent aller weltweit verkauften Zigaretten aus illegalen Quellen stammen. Mit dem massiven Einsatz von Track-and-Trace-Technologie geben die Tabakkonzerne Gegensteuer. In der Digital Coding & Tracking Association (DCTA) haben sich die Branchenriesen zusammengeschlossen.

In Kanada, Brasilien und dem Iran stammen bis zu 30 Prozent aller Zigaretten aus illegalen Quellen. In Europa sind es bis zu 20 Prozent, in den USA, China und Australien dagegen weniger als zehn Prozent. Verglichen damit hat die Schweiz eher kleine Probleme: Hierzulande werden nur rund 2,3 Prozent aller konsumierten Zigaretten illegal importiert.

Blühende Geschäfte mit illegalem Handel
Laut dem von der Unternehmensberatung KPMG dazu durchgeführten SUN-Report wird etwa jede zwölfte in der Schweiz gerauchte Zigarette nicht in der Schweiz besteuert. Weltweit entgehen den Staaten durch den illegalen Zigarettenhandel zwischen 40 und 50 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen, heisst es in der Studie «Track and Trace – Ansätze beim Tabak », die KPMG zusammen mit GS1 England erstellt hat. Allerdings haben die natürlich auch billig produzierten Zigaretten dieses Marktsegments noch weitere schädliche Auswirkungen: Sie werden von den Tabakkontrollbestimmungen nicht erfasst und schaden so der Gesundheit ihrer Konsumenten in unkontrollierbarem Ausmass. Die Produktpiraterie schmälert zudem den Umsatz der grossen Tabakkonzerne. Die vier weltgrössten Konzerne Philip Morris International, British American Tobacco, Japan Tobacco und Imperial To bacco Group erzielten 2014 zusammengenommen einen Jahresumsatz von über 100 Milliarden US-Dollar.

WHO will rückverfolgbare Zigaretten
Diverse internationale Abkommen befassen sich bereits mit der Problematik. So sieht die «Framework Convention on Tobacco Control» (FCTC) der Weltgesundheitsorganisation WHO die Einführung nationaler Track-and-Trace- Systeme vor. Dabei sollen die Staaten zusammenarbeiten und die generierten Informationen auf internationaler Ebene teilen. In der Sachverständigenbewertung zum Protokoll wird bereits die Notwendigkeit globaler Standards hervorgehoben. Allerdings etabliert das Protokoll dafür kein spezielles Forum, welches einheitliche Standards für diese Systeme schaffen könnte. Somit besteht das Risiko, dass bei der wechselseitigen Kommunikation zwischen den diversen nationalen Lösungen Probleme auftreten.
In Europa sind weiterhin das «OLAF Agreement» des europäischen Amts für Betrugsbekämpfung zu nennen sowie weitere Gesetze und Regulierungen, unter anderem die Revision der EU-Tabakprodukt-Richtlinie (EUTPD II), die zukünftig den Einsatz von Technologien zur Überwachung der Lieferkette zur Auflage machen.

Illustrer Club gegen den illegalen Handel
Vor diesem Hintergrund wurde 2011 von Philip Morris International, British American Tobacco, Japan Tobacco und der Imperial Tobacco Group die Digital Coding & Tracking Association (DCTA) gegründet. Diese Organisation will internationale Standards und digitale Lösungen zur Unterstützung staatlicher Stellen bei der Bekämpfung von Schmuggel, Markenpiraterie und Steuerverschiebung fördern. Damit sollen Zoll-, Grenz- und Steuerbehörden in der Lage sein, besser gegen den illegalen Handel vorzugehen und die Schmuggler- und Fälscherbanden zu stellen. «Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, sämtliche Interessenträger – von Zollbehörden und Finanzministerien bis zu Handel und Verbrauchern – mit entsprechenden Informationen, Kapazitäten und Werkzeugen zu versorgen, um gegen den illegalen Handel vorzugehen», erklärt Claudia Chmella, Head of Centre of Excellence AIT Systems & Strategy bei der Imperial Tobacco Group und Verantwortliche im Operations Committee der DCTA.
Track & Trace ist dazu das Mittel der Wahl. Dieses Konzept überwacht die Tabakprodukte auf ihrem Weg durch die Lieferkette und erlaubt eine lückenlose Rückverfolgbarkeit. Die Ware kann jederzeit aufgespürt und ihr Weg innerhalb des Lieferprozesses zu jedem Zeitpunkt nachvollzogen werden. «Im Fall einer Warenbeschlagnahmung durch den Zoll kann die Echtheit überprüft und eine lückenlose Historie vorgelegt werden», erklärt Chmella. So könne man auch leicht feststellen, an welcher Stelle ein Produkt möglicherweise die regulären Lieferwege verlassen hat.

Die Packungscodierung erfolgt mit einem DotCode und beinhaltet Serialisierung, Produktionscode und marktspezifische Angaben wie Preis und Ländercode. Die codierten Angaben sind auch in Klarschrift ersichtlich.Jede Packung bekommt ihren Code
Um die Identifizierung der Produkte zu ermöglichen, wird auf jede einzelne Zigarettenpackung schon während des Produktionsprozesses ein Tracking- Code aufgebracht. Neben der Seriennummer in Klarschrift kann auch eine maschinenlesbare Codierung als Dot- Code aufgebracht werden, und das bei bis zu 1000 Packungen pro Minute. Alle Einzelpackungen werden beim Zusammenstellen der nächstgrösseren Packeinheit, einer Stange (Outer), erfasst und aggregiert. So ist eindeutig nachvollziehbar, welche Packungen sich darin befinden.
Auf jede Zigarettenstange wird ein Track-and-Trace-Label angebracht, das aus einem 32-stelligen alphanumerischen Barcode besteht. Beim Verpacken in eine grössere Einheit, den Versandkarton (Mastercase), werden die einzelnen Codes der Stangen gescannt und im System mit dem Barcode des Kartons verknüpft. Dieser Prozess wiederholt sich, wenn die Versandkartons zu Paletten zusammengestellt werden. Die DCTA-Mitglieder kennzeichnen die Versandkartons und Paletten mit dem GS1-128-Barcode und folgen damit dem weltweiten GS1 SSCC-Konzept.
Jeder Versandkarton wird zweiseitig mit einem Etikett versehen, um die Lesbarkeit zu gewährleisten, wenn eine Seite des Kartons verdeckt sein sollte. Zur besseren logistischen Handhabung wird darüber hinaus auch die Palette mit zwei Etiketten versehen. Die Daten auf den Palettenetiketten sind über einen Aggregationsprozess mit den Daten des Versandkartons verknüpft. Der eindeutige Code beinhaltet alle erforderlichen Track-and- Trace-Daten, die in einer Datenbank vorgehalten werden und jederzeit abrufbar sind. Dort finden sich dann Informationen zur Herstellung, produktspezifische Angaben, Informationen zur Marke oder dem Packungsinhalt (Marke, Menge, Fabrik, Herstellungsdatum und -ort).
Dank der hierarchischen Verknüpfung von Packung, Stange, Versandkarton und Palette muss nicht jede einzelne Packung ständig erfasst werden. Die eindeutige Kennzeichnung durch den Code, der auf seiner Reise durch die Lieferkette an jeder Station gescannt und damit registriert wird, ermöglicht die vollkommene Rückverfolgung jeder Zigarettenpackung von der Herstellung bis zur Auslieferung an den externen Kunden.

Intensive Vernetzung auch mit staatlichen Stellen
Die Prozesse und Abläufe heutiger Lieferketten sind aufgrund ihrer globalen Ausrichtung und der vielen beteiligten Akteure relativ komplex. «Zur Sicherung potenzieller Schwachstellen ist es wichtig, dass sich nationale Behörden die Möglichkeiten moderner technologischer Innovationen zu eigen machen», appelliert deshalb Claudia Chmella. Dazu stellt die DCTA das Kontrollsystem Codentify bereit. Es ermöglicht die Überprüfung der Echtheit eines Produkts (Product Authentication), die Überwachung und Rückverfolgbarkeit der Ware innerhalb der Lieferkette (Tracking & Tracing) sowie die Kontrolle der Steuererhebung (Tax Verification). Staatliche Stellen haben dadurch schnellen und einfachen Zugriff auf sämtliche Daten, die zur Authentifizierung der Waren und der Legitimität von Versandvorgängen sowie zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben benötigt werden.

Prüfvorgang in Sekundenschnelle
Codentify ist heute nicht nur in der Schweiz im Einsatz. Obwohl hier vergleichsweise wenige illegal gehandelte Zigarettenpackungen auftauchen, geht man entschlossen dagegen vor. Das System dazu ist in die globale Codentify-Lösung integriert und kann an behördliche Systeme angeschlossen werden. Es erlaubt die Prüfung von Produktionsvolumen und sogar der Echtheit von Einzelpackungen innert Sekunden. «In der Schweiz wurde ein multifunktionales technologiebasiertes System eingerichtet, das Aufsichtsbehörden ein wertvolles zusätzliches Kontrollinstrument bietet», betont Chmella. Die Vorzüge einer Echtheitsüberprüfung in Sekundenschnelle werden auch in Grossbritannien von der HMRC benutzt. Darüber hinaus ist Litauen im Begriff, ein Verfahren zur digitalen Steuererhebung für ausgewählte Tabakprodukte zuzulassen.
Auch Luxemburg testet einen Ansatz für digitale Steuererhebung, bei dem bestehende Prozesse digitalisiert werden. Dabei werden alle Informationen, wie beispielsweise Packungspreis, Menge und Ländercode, auch digital verfügbar sein.

Alexander Saheb

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