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Auf den Spuren Marco Polos – die Renaissance der Seidenstrasse

Die Seidenstrasse – noch immer steckt in diesem Begriff ein Hauch von Mythos und Legende, von geheimnisvollem Orient und schwer beladenen Karawanen-zügen. Seit der Antike war sie der wichtigste Handelsweg zwischen Europa und China, bevor in der frühen Neuzeit Schiffe den Warenaustausch zu Land ersetzten.

Heute ist sie wieder in aller Munde. Den Stein ins Rollen gebracht hat China, als es 2013 unter dem Titel «One Belt, One Road» seine Pläne zur Renaissance der Seidenstrasse vorstellte: Entlang der historischen Handelsroute soll ein Netz von Verkehrswegen entstehen, um chinesische Exportgüter schneller und leichter gen Westen schicken zu können. Dafür nimmt China viele Milliarden in die Hand. Ein Vorstoss aus dem Reich der Mitte, der von vielen europäischen Unternehmen mit Argwohn beäugt und als drohende Konkurrenz aufgefasst wird.

Dabei liegen in der Initiative «Neue Seidenstrasse» auch viele Chancen. Das meint auch Oskar Kramer, Landesleiter bei Gebrüder Weiss Schweiz: «Wer die Entwicklung jetzt nicht verpasst, sondern auf den Zug aufspringt, für den eröffnen sich mit der Wiederbelebung der Seidenstrasse neue Expansions- räume und Wachstumsmöglichkeiten.» Entsprechend konsequent forciert der Gebrüder-Weiss-Konzern (Jahresumsatz zuletzt 1,28 Milliarden Euro) seit geraumer Zeit die Weiterentwicklung seiner Landverkehre zwischen Europa und China.

Markteintritt in den Iran
Gerade erst hat das Logistikunternehmen einen wöchentlichen Sammelgutverkehr in die iranische Hauptstadt Teheran installiert. Als zentraler Hub fungiert die bulgarische Niederlassung in Sofia. Dort werden die Waren gebündelt und weiter in den Iran transportiert. «Unser Netzwerk in Osteuropa ist traditionell stark. Sofia kommt insofern eine besonders wichtige Bedeutung zu, als es den idealen Zugang zu den umliegenden Balkanländern, der Schwarzmeerregion und nach Zentralasien bietet», sagt Oskar Kramer.

Der Schritt in den Iran zum gegenwärtigen Zeitpunkt kommt nicht von ungefähr. Seit dem Wegfall der Sanktionen ist man im ehemaligen Persien um ausländische Investoren sehr bemüht, umgekehrt sehen viele Unter-nehmen dort einen profitablen Absatz-markt. Mit rund 80 Millionen Einwohnern gehört der Iran zu den bevölkerungsreichsten Staaten weltweit. «Es ist davon auszugehen, dass der Handel mit dem Iran in den kommenden Jahren stark anziehen wird und viele Infrastrukturprogramme in Gang kommen. Daraus ergeben sich natürlich auch für uns vielversprechende Optionen», so Kramer.

Die Strukturen vor Ort sind jedoch komplex, die bürokratischen Hürden hoch. Ohne regionales Know-how geht es auch für einen erfahrenen Logistiker wie Gebrüder Weiss nicht. Für die «Last Mile» seiner Iransendungen greift der Transportexperte deshalb auf den langjährigen Partner «Iran Europe» zurück, der mit den Gepflogenheiten des Landes sowie den Zollbestimmungen bestens vertraut ist. «Wo wir nicht selbst zugegen sind, haben wir ein verlässliches und erprobtes Partnernetzwerk, das eine sichere Zustellung des Transportguts garantiert. Service Excellence von Anfang bis Ende gewährleisten zu können, ist uns wichtig und bildet die Basis für das Vertrauen unserer Kunden», sagt Oskar Kramer.

Transitknotenpunkt Kasachstan
Doch der Iran ist nicht der einzige interessante Markt entlang der «Neuen Seidenstrasse», den Gebrüder Weiss erschliesst. Im benachbarten Turkmenistan gibt es ein Partnerbüro, eigene Niederlassungen betreibt man in Russ-land, der Türkei, Georgien und seit An-fang 2016 in Kasachstan, einem besonders wichtigen Verkehrsknotenpunkt in Zentralasien. «Kasachstan ist als grösster Binnenstaat der Erde mit seinen Grenzen zu China, Russland, Turkmenistan, Usbekistan und Kirgisistan prädestiniert für die Funktion als zentraler Logistikhub an der Seidenstrasse. Unsere Niederlassung in der aufstreben-den Millionenmetropole Almaty möchten wir deshalb konsequent in diese Richtung ausbauen», erklärt Kramer. Momentan wickle man dort hauptsächlich Projektgeschäfte und Stückguttransporte ab, mittelfristig sollen aber Verzollung sowie Lager- und Logistiklösungen hinzukommen.

Das Land im Herzen Asiens ist ausserdem ein wichtiger Durchgangskorridor für den Schienengüterverkehr zwischen China und Europa, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. «Interkontinentale Zugverbindungen sind die perfekte Ergänzung zu Schiff und Flug-zeug, denn Transporte per Bahn sind weit günstiger als Luftfracht und um einiges schneller als Seefracht», weiss Oskar Kramer.

Die Schiene – eine konkurrenzstarke Alternative
Der zeitsparende Landweg über die Schiene wird besonders von der Automobilindustrie, von Bekleidungsfirmen und Elektronikherstellern genutzt. Während ein Schiff von China nach Europa 40 Tage und länger unterwegs ist, schafft es der Zug innerhalb von 15 bis 17 Tagen. «Massgeschneiderte Transportlösungen von Tür zu Tür, die schnell und auch noch kosten-effizient sind, stehen hoch im Kurs. Auf dem transeurasischen Korridor ist die Bahn da eine echte Alternative. Die Zugstrecke ist ideal für sämtliche ost- und zentraleuropäischen Destinationen ohne direkte Hafenanbindung sowie für die Abgangsregionen in China, wo Produktionsstätten verstärkt ins kostengünstigere Landesinnere verlagert werden», sagt Oskar Kramer.

Gebrüder Weiss bietet von China nach Europa (und retour) inzwischen drei Blockzugverbindungen an: im Süden entlang der Seidenstrasse von Zhengzhou nach Hamburg sowie von Chongqing nach Duisburg und im Norden auf der Route der transsibirischen Eisenbahn von Suzhou über Warschau nach Duisburg. Der Vor- und Nachlauf erfolgt per Lkw über das Systemnetz-werk der Gebrüder-Weiss-Organisation, das nicht nur in Europa stark ist. Auch in China hat der Transportexperte mittlerweile 16 eigene Standorte. Oskar Kramer: «Durch diese Art des intermodalen Verkehrs rückt auch die Schweiz ganz nah an die Neue Seidenstrasse heran. Auf den Spuren Marco Polos sozusagen…aber mit Karawanenzügen der Moderne.»

Claudia Saltuari
 

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