gs1-neton-header-05.jpg

Digital unterwegs – auf fünf Achsen

Per Smartphone-App wird Transportauftrag erfasstDie Logistik wird digital. Ein Besuch beim Logistikdienstleister Galliker zeigt: Die bodenständige Branche eignet sich in Teilschritten neue Tools an, um ihre Effizienz kontinuierlich zu steigern.

Unternehmensberatungsfirmen sagen eine tiefgreifende Digitalisierung der Logistik vorher. Moderne Software soll demnächst Navigation, Tourenplanung, Analysen des Kraftstoffverbrauchs und das Wartungsmanagement in einem steuern. Elektrisch angetriebene und vollständig autonome Nutzfahrzeuge, die durch Roboter vollautomatisch beladen worden sind, werden ferngesteuert ihr Ziel exakt erreichen. Doch wie realitätsnah sind solche hippen Zukunftsträume?

Mehr Klarheit verspricht ein Besuch beim Logistikdienstleister Galliker. Digitalisierung ist beim Branchenprimus ein Dauerthema. Für Peter Galliker jun., Leiter Transport bei Galliker Transport AG, müssen Digitalisierungsschritte in Abstimmung mit anderen Partnern der Wertschöpfungskette geschehen: «Wir müssen im Auge behalten, wo unsere Kunden in Bezug auf die Digitalisierung stehen.»

In der Sparte Food Logistics nutzen viele Kunden die Vorteile digitaler Vernetzung. Dies kommt dem Transportunternehmen zugute und dient natürlich auch der lückenlosen Nachverfolgung der Güter. Gleichzeitig mit der Bestellung eines Transportauftrags wird den beladenen Paletten und Roll containern nicht nur eine Sendungsnummer, sondern auch ein SSCC (Serial Shipping Container Code) aus dem GS1 System zugeteilt. Damit ist die versandbereite Ware eindeutig gekennzeichnet. Solche Verlader lösen Transportaufträge in der Regel via EDISchnittstelle oder Web-Applikation aus. Aber einige wenden sich auch noch via Telefonanruf oder per E-Mail mit Excel- Listenanhang an die Disposition.

Es sind kleine, wenig spektakuläre Massnahmen, welche die Logistik- Wertschöpfungskette effizienter machen, aber durchaus mit alten Gewohnheiten und Abläufen aufräumen, wie Peter Galliker jun. bildhaft schildert: «Wir wollen uns von der Rolle des Postkuriers lösen, der mit der Ware auch noch den Original-Lieferschein aushändigt. » Mit dem Verzicht auf den Lieferschein gehen keine Informationen verloren. Denn die Etikette an der Versandeinheit gibt Auskunft über den Inhalt der gelieferten Ware.

Ausgerüstet mit Smartphone-Apps
Bereits sind bedeutende Teilprojekte abgeschlossen worden, welche die digitale Durchgängigkeit und die Erfassung der Informationen zum Transport erleichtern. Neu sind seit einem Jahr alle Lkw-Chauffeure mit einem iPhone ausgerüstet. Mit der Galliker-PoD-App findet der Fahrer wichtige Informationen zu seinem Auftrag, beispielsweise die Ladeliste, Details zu den Absendern und den voraussichtlichen Ankunftszeiten. Nach dem Entladen der Ware wird der Empfänger gebeten, seine Unterschrift auf dem Digitalgerät abzugeben. Die ordnungsgemässe Durchführung des Transportauftrags wird somit – via Mobilfunkverbindung – sofort an die Disposition übermittelt. Eine Erleichterung zum früheren Prozedere, als die unterschriebenen Original-Warenlieferscheine im Rücklauf gesammelt und anschliessend eingescannt werden mussten. Doch Gewohnheiten verschwinden nicht über Nacht, und einige Kunden beharren auf Prozessen, die auf Papier stattfinden.

Zusätzlich bietet das Unternehmen seinen Chauffeuren eine Galliker-App mit zahlreichen Servicefunktionen an: Dank einem Messenger-Dienst können die Chauffeure Nachrichten an die Zentrale senden, aber ebenso via Chat untereinander kommunizieren. In PDF-Form gespeicherte Dokumente wie Anfahrtspläne oder Hilfsmittel wie das nun digitale Fahrerhandbuch (noch vor einem Jahr in Papierform) erleichtern das Auffinden von Vorschriften und Weisungen via Stichwortsuche.

Neue Dispo-Software
In der Digitalisierungs-Projektpipeline befindet sich ein neues Dispositions- Programm, welches das bisherige ersetzen soll. Eine gute Dispo-Softwarelösung muss immer zwei wesentliche Faktoren berücksichtigen: Einerseits müssen Termine eingehalten und andererseits Touren optimiert respektive Fahrkilometer minimiert werden. Ein anspruchsvolles Vorhaben, wie Peter Galliker jun. erklärt: «Es ist nicht ganz einfach, Dispositions-Know-how in einer Software abzubilden. Denn vieles basiert auf Erfahrung unserer langjährigen Disponenten. Wie plane ich eine Entlade-Reihenfolge, damit der Fahrer an Entladestellen nicht lange die Ware auf der Ladefläche umstellen muss? Meistens sind Disponenten ehemalige Fahrer.»

Peter Galliker jun. beurteilt die auf dem Markt erhältlichen Standard-Tools noch als zu wenig flexibel und leistungsfähig. Typisch für einen schweizerischen Logistikdienstleister ist die grosse Zahl von Kunden, die auf relativ kurzen Wegstrecken bedient werden. «Für uns ebenfalls ein wichtiges Kriterium sind die verschiedenen Transporttemperaturen, die wir mit unseren Mehrkammernfahrzeugen anbieten können. Wenn ein System für die Tourenoptimierung zu lange braucht, verursacht dies Verzögerungen, die sich auf die Disposition der ganzen Flotte auswirken. » Eine gute Softwarelösung soll zudem auch Restriktionsprüfungen vornehmen können, welche die Situation der Fahrzeuge (Masse, Gewicht, Anzahl Bodenplätze, maximale Ladehöhe usw.) und die in der Schweiz geltenden Vorschriften berücksichtigen. Diese Gründe bewogen die Geschäftsleitung, eine firmeneigene Dispo-Software zu entwickeln.

Zukunftsmusik
Was ist von visionären Industrie-4.0- Konzepten zu halten, die noch viel intensiver den Fahrzeuglenker assistieren und die Verfügbarkeit der Lkws optimieren sollen? Ist ausgefeilte Digitalkommunikation auf der Basis des 5G-Mobilfunkstandards in Griffnähe, welche den Lkw zusätzlich auf der sicheren Spur hält – Kreuzungsassistenten, Grüne-Welle-Geschwindigkeitsregler oder Kollisionswarnsysteme inbegriffen? Und braucht es eine Fülle an zusätzlichen Daten über Laufleistung, Lenkzeiten, Türaktivitäten, Reifendruckleistung oder Bremsbelagverschleiss, die dem Wartungsmanagement zur Verfügung gestellt werden könnten? Peter Galliker jun. bleibt gelassen: «Wir verschliessen uns der digitalen Entwicklung nicht.» Sobald taugliche Assistenzsysteme auf dem Markt erhältlich seien, welche die Lkw-Fahrer zusätzlich unterstützen, werde man Investitionsentscheide prüfen müssen. Ausserdem betreibt das Unternehmen ein ausgesprochen proaktives Wartungsmanagement seiner Fahrzeuge, die alle acht Wochen einem gründlichen Check unterzogen werden.

Skepsis bringt Galliker an gegenüber der Fiktion sich komplett autonom ins Ziel steuernder Fahrzeuge: «Unsere Chauffeure erbringen eine personalisierte Dienstleistung.» Für die Handhabung und Zustellung heikler Produkte – etwa im Bereich Healthcare – werde es auch in ferner Zukunft gut geschultes Personal benötigen. «Ein freundlicher und zuverlässiger Roboter, der einem Patienten die Arzneimittel überreicht? Das kann ich mir nicht vorstellen. »

Manuel Fischer

Galliker Transport & Logistic
Die Galliker Transport AG umfasst die sechs Geschäftsbereiche Cargo Logistics, Food Logistics, Fresh Logistics, Frigo Logistics, Healthcare Logistics und Car Logistics. Sie ist in sechs Ländern mit 18 Niederlassungen vertreten und verfügt über einen Fahrzeugpark von 920 Lkws, 100 Lieferwagen und 1100 Anhängern. Das in dritter Generation geführte Familienunternehmen beschäftigt europaweit 2850 Mitarbeitende.
www.galliker.com

 
Nach oben