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Mit Process Mining zu digitaler Effizienz

Mit digitalen Technologien können Wertschöpfungsnetzwerke effizient gestaltet werden. Damit gehen verbesserte Kostenstrukturen und der qualifiziertere Einsatz von Ressourcen einher. Process Mining ist ein neuer Ansatz, der eine Brücke zwischen dem traditionellen Business Process Management und dem Data Mining bildet. 

Stehen die Kunden im Zentrum aller unternehmerischen Bemühungen, so müssen auch die Prozesse auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet sein. Und in Zeiten wie diesen, in denen der Kostendruck krisenbedingt steigt, müssen die Prozesse auch hinsichtlich ihrer Effizienz «abgeklopft» werden.   

Bewährte Methoden
Auf der einen Seite steht, wertsteigernde und notwendige Prozesse zu identifizieren und zu optimieren; auf der anderen, Ineffizienzen und überflüssige Abläufe auszumerzen. In der Vergangenheit haben sich vor allem Methoden wie Lean Management oder Six Sigma dabei bewährt, Wertschöpfungsketten auf Kundenorientierung und Kostensenkung zu trimmen.

Ziel ist es, die Unternehmensressourcen möglichst optimal einzusetzen, indem beispielsweise Durchlauf-, Warte- oder Lieferzeiten verringert, Überproduktionen vermieden und Abweichungen vom definierten Soll-Zustand generell frühzeitig erkannt und korrigiert werden. Lean-Management- oder Six-Sigma- Methoden basierten auch bis anhin zwar nicht auf Hypothesen, sondern  bezogen Prozessqualitäts-relevante Daten ein. Doch dank neusten Analysetools und Big Data eröffnen sich für das Qualitäts- und Effizienzmanagement darüber hinausgehende Möglichkeiten.

Datenzeitalter im Qualitäts- und Effizienzmanagement
Verglichen mit analogen Prozessen lassen sich digitale Prozesse auf völlig neue Art und Weise nachvollziehen. Werden Wertschöpfungsketten digital abgebildet, lassen sich daraus datenbasiert Schlüsse ziehen, die eine Unmenge an Parametern einbeziehen können. Je grösser die Datenmenge, desto verlässlicher sind auch die daraus abgeleiteten Muster.

Ein weiterer Effekt: Das Generieren, Sammeln, Verarbeiten und Analysieren der Daten kann völlig automatisch ablaufen, wodurch die Effizienz der Untersuchung und die Zuverlässigkeit der gewonnenen Erkenntnisse steigen. Und schliesslich: Unternehmensprozesse sind mittlerweile an verschiedenste Systeme und Plattformen gebunden. Je heterogener die Prozesslandschaft mit ERP, CRM & Co. miteinander verwoben wird, desto komplexer ist deren Zusammenspiel – und desto intransparenter ist der Workflow dahinter. So können sich Medienbrüche oder unerwünschte Prozess(-zwischen-)schritte einschleichen, die den gesamten Ablauf unnötig verlängern.

Hier kommt Process Mining ins Spiel. Process Mining kombiniert das traditionelle Business Process Management mit Data Mining, der Analyse von Datensätzen im Hinblick auf die Mustererkennung und entsprechende Ableitung von Trends. Algorithmen-basiert werden Geschäftsprozesse systemübergreifend «durchleuchtet». Es werden nicht mehr nur die üblichen KPIs betrachtet, sondern sämtliche digitalen Spuren, welche die Prozesse in den verschiedensten IT-Systemen hinterlassen, rekonstruiert und beobachtet. Die einzelnen Prozessschritte werden zusammengefügt und in ihrer gesamten Kette visualisiert. Hierdurch entsteht volle Transparenz auf Basis realer Daten.

Process Mining nutzt dafür Event- Logdaten, beispielsweise aus den ERP- und CRM-Systemen. Jeder durchgeführte Prozessschritt wird in den Systemen mit einer ID sowie mit einem Zeitstempel und einem Beschrieb der jeweiligen Aktivität gespeichert. So kann durch Process Mining genau festgestellt werden, wie hoch die Durchlaufzeiten zwischen den einzelnen Schritten sind, welche Ressourcen und Systeme involviert sind und wo es Abweichungen vom Soll-Zustand gibt.

Hebel für Optimierungen
Dank der hundertprozentigen Transparenz und der Visualisierung der Prozesse kann der Ressourceneinsatz optimiert werden und allfällige Risiken lassen sich abschwächen oder gar verhindern. Es kann festgestellt werden, wo sich «Flaschenhälse » in der Prozesskette befinden und wie der Prozessfluss gegebenenfalls besser organisiert werden kann. Und es wird deutlich, wo es Medienbrüche gibt und wo manuelle Schritte den Prozess bremsen.

Ist der Prozess hingegen bereits vollständig digitalisiert, kann gleichwohl Optimierungspotenzial festgestellt werden: Prozesse können automatisiert und/oder ein Bot eingesetzt werden, der Routineaufgaben schneller, fehlerfreier und kostengünstiger abwickelt. Auch das Potenzial für künstliche Intelligenz ist hoch. Je mehr der Algorithmus, der das Process Mining abbildet, hinzulernt, desto zuverlässiger erkennt er Ursachen für Prozessverzögerungen und desto zielgerichteter kann er Verbesserungsvorschläge unterbreiten.

Zurück zu den bereits erwähnten Methoden der Prozessoptimierung wie etwa Six Sigma. Der bewährte Six-Sigma- DMAIC-Zyklus lässt sich durch die erweiterten Analysefunktionen von Process Mining Phase für Phase beschleunigen und um datenbasierte Erkenntnisse und Entscheidhilfen für die Optimierung verbessern.

In der Definitionsphase können dank Process Mining die Anzahl und Vielfalt der heranzuziehenden Prozessparameter um ein Vielfaches erhöht sowie deren Korrelationen einbezogen werden. So ist gewährleistet, dass durch eine ganzheitliche Sicht auch schnittstellenbedingte Prozessverzögerungen in die Analyse- und Prognosemodelle Eingang finden und sich die Aufgabenstellung gleichwohl sehr konkret formulieren lässt. Die Measure-Phase kann beschleunigt werden, denn die meisten relevanten Daten über die zu analysierenden Einflussgrössen können direkt aus den Datenquellen gezogen werden. Die einfachere Identifizierung der Prozessparameter sowie die unmittelbare Verfügbarkeit der Daten und deren Visualisierung verbessern zudem das Prozessverständnis für alle Beteiligten schon von Beginn an. Auch die Analysephase lässt sich viel schneller abschliessen, da die Tools die Prozesse automatisch modellieren. Darüber hinaus können statistische Methoden für die Prozessanalyse und -optimierung ihren Nutzen voll entfalten, da sie automatisch validiert werden können und nicht erst selbst modelliert werden müssen.

Die sich anschliessende Improve-Phase ist mit Process Mining Tools qualitativ hochwertiger, da ungleich faktenbasierter. Mithilfe von datenbasierten Modellen, die durch den Einsatz von Machine Learning und künstlicher Intelligenz den zugrundeliegenden Prozess adaptieren, können gegebenenfalls sogar Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, die bisher nicht in Erwägung gezogen wurden.

Die Control-Phase profitiert in zweierlei Hinsicht: Zum einen können die Prozessverbesserungen einfacher messbar gemacht werden. Und zum anderen kann das Monitoring automatisiert und der Prozess Ende-zu-Ende überwacht werden. Im Idealfall sorgt ein Wissensmanagementsystem dafür, dass die KPIs und entsprechenden Erfolgsfaktoren für künftige Projekte detailliert dokumentiert werden.

Fazit
Process Mining unterstützt das klassische Geschäftsprozessmanagement wirkungsvoll und über den gesamten Projektprozesslebenszyklus hinweg. Es beschleunigt und vereinfacht auf drei Ebenen: Es funktioniert systemübergreifend und bringt damit mehr Relevanz. Es ist datenbasiert und sorgt damit für mehr Validität. Und es ist weitestgehend automatisiert, wodurch die Effizienz steigt und die Fehleranfälligkeit sinkt.

Last but not least ist es digital und erlaubt damit den Einbezug neuster Technologien und Tools für Big Data Analytics und künstliche Intelligenz, was wiederum auf die Qualität der digitalen Transformation im Unternehmen «einzahlt».

Thomas Reitze
Vice President Commercials & Market Relations und Mitglied der Geschäftsleitung von T-Systems in der Schweiz

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