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Fachkräfte für die Zukunft ausbilden

Mit der 2019 erstellten Berufsfeldanalyse unterzog GS1 Switzerland ihre Weiterbildungsangebote einer kritischen Prüfung. Künftig werden die Digitalisierung der Warenströme, aber auch das Prozessdenken, die Selbstorganisation und Nachhaltigkeitsansätze noch mehr Gewicht bekommen.


Die höhere Berufsbildung (HBB) bietet eine grosse Vielfalt an Abschlüssen gerade im Bereich der Logistik beziehungsweise der Steuerung komplexer, dynamischer Lieferanten- und Kundennetzwerke über Unternehmens- und Landesgrenzen hinaus. Die Spezialisierung bei der Abwicklung eines störungsfreien und rechtskonformen Warenverkehrs führte in der Vergangenheit zu einer erstaunlichen Breite an Berufen, die alle der Aktivität «Logistik» zugerechnet werden können. Allein auf der ersten HBB-Stufe gibt es nicht weniger als acht mit eidgenössischen Fachausweisen geschützte Berufsbezeichnungen.

Verwechslungsgefahr
Wie der im November 2019 erstellten Berufsfeldanalyse HBB von GS1 Switzerland zu entnehmen ist, bekunden selbst Personalfachleute Mühe mit den sehr ähnlich lautenden Weiterbildungsabschlüssen. Namentliche wie inhaltliche Überschneidungen bleiben bestehen. Hinzu kommt, dass Abgängerinnen und Abgänger aus Universitäten und Fachhochschulen mit Vertiefungsrichtungen Logistik und Supply Chain Management (SCM) sich teilweise für dieselben Stellen bewerben wie solche mit HBB-Abschlüssen.

Im Gegensatz zu Berufs- und Branchenorganisationen, die sich mit ihren Weiterbildungen um die Professionalisierung einzelner Teilschritte im Warenfluss kümmern, vertritt GS1 Switzerland  eine möglichst ganzheitliche Sicht auf  die Wertschöpfungskette. Dementsprechend zielen Studierende, die sich für Weiterbildungsangebote von GS1 Switzerland entscheiden, auf generalistisch ausgerichtete Abschlüsse.

GS1 Switzerland ist einerseits Prüfungsträger dreier Berufsabschlüsse im Bereich Logistik/SCM und zum andern Anbieter von Prüfungsvorbereitungskursen, die zu eidgenössisch anerkannten Abschlüssen führen: Logistikfachmann/- frau mit eidg. Fachausweis (FA), Logistikleiter/-in mit eidg. Diplom (ED) und Supply Chain Manager/-in mit eidg. Diplom. Analog zum Wandel der Logistik als wichtige Funktion der Wirtschaft verändert sich auch die Nachfrage nach dem Umfeld angepassten beruflichen Kompetenzen. Mario Rusca, Leiter Bildungsentwicklung bei GS1 Switzerland, sagt: «Mit der Berufsfeldanalyse zielen wir darauf ab, der Wirtschaft längerfristig diejenigen Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, die sie wirklich braucht.»

Wahrnehmung der Weiterbildungen
Um zu überprüfen, ob die HBB-Angebote von GS1 Switzerland die notwendigen ualifikationen noch abdecken, wurde ein mehrstufiges Verfahren gewählt. Zur Einschätzung der Marktrelevanz der Weiterbildungen wurden mittels einer Stichprobe Stellenausschreibungen analysiert. Teilweise zeigte sich eine Diskrepanz zwischen dem Anforderungskatalog aus dem Stellen Qualität der Weiterbildungsabschlüsse. Allerdings lohnt sich eine genaue Lektüre des Kapitels zur «Marktwahrnehmung ». Beim in Stellenanzeigen genannten «Logistikfachmann» wird in knapp der Hälfte nach der spezifischen, aber in der Branche sehr bekannten Weiterbildung als Logistikfachmann FA gefragt. Beim «Logistikleiter» scheint indes jemand mit einer Qualifikation als Logistikleiter ED bereits stark mit Anwärtern mit Hochschulabschlüssen im Wettbewerb zu stehen. Beim «Supply Chain Manager» wird in zwei Dritteln der Fälle nach einem Hochschulabschluss gefragt. Überdies konnten die Umfrageteilnehmer aus einem Bündel real existierender und fiktiver Weiterbildungstitel die vermeintlich passenden Kandidaten für ausgedachte Stellenbeschriebe auswählen. Aus dieser Vorgehensweise ableitbar ist die Erkenntnis, dass Begriffe wie «Digitalisierung» und «Supply Chain» eine starke Signalwirkung auf den Selektionsvorgang ausüben.

Experten und Praktiker befragt
In Experteninterviews wurden jeweils alle bestehenden Kompetenzen des einzelnen Berufsbildes evaluiert. Basierend auf den Ergebnissen wurde eine Umfrage entwickelt, in der Angehörige des Bildungsnetzwerks (Dozenten, Prüfungsexperten, eidgenössisch diplomierte Logistikleiter in der Praxis) Bewertungen zu den Vorschlägen abgeben konnten. Anschliessend wurden die GS1 Mitglieder beziehungsweise die Vertreter der Unternehmen gebeten, ihre Einschätzungen einzubringen.

• Betreffend vorgeschlagener Anpassungen für «Logistikfachmann/-frau FA» sprachen sich die Umfrageteilnehmer für die Einführung der zwei neuen Module «Digitalisierung in der Logistik» und «Logistik im internationalen Umfeld» aus und betrachteten die Module «Supply Chain Management» und «Prozessmanagement » als ausbauwürdig. Gekürzt werden sollten die Fächer «Finanzund Rechnungswesen» und «Volkswirtschaftslehre ».
• Mit Bezug auf die Qualifikation «Logistikleiter/-in ED» wünschen die Umfrageteilnehmer ein neues Grundlagenmodul «Digitalisierung in der Logistik» und den Ausbau des Bausteins «Prozessmanagement». Auch das Thema «Umwelt» soll Eingang in den Lehrgang erhalten, wobei ein ganzheitlicher Nachhaltigkeitsansatz zur Diskussion steht.
• Auch beim Berufsbild «Supply Chain Manager/-in ED» wird dem neuen Modul «Digitalisierung in der Logistik» eine hohe Bedeutung beigemessen. Zusätzlich sollten die Fachkompetenzmodule «SCM Prozesse», «SCM Strategie» und «SCM Konzept» eine Aufwertung erfahren, womöglich in Form einer Zusammenlegung dieser Bausteine. Die Module «Finanzund Rechnungswesen» sowie «GS1 Standards & Systeme Expert» lagen im unteren Bereich bezüglich Priorisierung.

Neuausrichtung der Berufsbilder
Die für GS1 Switzerland verfasste Berufsfeldanalyse HBB dient nun als Grundlage für weitere Schritte in Richtung revidierter und modernisierter Berufsbilder. Priorisierungen und Wertungen einzelner Fächer durch die Befragten angesichts künftiger Herausforderungen bedürfen einer sorgsamen Abwägung. «Wir sind noch nicht am Ende der Diskussion. Oftmals geht es darum, die inhaltliche Tiefe gewisser Module zu überdenken oder deren Praxisrelevanz sicherzustellen, anstatt sie ganz vom Ausbildungsplan zu streichen », wie Mario Rusca von GS1 Switzerland erläutert.

Eine Arbeitsgruppe erstellt nun die Qualifikationsprofile der einzelnen Weiterbildungsabschlüsse. Auf dieser Basis werden neue Ausbildungsgänge entworfen, wobei durchaus signifikante Änderungen zu erwarten sind. So steht auf Stufe Diplomlehrgänge eine teilweise Verschmelzung der zwei Berufsbilder «Logistikleiter/-in» und «Supply Chain Manager/-in» bevor, die als Vertiefungsrichtung desselben Lehrgangs bestehen bleiben sollen. Die Neuausrichtung der Berufsbilder wird ihren Abschluss in der Publikation der Prüfungsordnung finden, die vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation für Mitte 2021 zu erwarten ist.

Manuel Fischer  

Aktuelle Weiterbildungsangebote: www.gs1.ch/home/angebot/weiterbildung

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