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Die Zukunft greifbar machen und gestalten

Die Logistikmarktstudie 2019, erstellt von GS1 Switzerland und dem Institut für Supply Chain Management der Universität St. Gallen, erscheint nach 12 Jahren erstmals als Zukunftsstudie, die Unternehmen konkrete Tipps gibt.

Die neue Logistikmarktstudie befasst sich nicht mehr primär mit der Abbildung des Logistikmarktes. Die Ausgabe 2019 stellt eine Struktur aus Trends, Szenarien und Zielvorstellungen in den Mittelpunkt, aus der konkrete Handlungsempfehlungen für Logistikdienstleister und Verlader abgeleitet werden. Die Ausgangsbasis für alle Prognosen ist eine vertiefte Analyse und Darstellung zahlreicher gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Trends, die je nach ihrer Bedeutung und Verbreitungsgeschwindigkeit qualifiziert werden.

Da ist beispielsweise das als sehr wichtig erachtete Thema Robotik. Seien es kollaborative Produktionsroboter, autonome Zustellroboter oder virtuelle Chatbots: Der Trend hat schon einen festen Platz in der Logistikwelt. So testet beispielsweise die Schweizerische Post regelmässig Zustellroboter auf der letzten Meile im städtischen Raum. Die Firma FME Feinmechanik nutzt kollaborativ agierende Leichtbauroboter, um die Mitarbeitenden von monotonen Aufgaben zu entlasten. Ein anderer technologischer Trend, das Internet of Things (IoT), manifestiert sich durch Smart Labels, die Waren in Sender- Empfänger-Systeme (RFID) einbinden und eine automatische und berührungslose Identifikation und Lokalisierung erlauben. Es gestattet auch neue Interaktionsdesigns zwischen Mensch und Maschine und automatisiert zwischen Maschinen.

Hyperindividualisierung trifft Neo-Ökologie
Unter den wirtschaftlichen Trends wird die Hyperindividualisierung aufgegriffen. Sie erlaubt kundenindividuelle Ausgestaltungen von Produkten, von Lagerung, Umschlag und Lieferung sowie zusätzliche Value-added Services. So bietet etwa der Online-Supermarkt coop@home seinen Kunden heute bereits an, dass sie bei der Bestellung ein einstündiges Anlieferzeitfenster festlegen können. Adidas produziert in der Speedfactory Ansbach personalisierbare, auf Mass gefertigte Turnschuhe. Als gesellschaftlicher Trend wird wiederum die Neo-Ökologie ausgemacht. Sie ist durch zahlreiche Faktoren gekennzeichnet, beispielsweise die Nutzung Nutzung wiederverwertbarer Rohstoffe und regionaler Produkte bei der Beschaffung, soziale Arbeitsbedingungen und Energieeffizienz in der Produktion, emissionsarme Transporte bei der Distribution und weitere Effekte. Im Konsumverhalten wird dieser Trend durch die Nachfrage nach regionalen, fairen, biologischen und ressourcensparenden Produkten repräsentiert. So reduziert eine optimierte Verpackungsgrösse bei der Otto Group und der Hermes Fulfillment AG sowohl das Transportvolumen wie auch das Verpackungsmaterial. Bei der Krummen Kerzers AG erlernen Chauffeure dank Coach und Simulator einen effizienten Fahrstil.

Ausgehend von diesen Trends werden total sieben Szenarien für den Schweizer Logistikmarkt 2035/2040 abgeleitet. Eines der Szenarien ist die «Dominanz des Onlinehandels». Hier beziehen die Konsumenten den überwiegenden Anteil aller Produkte und Dienstleistungen über digitale Kanäle. Die Innenstädte verwaisen, die Wertschöpfung findet vor allem im Ausland statt. Im Szenario «Logistikinsel Schweiz» wiederum setzen sich protektionistische Bemühungen durch, um das überdurchschnittliche Lohnniveau bei gleichzeitig hoher Qualität zu erhalten. International tätige Unternehmen fürchten um die Innovationskraft im Logistikmarkt. Die Politik fördert neue Technologien und investiert in die digitale und physische Infrastruktur. Incentivierte alternative Antriebstechnologien setzen sich im gewerblichen Bereich durch. Die Schweiz bleibt ein attraktiver Standort, der den Fachkräftemangel durch Automatisierung zu kompensieren sucht.

Schweizer Logistikmarkt legt wieder zu
Die begleitend dazu erhobenen Zielbilder für die Logistik gehen über eine faktenbasierte Zukunftsprojektion hinaus. Hier wurden Wunschvorstellungen von Kunden, Bürgern, Wirtschaft und Politik erhoben. Demnach bietet die Logistikbranche in Zukunft ressourcenschonende Lieferungen und verhält sich konsequent nachhaltig. Dabei erfolgt die Wertschöpfung vorrangig lokal, sodass die mit der jeweiligen Aktivität belasteten Regionen auch von dieser profitieren Die Unternehmen setzen verstärkt auf Netzwerkstrukturen sowie Kollaboration, die Kunden profitieren von einem durchgängigen Leistungsspektrum. Mitarbeitende aller Altersgruppen finden in der Logistik gute Beschäftigungsmöglichkeiten. Aus dem Abgleich der sieben Szenarien mit diesen Zielbildern ergeben sich schliesslich konkrete Handlungsempfehlungen für die Akteure des Marktes. Hier erhalten Logistikdienstleister und Verlader individuelle Vorschläge, wie die einzelnen Dimensionen der Geschäftsmodelle pro Szenario ausgestaltet werden können. Alle Handlungsempfehlungen sind mit Hilfe des Business Model Canvas strukturiert.

Abseits dieser strategischen Aspekte enthält die Studie auch den gewohnten Marktüberblick. Im Jahr 2017 erlebte der Logistikmarkt erstmals nach zwei rückläufigen Jahren wieder ein Plus von 1,6 Prozent auf 39,1 Milliarden Franken. Dies geht laut der Logistikmarktstudie 2019 aber vor allem auf einen Kopplungseffekt zurück: Durch das allgemeine Wirtschaftswachstum steigt der Konsum, aber auch die Preise für Energieträger. «Diese Effekte überlagern sich und führen bei der angebotsseitigen Berechnung zu einer höheren monetären Marktbewertung», schreiben die Experten von GS1 Switzerland und der Universität St. Gallen, welche die Studie gemeinsam realisieren. Im Jahr 2018 setzte sich das Wachstum fort: Das Marktvolumen legte auf 40,3 Milliarden Franken zu, sagt Erik Hofmann vom Institut für Supply Chain Management der Universität St. Gallen.

Alternative Antriebe im Kommen
Während der Schweizer Fahrzeugbestand im Berichtsjahr der Studie 2017 um 2,7 Prozent zunahm, ging die transportierte Tonnage über alle Verkehrsträger hinweg um 4 Prozent zurück. Das liegt an den via E-Commerce vorrangig abgesetzten höherwertigen, aber auch leichteren Gütern. Die einzige Alterna- tive zum dominierenden Verbrennungsmotor mit 99 Prozent Marktanteil sind bislang Gas-Konzepte (rund 1 Prozent Marktanteil). In den kommenden fünf Jahren dürfte sich die Fuhrparkskomposition aber deutlich ändern. Die an der Umfrage teilnehmenden Firmen meinen, dass dann rund ein Fünftel aller gewerblich und im Werksverkehr eingesetzten Fahrzeuge einen alternativen Antrieb haben wird.

Der Blick auf die Top-100-Unternehmen zeigt eine massive Marktkonzentration: Die zehn grössten Anbieter erbringen einen Umsatz von 8,6 Milliarden Franken oder etwa 57 Prozent des Gesamtumsatzes auf dem Logistikmarkt. Die stärksten 30 Firmen vereinen sogar rund 80 Prozent aller Umsätze auf sich, sodass für die übrigen 70 Firmen nur rund 20 Prozent des kumulierten Umsatzes verbleiben. «Aus dieser Analyse wird ersichtlich, dass einige weni-ge Logistikunternehmen den Markt in der Schweiz dominieren», heisst es in der Studie. Die Zahl der Beschäftigten legte 2017 um 0,7 Prozent zu auf 182 700 Personen. Die Branche beschäftigt damit mehr Menschen als der Bankensektor.

Im kommenden Jahr wird die Logistikmarktstudie 2020 sich vor allem einem spezifischen Trend widmen, der schon heute auf dem Radar aufgetaucht ist: Dezentrale Technologien in der Supply Chain sollen vertieft beleuchtet werden. Hierfür wird es nicht nur einen Überblick zum Reifegrad der Technologie im Schweizer Markt geben, sondern man will auf Branchen zugeschnittene Technologie- Lösungen für die anstehenden Herausforderungen im Supply Chain Management der nächsten fünf bis sieben Jahre präsentieren.

Alexander Saheb


Pluspunkte Logistikmarktstudie 2019
_Gezielte Analysen durch Fokus auf den Schweizer Logistikmarkt
_Einschätzung zum Trend aus verschiedenen Perspektiven durch umfangreiche
_Befragungen von Industrie und Logistikdienstleistern
_Validierung der Ergebnisse durch Workshops mit Experten zur Datenerhebung
_Einordnung der Ausprägungen der jeweiligen Trends auf zusätzlichen
_Trendradaren sowie der technologischen Trends im Hype-Cycle bringen
_Tiefe und erlauben eine Prognose
_Formulierung von Handlungsempfehlungen durch den Abgleich erarbeiteter Sze-narien mit ermitteltem Zielbild

Preis für den Zugang zur Webplattform www.zukunftsplattform.gs1.ch
_Kostenloser Zugang zu den Basisinformationen
_149 Franken für den Vollzugriff mit GS1 Mitgliedschaft
_249 Franken für den Vollzugriff ohne GS1 Mitgliedschaft
_Für Mitarbeitende von Trägerunternehmen der Studie ist der Zugang kostenlos.

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