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Datenqualität und minimale Downtime

«Never touch a running system» gilt spätestens 2027 nicht mehr, wenn SAP den Support für ECC 6.0 und damit verbundene Legacy-Technologie einstellen wird. Gute Vorbereitung heisst, dass das Zielbild gut definiert ist. Noch besser ist es, wenn Unternehmen zuvor einige Hausaufgaben für eine optimale Datenmigration erledigen. 

Wer SAP-Systeme betreut, trägt eine grosse Verantwortung für die «Lebensströme » eines Unternehmens. Noch werden SAP-Systeme häufig On-Premises gehostet, was mit dieser hohen Unternehmenskritikalität zusammenhängt. Doch für Unternehmen, die sich von eigenen Infrastrukturmanagement- Aufwänden trennen wollen, gewinnen Cloud-Alternativen an Bedeutung.

Häufig sind es Entwicklungs-, Test- und Sandboxsysteme, mit denen in der Cloud experimentiert wird. Mit dem Zugriff auf eine Public Cloud können sich Unternehmen kombinierte Innovationspotenziale für neues Business eröffnen. Wenn nur die dafür notwendige Transformation nicht wäre.

Startpunkt für die Transformation: Value Consulting
Zwar kennt jedes SAP-Team seine SAPLandschaft wie seine Westentasche. Doch die Transformation braucht einen 360-Grad-Blick. Erst wenn Business- Prozesse, Daten und Infrastrukturen, die darauf aufbauenden Applikationen und deren Lizenzmodelle in voller Transparenz analysiert sind, können Optimierungspotenziale eruiert werden. Welche Systeme werden wenig oder gar nicht genutzt? Welche Lizenzen können eingespart oder in neue, Cloud-konforme Modelle übergeführt werden?

In Abhängigkeit vom Datenvolumen und der Datennutzung kann simuliert werden, wie gross ein entsprechendes Cloud-System sein muss und wie sich die Transformation auf die Arbeit in der SAP-Landschaft auswirkt. Denn eine solche Zäsur muss sich auch lohnen. Zumal die SAP-Transformation in der Regel Downtimes mit sich bringt. Stehende SAP-Systeme aber beeinflussen Finanzprozesse, das Rechnungswesen, den Einkauf und je nachdem auch Produktion und Logistik. Eine effiziente Transformation ist somit eine solche, die Downtimes minimiert.

Unternehmen tun gut daran, Augenmerk auf das Daten-Assessment zu legen und allenfalls eine Data Migration Factory einzurichten, in der sämtliche Migrationsanforderungen über eine Softwareapplikation abgebildet sind. Damit kann die Datenmigration so in den Transformationsprozess integriert werden, dass die Downtime reduziert wird. Es empfiehlt sich, dem Umstieg auf S/4 andere SAP-Datenmigrationsprojekte voranzustellen. Sind einige typische Herausforderungen vorab bewältigt, lassen sich bei der reinen Migration die Zeitfenster ausreizen. Nachfolgend stellen wir vier Beispiele vor.

SAP-Migration in die Cloud mit Near- Zero-Downtime
Je weniger Downtime, desto vorteilhafter. Dazu werden nach dem Assessment alle Vorbereitungen in einem SAP-System abgebildet, das in einer Sandbox gekapselt ist, die dem Altsystem ähnlich ist. In dieser Sandbox kann etwa das Linux-Betriebssystem aktualisiert, ein SAP-Upgrade oder eine Unicode-Konvertierung durchgeführt oder die bisherige Oracle-Datenbank nach SAP HANA überführt werden. Statt mehrerer Ausfallzeiten für Upgrades oder Datenbankmigrationen gibt es nur eine Downtime nach Abschluss des «Housekeepings». Diese Methode kann bis zu 30 Prozent der Migrationskosten einsparen und viele Risiken minimieren.

Harmonisierung von SAP-Systemen und Landschaften
Beim Zusammenführen verschiedener SAP-Systeme müssen auch Datenstrukturen vereinheitlicht werden. Effizient ist das nur, wenn in der Folge die Altsysteme abgeschaltet werden. Dazu müssen Daten nicht nur archiviert, sondern historisiert werden. Historisierung bezeichnet das intelligente Stilllegen von Systemen. Die Datenlogik bleibt erhalten. Bei «Managed Application Retirement Services» werden die Daten und Dokumente unter Berücksichtigung der jeweiligen Unternehmensanforderungen punkto Kritikalität und Verfügbarkeitsbedarf in eine sichere Cloud-Umgebung überführt. In der neuen Umgebung lassen sich alle individuellen Compliance-Anforderungen problemlos umsetzen; rechtliche Vorgaben wie EU-DSGVO und GoBD-Konformität sind in der Regel bereits abgebildet.

Rechtskonforme Bereitstellung von Testdaten
SAP-Teams müssen vor jedem Live- Gang modifizierte oder neue Systeme testen. Dazu sind immer passende Daten respektive Datensätze nötig – im Idealfall solche, wie sie im Produktivbetrieb anfallen. Eine simple Nachnutzung von Produktivdaten kann aber aus regulatorischer Sicht heikel sein. Im Gegensatz zu spezifisch im Labor kreierten Daten können mithilfe des Data-Migration-Factory-Ansatzes Produktivdaten gezogen, pseudonymisiert respektive anonymisiert und im laufenden Betrieb auf SAP-Testsystemen bereitgestellt werden. Das spart Speicherplatz, verringert die Vorlaufzeit für Tests und damit auch für das Go-Live. Das gesamte Vorgehen ist zudem compliant punkto Datenschutz.

Migration von SAP-Landschaften nach S/4HANA nach dem Motto «how to eat an elephant»
Je grösser und internationaler das Unternehmen, desto komplexer die SAP-Landschaft. Eine solche kann nicht in einem Hauruck-Verfahren transformiert werden, sondern Stück für Stück mit langfristiger Perspektive. Zum Start empfiehlt sich eine Vorstudie für die Definition von Architektur, Prozess und Roadmap. In einer ersten Welle wird an einem Ort begonnen und das System im Ist-Zustand migriert, damit die Funktionalitäten zunächst beibehalten werden können. Parallel wird das Altsystem weiter betrieben. Die Synchronizität der Stammdaten während des Transfers zwischen altem und neuem System kann über eine Interimslösung gewährleistet werden. Zugleich kann das Unternehmen seine Daten bereinigen, indem nur notwendige extrahiert, konvertiert und ins neue HANA-System geladen werden. Nach erfolgter Migration wird die weitere Migration über Adaptionen vorgenommen. Vorteil: geringe und lokal limitierte Downtime, höhere Datenqualität, minimierte Risiken und geringere Kosten.

Durch den Wechsel auf SAP S/4HANA und die Optionen, die Public Clouds bieten, wird die Bedeutung der SAP-Transformation beständig grösser. Die Optionen des Migrationsprozesses sollten bestmöglich ausgeschöpft werden. Dabei helfen ein Rundum-Assessment und ein spezieller Fokus auf die Migration der Daten. Unternehmen können durch Planung und den Einsatz von Best Practices substanzielle Mehrwerte bei der SAP-Transformation erzielen respektive die Potenziale ausschöpfen, um den Migrationsprozess so kosten und risikoreduziert wie möglich zu gestalten.

Annette Meschede
Head of Digital Solutions & SAP SI
T-Systems Schweiz AG

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