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Stärke aus Denkhaltung und Unternehmenskultur

Unternehmen können ihre Resilienz gezielt verbessern. Dann meistern sie Krisen wie die Corona-Pandemie deutlich besser, zeigt eine Studie. Insgesamt fünf Faktoren sind dabei zu beachten.

 Unternehmen und Organisationen mit einer hohen Resilienz haben es besser. Sie meisterten beispielsweise die Corona-Pandemie deutlich besser als andere. Exponenten von resilienten Unternehmen sind dreimal häufiger dieser Meinung als Führungskräfte anderer Firmen. Insgesamt kann sich aber erst eine Minderheit der Unternehmen einer guten Resilienz rühmen, wie eine Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte zeigt.
Weltweit waren 30 Prozent der Befragten der Meinung, ihr Unternehmen könne schnell und angepasst reagieren. Das sind immerhin neun Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Dagegen fehlt bei den anderen 70 Prozent der Befragten noch immer das Vertrauen in die Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit ihres Unternehmens.

Die meisten Unternehmen sind unzufrieden
Eine der Hauptursachen für potenziell disruptive Veränderungen ist übrigens in der allgemeinen Wahrnehmung der Klimawandel und seine Folgen. Hierin sehen 44 Prozent der an der Umfrage Teilnehmenden weltweit eine noch gravierendere Krise als die Corona-Pandemie heraufziehen. Für die Studie «Building The Resilient Organization – Deloitte Global Resilience Report 2021» wurden 2260 Personen auf CXO-Ebene oder in führender öffentlicher Funktion aus 21 Ländern und zahlreichen Branchen befragt. Der Report ist die Fortsetzung des bisherigen «Industry 4.0 Readiness Report » von Deloitte.
Die Fachleute haben mehrere Schritte und Ansätze identifiziert, mit denen Organisationen oder Unternehmen ihre Resilienz gezielt steigern können. Darunter fallen Aspekte wie Flexibilität, langfristige strategische Ausrichtung und ein Fokus auf Innovation. Diese Themengebiete lassen sich in einem Unternehmen gezielt fördern, wobei technologische Enabler eine zentrale Rolle spielen.

Gezielte Selektion der Mitarbeitenden
Besonders zentrale Bedeutung haben fünf Attribute, die Organisationen beim Aufbau von Resilienz helfen: der Grad der Vorbereitung, die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, die Zusammenarbeit im Team und im Unternehmen sowie Vertrauen und Verantwortung. Diese Attribute sind jedoch weder unveränderlich noch ein Zufallsprodukt. Sie lassen sich durch gezielte Selektion von Mitarbeitenden sowie die Förderung der richtigen Denkhaltung und Unternehmenskultur entwickeln und praxistauglich machen.
Vorbereitung zahlt sich aus: So planen die erfolgreichsten CXOs beispielsweise für zahlreiche Eventualitäten im Voraus, sowohl kurz- wie langfristig. Über 85 Prozent der CXOs, deren Organisation kurz- und langfristige Interessen in einer guten Balance halten konnte, sind der Ansicht, gut durch die Corona- Pandemie gekommen zu sein. Bei den anderen Organisationen meinte das nur die Hälfte der Befragten.

Planen und flexibel sein
Vorbereitete Unternehmen etablieren Prozesse, dank denen Mitarbeitende rasch je nach Bedarf mit neuen Aufgaben betraut werden können. Sie nutzen moderne Technologie, um neue Geschäftsmodelle zu etablieren oder Marktopportunitäten zu nutzen. Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind Unternehmen, die schon vor Corona die Fähigkeit zum Homeoffice geschaffen haben. Sie waren durch die pandemiebedingten Vorschriften operativ deutlich weniger gebremst als andere Firmen. Von grosser Bedeutung sind auch Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, vor allem wenn dies persönliche Eigenschaften von Mitarbeitenden sind. Für 54 Prozent der befragten CXOs sind solche Eigenschaften wichtiger als Erfahrung und Fachwissen. Anpassungsfähigkeit ist einerseits sehr offensichtlich, andererseits aber nicht einfach erreichbar. Im Verständnis der Deloitte-Experten geht es hierbei nicht um kurzfristige Veränderungen wie die pandemieinduzierte Herstellung von Desinfektionsmittel durch Schnapsbrennereien oder Maskenproduktion durch Automobilzulieferer.

Kollaboration zahlt sich aus
Eine Veränderung mit langfristiger Optik ist hingegen der Aufbau von Kapazitäten für den Onlinehandel, wenn Ladengeschäfte geschlossen werden müssen. Dazu zählt auch die Rekrutierung von Mitarbeitenden mit in mehreren Rollen einsetzbaren Qualifikationen und Fähigkeiten.
Ein weiterer die Resilienz fördernder Faktor ist die Fähigkeit zur Kollaboration. Dahinter stehen zwei Aspekte. Zum einen wirkt sich eine kollaborative Haltung auf die unternehmensinterne Kommunikation und die Entscheidungsprozesse positiv aus. Das liegt daran, dass mehr unterschiedliche Sichtweisen in wichtige Prozesse mit einfliessen können. Zum andern erschliessen sich kollaborativ starke Unternehmen leichter neue Ressourcen, die ihnen im Umgang mit Krisen helfen.
Zwei wichtige unternehmensinterne Faktoren für mehr Kollaboration sind die Entfernung von Siloorganisationen und die Förderung funktionsübergreifender Zusammenarbeit. Allerdings ist auch die Kollaboration über Unternehmensgrenzen hinweg von grosser Bedeutung, um den Einfluss von Krisensituationen zu mildern. Vorbereitend dazu können Stresstests und Krisensimulationen durchgeführt werden.

Drei Ebenen des Vertrauens
Vertrauen und Verantwortung sind die zwei letztgenannten Themen in der Deloitte-Studie. Rund ein Drittel der befragten CXOs findet, dass in ihrem Unternehmen zu wenig passiere, um das Vertrauen zwischen Führungs- und Arbeitskräften zu fördern. Der Vertrauensaufbau kann jedoch aktiv gefördert werden, gleich ob es in Richtung Mitarbeitende, Kunden, Zulieferer oder Regulierungsbehörden geht. Dies geschieht auf drei Ebenen: der physischen, der emotionalen und der digitalen.
Die Corona-Pandemie hat die grosse Bedeutung dieser drei Dimensionen klargemacht. Allem voran war die physische Sicherheit vor Ansteckungsrisiken bedeutsam für Kunden wie auch Mitarbeitende der Organisationen und Unternehmen. Darüber hinaus galt es oft auch Unterstützung hinsichtlich der psychischen Begleitprobleme der Ereignisse zugänglich zu machen.
Mit Blick auf das Thema Verantwortung scheint es so zu sein, dass die hier am besten aufgestellten Organisationen viele unterschiedliche Bedürfnisse ihrer Stakeholder gleichzeitig und ausgewogen berücksichtigen können. Stakeholder erwarten zunehmend eine Verantwortung, die über die Finanzkennzahlen hinausgeht.

Die Realität als Feuerprobe
Organisationen und Unternehmen sollen ihre Handlungen an übergeordneten, sinnvollen Zielen ausrichten, die sich an den Bedürfnissen der Kundschaft, der Mitarbeitenden, der Vertragspartner, anderer Gemeinschaften und letztlich des Planeten Erde orientieren. Vor allem die jüngeren Generationen erwarten diesen «Stakeholder-Kapitalismus», wenn ein Unternehmen für sie als Arbeitskraft anziehend und bindend sein soll.
Die Deloitte-Studie belegt ebenfalls, dass ein Bekenntnis zu Diversität und Inklusion häufig mit hohen Resilienzwerten einhergeht. Möglicherweise verbirgt sich dahinter eine innovativere und offenere Belegschaft. Eine weitere allgemein bedeutsame Erkenntnis ist zudem, dass sich vorausschauendes Handeln und Geschwindigkeit auszahlen. Organisationen, die bereits vor der Corona-Pandemie in Resilienz investierten und das Thema strategisch berücksichtigten, erzielten gegenüber ihren Mitbewerbern eine Outperformance. Generell können Führungskräfte aber erst dann wirklich von einer hohen Resilienz ihrer Organisation ausgehen, wenn sich diese in widrigen Umständen bewiesen hat.

Alexander Saheb

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