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Virtuelle und reale Herausforderungen

Ob neue Lebensmittelverordnungen oder Internet der Dinge: die Besucher der GS1 Systemtagung nutzten die Gelegenheit, um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten.Von sauberen Stammdaten über Scannen per Google Glass bis hin zum Internet der Dinge: Die 3. GS1 Systemtagung traf den Nerv der Zeit. Rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer informierten sich über das «GS1 System – heute und in Zukunft».

Schweizer Produzenten von Lebensmitteln müssen sich aktuell mit zwei Verordnungen auseinandersetzen: Im Januar ist die revidierte Verordnung über die Kennzeichnung und Anpreisung von Lebensmitteln (LKV) in der Schweiz in Kraft getreten. Ende 2014 muss ausserdem die EU-Verordnung 1169/2011, auch bekannt als Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), umgesetzt werden.

Definition von Fernabsatz
Der erste Teil der Tagung galt diesen Verordnungen. Dr. Judith Deflorin vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zeigte Neuerungen der LKV auf. Die Änderungen betreffen beispielsweise das Ausweisen von Allergenen und Nährwertstoffen. In der nahen Zukunft ist eine Totalrevision der LKV geplant. Damit soll die Verordnung weiter an das EU-Recht angeglichen werden. Ein wichtiger Punkt ist dabei der Fernabsatz.
Gemäss LMIV müssen dem Konsumenten die Informationen auch im Fernabsatz vor Abschluss des Kaufvertrags zugänglich gemacht werden. Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, im Detail festzulegen, was als Fernabsatz gilt. «Ausserdem muss man sich fragen, ob eine Pizza vom Pizzakurier in diesem Kontext die Anforderungen für vorverpackte oder nicht vorverpackte Lebensmittel erfüllen muss», erklärte Judith Deflorin.
Die LKV deckt sich in einigen Bereichen nur teilweise mit der LMIV. «Wir können die LMIV nicht 1:1 übernehmen », erläuterte Dr. Judith Deflorin, «denn entweder fehlen in der Schweiz gesetzliche Grundlagen oder diese sind anders ausgestaltet. Hier ist der Fernabsatz in Bezug auf Lebensmittel noch nicht geregelt und die Deklaration des Herkunftslandes strenger geregelt. » Dr. Judith Deflorin machte ausserdem auf einen weiteren Punkt in der LMIV der EU aufmerksam, der bei Schweizer Produzenten für Kopfzerbrechen sorgen könnte: Der Hersteller muss für den Vertrieb im EU-Raum eine EU-Adresse ausweisen.

 

Mehr zur Revision der LKV


Wenn die Technik nicht das Problem ist
Wie Hersteller die LMIV umsetzen, berichteten zwei Vertreter deutscher Unternehmen. Die Berliner August Storck KG hat für die Anpassung ihres Stammdatenmanagements rund ein Jahr benötigt. Wie Tom Eric Schmidt, Teammanager EDI-Prozesse, erläuterte, war dabei die Technik das geringere Problem. Die organisatorische Änderung der Prozesse sei viel aufwendiger gewesen. «Die LMIV im Fernabsatz ist eine grosse Herausforderung», resümierte Tom Eric Schmidt. «Die Grundlage ist ein sauberes Stammdatenmanagement. Dabei sind die GS1 Standards eine wertvolle Hilfe.»
Wie die Vorgaben auf der Verpackung umgesetzt werden, zeigte Sarah Zeitzem von der Lekkerland Deutschland GmbH & Co. KG. Von Mindestschriftgrösse über die Reihenfolge der deklarierten Nährwerte bis hin zu Allergenen: Bei den Etiketten gilt es einiges zu beachten. Auch auf die Besonderheiten, die beispielsweise für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent gelten, ging die Referentin ein.
Die angeregte Diskussion nach den Vorträgen bewies, wie wichtig das Thema für die Besucher ist. Domenic Schneider stellte abschliessend vor, wie GS1 Schweiz mit der Onlineplattform trustbox ihre Mitglieder, die in die EU exportieren, unterstützt.

GS1 DataBar: Nachhaltig effizient
Nach den Vertiefungssessionen, die Praxisbeispiele für den Daten- und Warenfluss mit dem GS1 System sowie für die Anwendung des GS1 DataBar behandelten, wagte der zweite Teil der Tagung einen Blick auf «morgen».
Den Anfang machte Christoph Müller- Dechent, der die App FoodLoop vorstellte. Konsumenten können diese nutzen, um sich über spezielle Angebote in deutschen Supermärkten zu informieren. Dabei handelt es sich um Reduktionen, die auf Lebensmittel gewährt werden, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen. Die Händler können so die Lebensmittelabfälle und damit die Kosten reduzieren sowie ihre Umsätze und Gewinne steigern. Wie Christoph Müller-Dechent betonte, wie Händler die Preisnachlässe effizienter handhaben, indem sie den GS1 DataBar nutzen: Das manuelle Umetikettieren entfällt, da dieser Barcode neben der Artikelnummer GTIN weitere Informationen, wie beispielsweise das Mindesthaltbarkeitsdatum, verschlüsseln kann.

In the cloud
Wie sieht das Scannen von morgen aus? Benoît Golay vom Institute Icare entführte die Teilnehmer in die Welt von Google Glass. In seiner Demonstration steuerte er die Datenbrille über Sprachbefehle und scannte so den Barcode einer Biscuitverpackung. Der Nutzer sieht dann die Produktinformationen, beispielsweise GTIN und Allergene. Zusätzlich kann er über Google Glass das Produkt in sozialen Medien kommentieren oder den Hersteller anrufen. Das ist bisher jedoch noch Zukunftsmusik; die Technologie wird noch nicht produktiv eingesetzt.
Real ist hingegen die Nutzung einer Cloud-Lösung für die Stammdaten. Fredy’s Backwaren AG setzt auf die Cloud, um ihre Stammdaten digital und automatisiert zu verwalten. Das Ziel ist, die Datenqualität zu erhöhen. Deshalb kommen die Stammdaten direkt von den Lieferanten und werden direkt an den Handel geliefert. «Dieser digitale Marktplatz dient dazu, die Daten zu verifizieren, zu produzieren und zu distribuieren», erklärte Andrej Voina. Er sei sowohl GDSN- (Global Data Synchronisation Network) als auch trustbox-kompatibel.
Abschliessend zeigte Dr. Alexander Illic auf, wie Smartphones das Einkaufsverhalten beeinflussen und wie die Grenzen zwischen realer Welt und Internet immer mehr verschwimmen. Dabei machte er auch darauf aufmerksam, dass es wichtig ist, die gewonnenen Daten sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Und genau hier seien Standards wie jene von GS1 wichtig.

Katharina Birk
 

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