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Sicherheit 2015

Laut der aktuellen ETH-Studie «Sicherheit 2015» fühlen sich Herr und Frau Schweizer sicher und blicken zuversichtlich in die Zukunft. Kurz und knapp: sichere, vertrauensvolle, kooperationsbereite, neutralitätsbetonte und armeefreundliche Schweiz versus düstere Welteinschätzung.

Das allgemeine Sicherheitsempfinden ist hoch. 91 Prozent der Schweizer geben an, sich sicher zu fühlen, wobei jeder Dritte «sehr sicher» nennt und 62 Prozent «eher sicher». Ein Blick zurück: In den Neunzigern fühlten sich die Schweizer weniger sicher als im neuen Jahrtausend. Was die Zukunftseinschätzung der Schweiz angeht, so blicken 79 Prozent zuversichtlich in die nähere Zukunft. Das hohe Sicherheitsempfinden spiegelt sich laut der Studie in der geringen Gefahrenwahrnehmung der Schweizer Bevölkerung wider.

Sicherheit und Bedrohung
Allgemein sieht sich die Bevölkerung eher wenig bedroht und schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bedrohung für die Schweiz eintritt, als gering ein. Auf einer Skala von 1 bis 10 liegt das durchschnittliche Bedrohungsempfinden der Schweizer Bevölkerung beim Wert 4,4. Spitzenreiter unter den bedrohten Sicherheitsaspekten ist nach wie vor die Datensicherheit (5,5). Neu hinzugekommen ist das Medium Internet (5,1), was die allgemeinen Bedenken bezüglich Sicherheit virtueller beziehungsweise elektronischer Medien bestätigt. Weiter erachten die Befragten die Natur und die Umwelt (je 5,0) als bedroht. Im mittleren Bedrohungssegment finden sich das Gesundheitswesen (4,4) und die Energieversorgung (4,2). Als unterdurchschnittlich gefährdet nehmen die Schweizerinnen und Schweizer die Infrastruktur (4,1), die politische Stabilität (4,0) und die sicheren Verkehrswege (3,8) wahr.

Auch die Möglichkeit einer Bedrohung gegen die Schweizer Bevölkerung wird mit 4,3 als gering eingestuft. Die wahrscheinlichste Bedrohungsform sind mögliche Cyberangriffe (5,3), welche die Sicherheit gefährden. Die Bedenken sind berechtigt, können doch Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen besonders gravierende Folgen haben. So können lebenswichtige Funktionen wie die Stromversorgung oder Telekommunikationsdienste beeinträchtigt oder gar fatale Kettenreaktionen ausgelöst werden.
Als weitere Bedrohungsformen führt die Studie eine mögliche Wirtschaftskrise (5,0), organisierte Kriminalität (5,0) und Terroranschläge (4,8) auf. Die Bedrohungsform Wirtschaftskrise könnte im Zusammenhang mit der Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank stehen. Aufgrund der jüngsten Vorfälle wird die Angst vor Terroranschlägen tendenziell steigen.

Vertrauen und Kooperation
Das Vertrauen in Institutionen und Behörden liegt 2015 über dem langjährigen Schnitt. Nach wie vor weist das Vertrauen in die Polizei (7,7) den höchsten Wert auf, gefolgt von jenem in die Gerichte (7,2). An dritter Stelle steht der Bundesrat mit 7,0. Er erreicht im langjährigen Vergleich das bis anhin höchste je gemessene Vertrauen. Über die Gründe lässt sich spekulieren. Die Studie führt das Vertrauenswachstum auf den erfolgreichen OSZE-Vorsitz 2014 des damaligen Bundespräsidenten Didier Burkhalter zurück. Die letzten Plätze auf der Vertrauenshitliste belegen die politischen Parteien und die Medien. Das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen und Behörden lässt auf eine grosse Stabilität der schweizerischen Gesellschaft schliessen.
Die EU-Skepsis der Schweizer Bevölkerung, die sich in den letzten Jahren manifestiert hat, scheint sich gemäss der aktuellen Umfrage leicht zu lösen. So wünschen sich doch 39 Prozent der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine politische Annäherung an die EU. Einen Beitritt befürworten neu 21 Prozent. Die pragmatische Sichtweise einer ausschliesslich wirtschaftlichen Annäherung an die EU geniesst die grösste Akzeptanz. So vertreten 80 Prozent der Befragten die Meinung, dass die Schweiz die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit EU verstärken sollte.
EU-Beitritt hin oder her: Laut aktueller Umfrage wünscht sich eine Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung ein stärkeres humanitäres Engagement. Die positive Haltung gegenüber einer vermehrten internationalen Kooperation, welche keine Einbindung in eine Institution zur Folge hat, hat sich deutlich verstärkt. Die Meinung, dass die Schweiz mehr in Konflikten vermitteln (78 Prozent) und bei internationalen Konferenzen eine aktivere Rolle (78 Prozent) spielen sollte, erreichte 2015 Höchstwerte.

Neutralität
Das Prinzip der Neutralität ist einer der wichtigsten Grundsätze der Schweizer Aussenpolitik und trägt zum Frieden und zur Sicherheit in Europa bei. So erfährt auch in der aktuellen Umfrage die Neutralität eine äusserst hohe Unterstützung. 95 Prozent der Schweizer Bevölkerung sprechen sich für die Beibehaltung der Neutralität aus. Die Zustimmung zeigt sich über alle Altersgruppen, Bildungs- und Einkommensniveaus, Sprachregionen hinweg und unabhängig vom Geschlecht.
Für die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ist die Neutralität mit der globalisierten Welt vereinbar. Es ist aber anzumerken, dass nebst einer hohen Zustimmung zur Neutralität auch 28 Prozent das Neutralitätsprinzip anzweifeln und dessen Durchsetzung als unrealistisch einschätzen. 18 Prozent sind sogar der Meinung, dass die Neutralität aufzugeben sei, sobald sie keine Vorteile mehr bringt. Das Neutralitätsprinzip geniesst einen sehr hohen Stellenwert in der Schweizer Bevölkerung. Diese sieht darin jedoch weniger ein Instrument der Aussenpolitik als einen Wert an sich.
Last but not least wurde zum dritten Mal in der Studienreihe die Wahrnehmung einer militärischen Bedrohung erfasst. Nach wie vor schätzt die Schweizer Bevölkerung die Wahrscheinlichkeit dafür als sehr gering ein. Auf der Skala von 1 bis 10 liegt die militärische Bedrohung bei einem Durchschnittswert von 3,1. Der Wert liegt allerdings signifikant über denen der Vorjahre. Die Autoren der Studie führen diesen Anstieg auf die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine sowie die als deutlich düsterer wahrgenommene weltpolitische Lage zurück.
So schlossen im Januar/Februar 2015 47 Prozent eine militärische Bedrohung der Schweiz aus und 27 Prozent erachteten die Wahrscheinlichkeit als sehr gering. Eine mittlere Bedrohung nahmen 17 Prozent der Befragten, eine grosse sechs Prozent und eine sehr grosse zwei Prozent wahr. Gegenüber 2014 ist vor allem der Anteil an Personen, welche gar keine militärische Bedrohung sehen, stark gesunken.

Joachim Heldt

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