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Einkaufen auf allen Kanälen

Ein verändertes Konsumentenverhalten und neue Technologien sind im Begriff, die Shoppinglandschaft nachhaltig zu verändern. Das bis vor Kurzem noch für wahrscheinlich angesehene Zukunftsszenario, dass Onlineshopping das Geschäft von morgen sei und Ladengeschäfte aussterben, gilt bereits als widerlegt.

Heute zeigt sich in einigen Branchen bereits eine Stagnation im Onlineshopping. Der Laden um die Ecke oder in der Innenstadt bleibt für viele der wichtigste Kontakt zum Kunden. Dafür zeichnet sich ein neuer Trend ab: Der heutige Kunde bevorzugt eine Kombination von verschiedenen Verkaufskanälen und löst sich damit von einer Fixierung auf Online- oder Offlineshopping. Die Nutzung sämtlicher Kanäle kann auch simultan erfolgen. Mobiles Einkaufen wird erst in Ergänzung mit tollen Läden, sozialen Medien und der Möglichkeit, auch vom Computer oder Mobiltelefon Einkäufe zu tätigen, zum perfekten Einkaufserlebnis.

Omni-Channel auf dem Vormarsch
Omni-Channel heisst das neue, vollintegrierte Konzept, bei dem Unternehmen die verschiedenen Vertriebskanäle zusammenfassen und über alle Kanäle hinweg mit einem einheitlichen Markenauftritt kommunizieren. Im Omni-Channel-Umfeld hat der Kunde überall Zugriff auf das Gesamtsortiment. Alle Produkt- und Kundendaten werden zeitnah aktualisiert und zentral gehalten. Dabei spielt es keine Rolle, wo der Kunde seinen Einkauf startet, tätigt oder abschliesst.
Viele Unternehmen taten sich schwer beim Schritt in die digitale Welt. Um die Herausforderungen dennoch zu meistern, wurden oftmals unabhängige Unternehmensbereiche mit weitreichenden Befugnissen gegründet. Doch das Konzept «Multi-Channel» scheint bereits wieder überholt zu sein. Beim Omni-Channel Retailing verschmelzen die einzelnen Absatzkanäle zu Touchpoints in einem gemeinsamen Einkaufsumfeld, das den Verbraucher umgibt. Damit verbunden sind einheitliche Prozesse, Strukturen und Organisationen über alle Kanäle hinweg.
Die Einführung von plattformübergreifenden Infrastrukturen ermöglicht es, straffere Prozesse, schlankere Strukturen und flachere Organisationen zu schaffen. Das spart Kosten beim Einkauf, bei der Warenbewirtschaftung und beim Personal. Aber auch für den klassischen, stationären Handel ergeben sich neue Möglichkeiten. So stattet der Sportartikelhändler Sport- Scheck seine Kundenberater bereits mit Tablets aus. Sie haben somit detaillierte Informationen zu Produkten und Lagerbeständen jederzeit zur Verfügung. Der grösste Vorteil ist jedoch, dass dadurch den Kunden die komplette Produktpalette im Ladengeschäft angeboten werden kann. Nicht vorrätige Artikel werden einfach nach Hause geliefert.
Kunden können auf vielfältige Weise von Omni-Channel Retailing profitieren. So kann beispielsweise das Unternehmen die Bedürfnisse der Shopper besser verstehen, da mehr Daten zur Verfügung stehen. Dies erlaubt ein wirksames Branding und eine zielgerichtete Kundenansprache. Aber auch Retouren oder personalisierte Angebote werden damit möglich. Verfügbarkeitsinformationen zum Sortiment und die Möglichkeit, Artikel online zu reservieren, sollen den Ansatz weiter unterstützen. Einen weiteren Kundenvorteil stellt zudem das Angebot dar, online gekaufte Ware in den Filialen zurückgeben oder auch abholen zu können.

Herausforderung für die Unternehmen
Omni-Channel Retailing stellt Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Viele haben die Transformation hin zu Multi-Channel-Strukturen noch nicht abgeschlossen. Eine der grössten Herausforderungen beim Aufbau von Omni-Channel Retailing ist das Change Management. Denn auf die Mitarbeitenden kommen tief greifende Veränderungen zu. Plötzlich gilt es Pakete anzunehmen, via Tablet Bestellungen zu bearbeiten oder dem Filialkunden Pakete nach Hause zu schicken. Der Wandel kann nur funktionieren, wenn jeder im Unternehmen das Thema lebt und an der Vision mitarbeitet. Dies gilt sowohl für den Geschäftsführer als auch den Verkäufer. Das Top- Management muss vorangehen und einen Transformationsprozess für das ganze Unternehmen anstossen und vorleben.
Im Tagesgeschäft sehen die Unternehmen weitere Herausforderungen auf sich zukommen. So muss man den Kundenerwartungen auf allen Kanälen gerecht werden. Die gesamten Geschäftsprozesse müssen an die neue Rolle der stationären Geschäfte angepasst werden. Zudem gilt es die Kontrolle über die Kosten für Multi- Channel Services zu behalten. Hinzu kommt zu Beginn der Umstellung auf Omni-Channel wahrscheinlich ein Umsatzrückgang aufgrund fehlender Lagertransparenz und schlechten Bestandsmanagements.

Category Manager müssen umdenken
Das Change Management stellt einen der kritischen Erfolgsfaktoren für den erfolgreichen Aufbau eines Omni- Channel-Konzepts dar. Dabei ist insbesondere die Position des Category Managers hervorzuheben. Entwickelt in den 1990er-Jahren, fügte der Ansatz zum ersten Mal aus Sicht der Verbraucher zusammengehörige Produkte zu Warengruppen zusammen. Im Laufe der Jahre wurde dieses Konzept immer weiterentwickelt und steht mit der Einführung von Omni-Channel Retailing (wieder) einmal vor einer umfassenden Veränderung.
Während früher der Category Manager seine Warengruppen über einen Kanal vertrieb, ist er mit der Einführung von Omni-Channel Retailing für verschiedene Vertriebswege zuständig. Dennoch muss er ein für alle Kanäle einheitliches Markenbild schaffen und die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Er muss somit seine Strategien über alle Kanäle hinweg aufeinander abstimmen, was ihn vor eine grosse Herausforderung stellt. Mit Omni- Channel verbunden, können zudem neue Instrumente zur Kundenanalyse, für Marketingaktivitäten, zur Effizienzmessung und für die gesamte Produktbestimmung eingesetzt werden. Zudem lässt sich über eine kanalübergreifende Rollenzuteilung ein einheitliches Image schaffen.

Wir sind bereits mittendrin
Abschliessend ein Beispiel zur Veranschaulichung, wie Omni-Channel Retailing unser aller Kaufverhalten verändern wird: Es ist kurz vor Weihnachten. Daniel hat seinem Sohn einen Lego- City-Güterzug gekauft. Auf dem Weihnachtsmarkt verkündet der Kleine seinem Papa, dass er nichts mehr für Lego übrig habe. Er wünsche sich jetzt eine XBOX One Game Console, wie alle anderen coolen Jungen in der Klasse. Seufzend zückt Daniel sein Mobiltelefon und sieht sich auf der Website des Spielwarenhändlers um. Dort findet er das Spielzeug und klickt sogleich auf die Bestandsanzeige. Zu seiner Freude sind noch mehr als zehn Exemplare verfügbar. Wieder zu Hause, setzt sich Daniel an seinen Computer und führt die Bestellung durch. Dabei kann er gleich noch einen Coupon einlösen, den er per Mail zugesandt bekommen hat. Allerdings ist fraglich, ob das Geschenk bei einem Onlinekauf noch rechtzeitig vor den Feiertagen zu Hause ankommt. Zum Glück bietet der Spielwarenhändler für Onlinekäufe eine Abholoption im nächsten Laden an. Daniel bringt also am nächsten Tag den Güterzug zurück und geht mit der Game Console wieder nach Hause.

Simon Zäch

Auf dem Weg zum Omni-Channel Retailing
GS1 Schweiz erarbeitet derzeit zusammen mit GS1 Germany die Anwendungsempfehlung «Auf dem Weg zum Omni-Channel Retailing: Denkanstösse für Organisationen, Category Management und Shopper Journey». Darin werden auf knapp 70 Seiten die Themen «Omni-Channel Retailing im gesamten Unternehmenskontext », «Den Shopper verstehen», «Category Management im Omni- Channel Retailing» und «Effizienzmessung» erläutert und mit zahlreichen Grafiken illustriert.

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