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Nächstes Jahr wird alles besser

Nächstes Jahr wird alles besser2009 wird verbreitet abgeschrieben. Die Hoffnungen von Konjunkturforschern und Unternehmenslenkern richten sich auf das Jahr 2010. Das soll mehr oder weniger positiv werden, je nachdem, wen man fragt.

(as) Recht mutig im Reigen der volkswirtschaftlichen Vorhersagen erscheinen die Erwartungen der Credit Suisse. Deren Ökonomen glauben an ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent im kommenden Jahr, einhergehend mit einer Inflation von 1,0 Prozent.

Dabei wird die Schweizer Wirtschaft besonders von einem Wiedererwachen ihrer Exportmärkte und einem stützenden Binnenkonsum profitieren. Die Hauptverkaufsmärkte für Schweizer Firmen, die USA und die Eurozone, sollen 2010 ebenfalls wieder wachsen können.

Aussicht auf leichte Erholung
Einen wirklichen Aufschwung möchte man in der erhofften Bewegung aber noch nicht erkennen. Es gehe lediglich um eine Erholung vom «tiefen Fall» des Vorjahres. Für 2009 erwartet man bei Credit Suisse einen BIP-Verlust von 2 Prozent. Die Exporte sollen sogar um fast 13 Prozent sinken. Das wäre der stärkste Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1949. Doch 2010 erwartet man bereits wieder eine Steigerung der Auslandslieferungen um 5 Prozent.

Insgesamt würden allzu stark gedrosselte Produktion und Lagerbestände wieder hochgefahren. Das Vorkrisenniveau soll jedoch ausser Reichweite bleiben. Das Wirtschaftswachstum findet damit unterhalb des idealen theoretischen Potenzialwachstums statt. Zeitlich weiter vorwagen möchte man sich indessen nicht. Denn die offene Frage ist, ob 2011 der private Sektor den Wegfall der vielen staatlichen Konjunkturpakete ausgleichen kann. CS Ökonom Martin Neff bewertet es sogar als «schon fast fahrlässig», sich an einer einigermassen seriösen Prognose für 2011 zu versuchen. Dieses Unterfangen sei im derzeitigen Umfeld «schlicht nicht möglich».

Mutige Prognostiker blicken ins Jahr 2011
Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich wagt es allerdings. Auf ihrem Prognoseradar erscheint 2011 sogar als ziemlich gut. Immerhin könnte das Wirtschaftswachstum wieder auf 1,4 Prozent steigen. Dafür schätzt man die vorherigen Jahre schlechter ein als die Grossbank-Analysten. Für 2010 glaubt man nur an ein marginales BIP-Wachstum von 0,1 Prozent, und für 2009 erwartet man ein sattes Minus von 3,4 Prozent. Die gegenwärtige wirtschaftliche Stagnation werde erst Mitte 2010 von einer langsamen Erholung abgelöst, heisst es in der KOF-Herbstprognose. Auch wenn derzeit dank Konjunkturpaketen vieler Staaten die Schweizer Exporte zulegen – Anfang 2010 gibt es diese Extraportion Kaufhunger vor allem in zahlreichen europäischen Staaten nicht mehr. Deshalb gerät die EU nach Auffassung der KOF-Prognostiker im ersten Halbjahr 2010 in eine zweite Konjunkturflaute, legt also das vielerorts schon herumgebotene Double-Dip doch noch hin. Kommt dieses aber entgegen der Meinung der Auguren nicht, profitiert davon auch die Schweiz. Die Exporte beleben sich schneller und der Aufschwung dürfte in der Schweiz früher spürbar werden.

Eine eher unauffällige Prognose kommt von «offizieller» Seite, nämlich vom Staatssekretariat für Wirtschaft. Man rechnet dort für 2009 mit einem Rückgang der Schweizerischen Wirtschaftstätigkeit, der 1,7 Prozent betragen soll. Immerhin wäre dies der stärkste Rückgang des Bruttoinlandprodukts seit 1975. Allerdings, im internationalen Vergleich fällt die Schweizer Rezession milde aus. 2010 geht es dann nur moderat weiter. Das helvetische BIP soll um 0,4 Prozent steigen. Das SECO betont, dass die sonst oft nach schweren Rezessionen zu sehenden kräftigen Erholungen im Nachgang von Banken- oder Immobilienkrisen nämlich häufig ausgeblieben sind.

Auch die internationale Konjunkturentwicklung wird nach den jüngst gesehenen kräftigen Aufholbewegungen im Verlauf des Jahres 2010 wieder etwas an Schwung verlieren und nur schleppend vorankommen. Schliesslich fehlen die staatlichen Impulsprogramme. Das begrenzt dann auch das Potenzial der Konjunkturerholung in der Schweiz. Für den Export von Waren und Dienstleistungen rechnet man mit einer um 3,2 Prozent höheren Nachfrage im kommenden Jahr. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften weiter schwach bleiben. Eine detaillierte branchenspezifische Prognose wird seitens des SECO nicht vorgenommen.

Schwache Zahlen aus dem Transportgewerbe
Hingegen hat der ASTAG die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Transportgewerbe schon mit Zahlen belegt. Gemäss Angaben des Verbandes vom Spätsommer ist die Inverkehrsetzung neuer Nutzfahrzeuge in den ersten Monaten 2009 um rund 14 Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Firmengründungen in den Bereichen Landverkehr und Logistik ist zwischen Januar und Mai auf 366 gesunken. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 442 gewesen. Mithin entwickelt sich die Branche weniger dynamisch als in den guten Vorjahren. Und die Zahl der registrierten Arbeitslosen in der Berufsgruppe Transport und Verkehr hat im Juni gegenüber dem Vorjahresmonat um 64 Prozent zugenommen. «Zahlreiche Transportunternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand», folgert der Verband.

«Zahlreiche Transportunternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand.»
Adrian Amstutz, Zentralpräsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG

Recht verhalten ist auch die Prognose des Forums Intralogistik für das Jahr 2009. Dieses gehört zur Fachgruppe Fördertechnik und Lagersysteme des deutschen Maschinenbauverbandes VDMA. Forumssprecher Christoph Hahn-Woerle stellte Anfang 2009 einen Rückgang von acht Prozent bei den Umsätzen in Aussicht. Zudem müsse mit Kurzarbeit, wenn nicht gar Insolvenzen gerechnet werden. Kunden der Intralogistik-Anbieter würden den Return on Investment deutlich früher als bisher erwarten. Mittlerweile haben sich diese Prognosen nicht besonders zum Besseren verändert. Jens-Karsten Rohrbäch, Projektleiter  des Forums Intralogistik, meint, dass der Rückgang der Auftragseingänge für 2009 insgesamt sogar noch stärker ausfallen könnte als zu Beginn des Jahres prognostiziert. Das sei besonders bei den auf Fördertechnik spezialisierten Maschinen- und Anlagenbauern zu beobachten. Immerhin verliere der Rückgang aber nun zusehends seine Dynamik.

Massive Einbrüche in der Intralogistik
In dieses Bild passen die jüngsten Statements von Interroll, dem Schweizer Spezialisten für Fördertechnik, Logistik und Automation. Im ersten Halbjahr 2009 ging der Umsatz des Unternehmens um 38 Prozent zurück, der Gewinn für die Berichtsperiode brach fast auf null ein. Für das zweite Semester 2009 erwartet das im Tessin ansässige Unternehmen ein weiterhin schwieriges und herausforderndes wirtschaftliches Umfeld. Allerdings lässt man sich davon nicht zu sehr bremsen. Dank der guten finanziellen Ausstattung und des straffen Kostenmanagements setzt Interroll seine strategischen Projekte wie Produktneuheiten, den Ausbau des Netzwerkes und die Einführung eines neuen ERP-Systems weiter um. Schliesslich möchte man von neuen Opportunitäten in einem sich allenfalls normalisierenden Wirtschaftsumfeld dann überdurchschnittlich profitieren.

Und auch bei Swisslog scheint nicht gerade die Sonne, auch wenn der Gewinn per Halbjahresausweis mehr als verdoppelt werden konnte. Die erzielten Umsätze gingen um 5 Prozent zurück, und der Auftragsbestand schmolz um 24 Prozent dahin. Zudem rechnet  die Firma mit einer nochmals schwierigeren zweiten Jahreshälfte, dies besonders in der Sparte Warehouse & Distribution Solutions, die laut Medienmitteilung «mit einer rückläufigen Nachfrage, einem zunehmenden Preisdruck und einem tieferen Auftragsbestand konfrontiert ist». Besser soll es der Einheit Healthcare Solutions gehen. Doch insgesamt erwartet man für das Geschäftsjahr einen um 15 bis 20 Prozent tieferen Umsatz, auch wenn die EBIT-Marge mit jener des Vorjahres «vergleichbar» bleiben mag.

Erste Hoffnungsschimmer sind sichtbar
Entgegen diesen schwachen Markteinschätzungen vermittelt die jüngste Entwicklung des BVL/DIW-Logistik-Indikators dann doch etwas Optimismus. Der Indikator wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zusammen mit der Bundesvereinigung Logistik errechnet. Grundlage sind Angaben der 200 grössten deutschen Logistikanbieter und -nachfrager aus Industrie und Handel. Mit Beginn des zweiten Halbjahres verbesserte sich offenbar das Branchenklima spürbar. Gegenüber dem Vorquartal konnte der BVL/DIW-Logistik-Indikator um gut 20 Punkte auf 82,6 Zähler zulegen – der bislang kräftigste Anstieg in einem Quartal. Laut Angaben des DIW liegt der Index aber weiterhin unter dem Normalniveau von 100 Punkten. Besonders aufgehellt zeigen sich die Erwartungen für die kommenden 12 Monate. Die relevante Messzahl legte um fast 23 auf 109 Punkte zu.

Die grösste Klimaverbesserung signalisierten die Logistikdienstleister. Der entsprechende Teilindikator stieg um gut 20 Punkte. Obwohl sich die Auftragseingänge stabilisiert haben, wird die Kapazitätsauslastung noch als schlecht eingeschätzt. Auf der Anwenderseite (Industrie und Handel) liegen die Erwartungen binnenwirtschaftlich und grenzüberschreitend im positiven Bereich. Die Erwartungen sind auf 112,5 Punkte geklettert. Die verfügbaren Kapazitäten gelten aber weiterhin als hoch und bestätigen die eher schlechte Lagebeurteilung seitens der Logistikdienstleister. Die Prognosen schweizerischer Konzerne bestätigen das. Kühne + Nagel erwartete bei Vorlage der Halbjahreszahlen im Juli kurzfristig keine we- sentliche Verbesserung der Wirtschafts-und Marktsituation. Kosten- management und Gewinnung neuer Marktanteile nannte man als Haupt-ziele. Etwas langfristiger war die im August gegebene Prognose von Pan-alpina-Chefin Monika Ribar ausgerichtet: «Wir gehen in der zweiten Jahreshälfte nicht von einer wesentlichen Verbesserung des globalen Marktumfelds oder gar einer Erholung der Weltwirtschaft aus», sagte sie.

Alexander Saheb

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