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Umwelt im Fokus

Umwelt im FokusDie Zukunft nachhaltig zu gestalten ist eine grosse Herausforderung. Das Institut für Nachhaltige Entwicklung (INE) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW) entwickelt Lösungsansätze unter ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen.

Die Dynamik volatiler Märkte sowie die zunehmende Wettbewerbssituation zwingen Unternehmen, Prozesse schlank und effizient zu gestalten. Speziell in der Logistik nehmen neben rein ökonomischen Zielgrössen zunehmend auch ökologische Ziele eine Rolle ein. Restriktive Einflussfaktoren wie kantonale Vorgaben oder Gesetzgebungen des Bundes verstärken diese Tendenzen und erhöhen die Anforderungen an Logistikverantwortliche, heterogenen Zielsetzungen und mitunter Zielkonflikten proaktiv zu begegnen.
Das INE begegnet diesen Herausforderungen in Forschung und Lehre. Im ersten Logistiklabor der ZHAW dieser Art analysieren und optimieren Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Verkehrssysteme an der School of Engineering Logistikprozesse und -systeme und entwickeln Lösungsansätze unter ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen. Dabei steht das Thema «Green Logistics» im Fokus der Betrachtung. Im Frühlingssemester 2013 konnte ein lokal ansässiges Unternehmen der Kiesbranche als Kooperationspartner für ein Praxisprojekt gewonnen werden.

Modellierung und Simulation
Die zunehmende Verdichtung des Verkehrs im Kanton Zürich sowohl auf der Strasse als auch auf der Schiene stellt Unternehmen vor transportlogistische Herausforderungen. Gemeinsam mit dem Industriepartner sollten diese Auswirkungen als integraler Bestandteil der Lehrveranstaltung Logistik beispielhaft für ausgewählte Kiestransporte von Wil (ZH) analysiert und mögliche Alternativen auf der Schiene erarbeitet werden.
In diesem Kontext bildeten die Studierenden zunächst die Ist-Prozesse der Kies- und Aushubtransporte im Logistiklabor ab und analysierten mengenmässige, ökologische und kostenbezogene Herausforderungen. Dabei unterstützte insbesondere der Einsatz des Labors die methodische Herangehensweise. Andreas Besse, Leiter des Logistiklabors und Initiator des Projekts: «Das Logistiklabor der ZHAW stellt ideale Rahmenbedingungen für logistische Analysen zur Verfügung. Die Studierenden entwickeln gemeinsam komplexe Lösungsvorschläge, indem sie Prozesse haptisch nachbilden und qualitative Implikationen optimierter Prozesse direkt veranschaulichen. Erst im Anschluss daran folgen quantitative Fundierungen. Die direkten Folgen möglicher Änderungen werden sofort transparent. Die gemeinsame Arbeit im Labor fördert überdies den interdisziplinären Austausch im Team und eröffnet neue, kreative Lösungsansätze.» Auf einer grossen Karte stellten die Studierenden die ökologischen Auswirkungen des Verlads von Kies und Aushub auf die Schiene dar. Neben den CO2-Emissionen wurden auch Lärmemissionen kritisch hinterfragt und deren Auswirkungen transparent gemacht. Analysen ergaben, dass bei einer Erhöhung der Trassenfrequenz die damit einhergehende Zunahme von Lärm in dichter bebautem Gebiet als angenehmer empfunden wird als der permanente Lärm durch Schwerlastverkehr auf der Strasse.

Nachhaltigkeit hat ihren Preis
Nach einer ausführlichen Bewertung der Ist-Situation wurden Potenziale identifiziert und durch zwei Zukunftsszenarien plausibilisiert. Ziel war es, Mengen und Transportvolumina, Kosten, aber auch Emissionen gegenüber dem Ist-Szenario möglichst realistisch abzubilden und die Wirkungszusam menhänge darzustellen. «Die Studierenden standen nicht nur vor der Herausforderung, innerhalb ihrer Gruppe Resultate zu erarbeiten, sie waren darüber hinaus noch auf die Teilergebnisse anderer Projektgruppen angewiesen. Der Koordinationsaufwand war enorm», so Andreas Besse, der die Gruppen im Rahmen der Vorlesung als Lerncoach betreute.
Durch die Einbindung zusätzlicher Konsolidierungs- und Verteilpunkte könnte der Anteil von Kies- und Aushubtransporten,die auf der Strasse transportiert werden, gemessen in Tonnenkilometern um bis zu 80 Prozent verringert werden, was wiederum eine Verdoppelung der Transportkosten
zur Folge hätte. Ökonomische und ökologische Ziele stehen an dieser Stelle in einem massgeblichen Zielkonflikt zueinander. Als Teillösung liesse sich eine Reduzierung des Transportvolumens auf der Strasse um 32 Prozent konstatieren, was jedoch gleichwohl mit einer Erhöhung der Kosten um etwa 25 Prozent in Folge des zusätzlichen Umlads einhergeht. In einem nächsten Schritt müssten allfällige Investitionen in Umschlagspunkte vor dem Hintergrund möglicher kantonaler Vorgaben detaillierter analysiert und im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsrechnungen verifiziert werden. Mithin gilt es zu klären, wie die Verantwortlichkeiten für derartige Investitionen sinnvoll definiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Zürcher Kiesunternehmen nicht zu gefährden.

Das Labor als wichtiges Instrument
Praxisorientierte Lehrveranstaltungen sowie die Integration moderner didaktischer Konzepte sind wesentliche Bestandteile qualitätsorientierter Lehre. Neben der reinen Wissensvermittlung in Form von klassischen Vorlesungen und Übungen kommt dem projektbasierten Lernen eine enorme Bedeutung zu. Das Logistiklabor der School of Engineering verknüpft anwendungsorientierte Forschung und didaktisch hochwertige Lehre in einzigartiger Weise.
Kombiniert mit Exkursionen erwerben die Studierenden neben Fachwissen insbesondere auch Methoden- und Selbstkompetenzen durch die projektorientierte Arbeit. In der kreativen Laborumgebung analysieren, simulieren und optimieren sie Logistikund Supply-Chain-Prozesse. Durch die Integration von Unternehmen und Forschungspartnern findet sowohl ein Know-how-Transfer zwischen Wirtschaft und Hochschule als auch ein Transfer zwischen anwendungsorientierter Forschung und Lehre statt.
Andreas Besse fasst die Bedeutung des Logistiklabors zusammen: «Als Mitarbeiter in Forschung und Lehre bin ich gleichermassen für die Qualität der Forschung wie auch für praxisnahe, aktuelle und spannende Lehrveranstaltungen verantwortlich. Im Logistiklabor schaffe ich gemeinsam mit den Studierenden Anknüpfungspunkte zwischen Wissenschaft und Praxis.»
Auch künftig werden aktuelle Forschungsfragestellungen im Kontext von Logistiksystemen im Labor bearbeitet. «Das Labor dient uns natürlich nicht nur in der Lehre, sondern in erster Linie auch als Instrument bei der Bearbeitung von Forschungsprojekten », erklärt Andreas Besse. «Die nächsten Projekte befinden sich bereits in der konkreten Planungsphase. Interessierte Forschungspartner und Unternehmen sind herzlich eingeladen,das Logistiklabor an der ZHAW einmal kennenzulernen.»

Jean-Jacques Keller
Andreas Besse

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